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Die Entzauberung von Angela Merkel

7. März 2022 Eine Buchrezension von GERHARD PAPKE

Deutschland spielt in Europa eine Schlüsselrolle: nicht nur, weil es das wirtschaftlich mit weitem Abstand stärkste Land ist. Aufgrund seiner Geschichte und geographischen Lage kommt den Deutschen die besondere Aufgabe zu, als Brücke zwischen West-, Mittel- und Osteuropa zu dienen, die Europäer zusammenzuhalten. Für Helmut Kohl war das selbstverständlich. Seine Devise war, dass Deutschland auch den kleineren Ländern Europas partnerschaftlich begegnen müsse, auf Augenhöhe. Dieses wertvolle Vermächtnis droht verlorenzugehen.

Die neue linke „Ampel“-Regierung aus SPD, Grünen und FDP will ihr politisches Weltbild exportieren und unterstützt die Brüsseler Neigung, Länder wie Ungarn und Polen auf die Anklagebank zu setzen, wenn sie selbstbestimmt ihren eigenen Weg gehen wollen. Aber dieser Bruch mit der Politik Kohls erfolgte nicht erst nach der Bundestagswahl im September 2021, sondern bereits viel früher, unter der Bundeskanzlerin Angela Merkel. Das wird in einem interessanten Buch deutlich, das jetzt auch auf Ungarisch erschienen ist: „Merkel – Die kritische Bilanz von 16 Jahren Kanzlerschaft“.

Herausgeber dieses Buches ist Philip Plickert, ein renommierter Journalist der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, als deren Londoner Korrespondent er derzeit tätig ist. 24 Autoren haben Beiträge zu einzelnen Themen von Merkels Bilanz verfasst. Es sind keineswegs Linke, die dort geschrieben haben. Und dennoch fällt ihre Bewertung von Merkels Politik insgesamt eindeutig katastrophal aus: „Je mehr man Merkels politisches Wirken näher untersucht“, so fasst Plickert zusammen, „desto mehr schrumpft die politische Riesengestalt. Merkel ist ein Scheinriese, eine gewiefte, aber überschätzte Politikerin“.

Merkel rückte die einstmals konservative Volkspartei CDU immer weiter nach links. Niemals konnte man von ihr ein Bekenntnis zur klassischen Familie oder zu den Traditionen der eigenen Nation hören, wie sie in Ungarn selbstverständlich sind. Damit hat sie nicht nur Platz für eine neue Partei am rechten Rand geschaffen, sondern viele Millionen konservativ-freiheitliche Wähler heimatlos gemacht. Das Ergebnis war der totale Absturz der CDU bei der Bundestagswahl. Die sitzt jetzt in der Opposition.

Selbst vielen Deutschen ist gar nicht bewusst geworden, wie sehr Merkel in der langen Zeit ihrer Kanzlerschaft mit bewährten Erfolgsprinzipien der deutschen Politik gebrochen hat. Mit der Methode, Forderungen der politischen Linken einfach zu übernehmen und sich Modethemen des Zeitgeistes anzupassen, hat sie ihr Land immer mehr in die Irre geführt.

Ein Beispiel dafür ist der kopflose Ausstieg Deutschlands aus der friedlichen Nutzung der Kernenergie, nach der Flutkatastrophe im japanischen Kraftwerk Fukushima. Überall auf der Welt werden moderne Kernkraftwerke gebaut, um eine sichere und klimafreundliche Energieversorgung zu ermöglichen. Ausgerechnet das Industrieland Deutschland schaltet seine Kraftwerke ab, als wollte sich eine Hippie-Kolonie am Lagerfeuer wärmen.

Der Aufstieg Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg war untrennbar verbunden mit der Sozialen Marktwirtschaft, in der Fleiß und Anstrengung jedes einzelnen belohnt wurden. Inzwischen macht die Steuer- und Abgabenlast in Deutschland vielen Familien das Leben schwer. Die explodierenden Energiepreise vergrößern dieses Problem gerade dramatisch.

Und auch die unbedingte Stabilität des Euro, ein zentrales Versprechen von Helmut Kohl bei der Währungsumstellung, ist unter der Kanzlerschaft von Merkel völlig unter die Räder geraten. Sie hat sich dem Druck der Südeuropäer wie Italien und Griechenland gebeugt, deren Schulden durch die gemeinsame Währung abzusichern. Am Ende werden vor allem die Deutschen dafür bezahlen müssen.

Die wohl schlimmste Hinterlassenschaft von Merkel, auch das wird in dem Buch von Philip Plickert deutlich, liegt allerdings in ihrer Migrationspolitik. Sie hat die Grenzen für eine Völkerwanderung geöffnet, die Europa überfordert, unsere kulturelle Identität gefährdet und dem Islamismus neue Wege eröffnet. Viktor Orbán hat in seinen nachdenklichen Worten zum Abschied von Merkel darauf hingewiesen, welche Gräben in Europa durch ihre Migrationspolitik entstanden sind. Es wird enorme Kraftanstrengungen erfordern, diese Gräben wieder zu schließen. Die deutsch-ungarische Freundschaft sollte dabei übrigens eine besondere Rolle spielen.

Merkel: Die kritische Bilanz von 16 Jahren Kanzlerschaft. Philipp Pickert (Hrsg.) FinanzBuch Verlag

MAGYARUL: Merkel. Tizenhatév kancellárság kritikus mérlege. Philipp Pickert (Szerk.) MCC Press, 2022

Autor, Dr. Gerhard Papke ist Präsident der Deutsch-Ungarischen Gesellschaft in der Bundesrepublik Deutschland e.V.

MAGYARUL: https://magyarnemetintezet.hu/hir/megfosztottak-varazsatol-angela-merkelt

2 Kommentare

  1. Merkel hat den Untergang Deutschlands eingeläutet, die jetzige „Regierung“ vollendet das schändliche Werk! Und die immer weniger werdenden deutschen Schafe schauen auch noch begeistert zu…
    D-Schland hat fertig!

  2. „Ausgerechnet das Industrieland Deutschland schaltet seine Kraftwerke ab, als wollte sich eine Hippie-Kolonie am Lagerfeuer wärmen.“
    Ein toller Vergleich. Wenn es nicht so ernst wäre, könnte ich lachen …

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