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Wir marschieren hinein ins Unbekannte

Im Themenkreis des Krieges hat die Europäische Union in der vergangenen anderthalb Jahre eine Reihe strategischer Fehler begangen. Kann der Ausgang der Wahlen zum europäischen Parlament eine Wirkung auf den Ausgang des Krieges haben?Ein Kapitel aus der Rede von Viktor Orbán, auf dem Transit-Festival in Tihany, am 25. August 2023

Die erste Sache im Zusammenhang mit dem Krieg, die wir feststellen sollten, ist, dass viele Hunderttausende gestorben sind. Also allen politischen klugen Feststellungen vorausgehend sollten wir die Tatsache festhalten,

dass von den Söhnen der beiden sich gegenüberstehenden Nationen mehrere hunderttausend gestorben sind. Wir sprechen über mehrere hunderttausend Waisen, Witwen, ihr Kind verlierenden Eltern.

Grässliche Dinge geschehen. Das muss unbedingt gestoppt werden! Am wichtigsten ist, dass wir dies stoppen. Man kann ihn so nicht stoppen, wie das die in Wirklichkeit den Krieg fortsetzen wollende internationale Gemeinschaft, die liberale Gemeinschaft empfiehlt, dass es zuerst einen Friedensplan geben soll und dann wird er aufhören. Das ist nicht so. Zuerst ist eine Feuerpause nötig. Wenn es eine Feuerpause gibt, gewinnen wir Zeit, um einen Friedensplan aufzustellen und danach kann man dann mit Hilfe eines Friedensplanes eine neue, stabile Epoche beginnen. Also zuerst ist unbedingt eine Feuerpause nötig: Sofort, ohne Vorbedingungen, so schnell es geht.

Dieses Kapitel beginnt in Minute 50. / Ez a fejezet az 50. perctől hallgatható meg

Jetzt in der Zeit, in der wir hier sitzen, auch jetzt sind ein Dutzend Menschen in den zwei Minuten gestorben, die ich geredet habe. Es gibt verschiedene Studien, ich will mich jetzt auf keine der Statistiken der beiden Seiten berufen, aber es gibt sie. Die eine Seite besitzt Statistiken, laut denen

die Überlebensdauer der in die Frontlinie dirigierten Soldaten vier-sieben Tage beträgt. Sie ziehen dich ein, bilden dich aus, schicken dich raus und nach sieben Tagen stirbst du, es kann aber sein, dass das schon nach vier Tagen geschieht. Und dann kommt der Nächste.

Da geschieht also ein Grauen, was wir gar nicht spüren. Zu Beginn haben wir das vielleicht noch verspürt. Aber irgendwie sehe ich, dass hier das zu einem Teil unseres Alltags geworden ist, dass es dort in der Zwischenzeit einen Krieg gibt. Und wir reden hier kluge Dinge über alle möglichen Zusammenhänge des Krieges, während dort, während wir hier drin sitzen und uns unterhalten, Menschen zu Dutzenden sterben. Wir sprechen also über eine grässliche Sache. Das ist das Erste, was ich klarstellen möchte.

Jetzt sprechen wir hiernach darüber, welche Fehler wir begangen haben. Der erste Fehler war, dass wir, die Europäer entschieden haben, diesen Krieg zu globalisieren. Wenn ein Konflikt ausbricht, hast du als äußerer Akteur zwei Möglichkeiten, besonders wenn du über Stärke verfügst: Du lokalisierst ihn oder du globalisierst ihn, du limitierst ihn oder du weitest ihn aus.

Das einzige Land, das am Tag nach dem Ausbruch des Krieges sagte, es sei am wichtigsten, ihn sofort zu lokalisieren, war Ungarn.

Ich sagte dies persönlich in Brüssel –Worauf die angelsächsischen Gutmenschen sagten: „Nein, denn die Gerechtigkeit muss siegen.“ Und dann sagten sie, was ihre Wahrheit ist. Und sie haben den Krieg globalisiert. Und sie haben sich eine Konstruktion ausgedacht, jene wie der Krieg jetzt geführt wird. Das ist eine sehr sonderbare Konstruktion. Wer das nicht tagtäglich verfolgt, kann das vielleicht gar nicht identifizieren. D.h. seitens des Westens wird der Krieg entsprechend einer Strategie geführt, nach der

die Ukrainer kämpfen und sterben, und wir geben dafür Geld, Informationen und Waffen.

Und wir denken, dass diese Kombination ohne unsere unmittelbare Teilnahme, indem wir Geld, Informationen und Waffen geben, und die Ukrainer ihr Leben und ihr Blut, Russland besiegen wird. Das ist das Wesen der Strategie.

Und es hat sich in dem vergangenen mehr als einem Jahr herausgestellt, dass das nicht so ist. Mit dieser Strategie kann man die Russen nicht besiegen. Vielleicht kann man das mit einer anderen Strategie, ich habe da meine Zweifel, doch sollten wir niemals ausschließen, dass dies ein sinnvolles Verhalten ist. Doch diese Strategie führt uns mit Sicherheit zu keinem Sieg, sondern hat zum Ergebnis, dass das Töten weitergeht, darin können wir uns ganz sicher sein. Man muss entweder sofort Frieden machen oder dann ist eine neue Strategie nötig. Aber es gibt keine neue Strategie! Wahrscheinlich aus dem Grund, da es das zentrale Element jeder neuen Strategie wäre, da die Ukrainer wegen ihrer Verluste an Menschenleben in Nachteil geraten, weshalb Soldaten geschickt werden müssten. Das will niemand oder zumindest in diesem Moment will das niemand; wer es will, der gesteht das nicht ein, dass man es möchte, nur man traut sich nicht.

Also heute stehen wir hier und die Zeit vergeht und jeden Tag sterben vierhundert, fünfhundert, sechshundert, achthundert Menschen. Auch heute, auch morgen, übermorgen und so weiter. Meiner Ansicht nach ist das

ein strategischer Fehler, ein militärischer Planungs- und ein politisch-strategischer Fehler seitens der Europäischen Union und der Vereinigten Staaten, dessen Preis auch wir bezahlen, aber den höchsten Preis zahlen die Ukrainer.

Natürlich zahlen wir auch einen Preis dafür, weil wir bisher – ich spreche jetzt nur im Zusammenhang der Europäischen Unionbisher 70 Milliarden Euro an Geld geschickt haben, und gerade jetzt diskutieren wir darüber, ob wir noch weitere 50 Milliarden schicken sollen, und dann weiß nur der liebe Gott, wie viel noch. Während im Übrigen die europäische Wirtschaft mit derart schwerwiegenden Problemen zu kämpfen hat, dass jeder einzelne Eurocent nötig wäre, damit sie ihre Wettbewerbsfähigkeit zurückgewinnt. Ich kann nur das Schlechteste über den Krieg sagen, also über das Beziehungssystem der europäischen Politiker zum Krieg.

Was ich jetzt gesagt habe, wenn ich das gegenüber irgendeiner westeuropäischen Zeitung oder auf irgendeinem europäischen institutionellen Forum sagen würde, pfiffe man mich aus, also die Politiker würden mich auspfeifen, ausbuhen, mich Blödmann nennen oder von Moral insanity sprechen, alles kommt da vor.

Diese Meinung, die ich vertrete, kann in der westeuropäischen Welt nicht einmal erscheinen.

Auch deshalb muss man uns Ungarn im Voraus diskreditieren, damit wenn wir mit diesem Standpunkt herausrücken, sie dann sagen können, „ach, der Schwachsinnige redet nur Schwachsinn, das ist uninteressant.” Und wir marschieren hinein ins Unbekannte.

Es ist eine wichtige Sache, die wichtigste Sache, dass Ungarn dem Krieg fernbleibt, so sehr und mit so großer Kraft dies möglich ist.

Bildquelle: Átlátszó,  Arpad Földházi 

Ein Kommentar

  1. Diesen Worten von Herrn Ministerpräsident Orbán kann, wer sich von Verantwortungsethik und nicht von Gesinnungsethik leiten läßt, nur aus vollem Herzen zustimmen, weil sie die einzig vernünftige Haltung zu dem laufenden Kriegsgeschehen ist.

    Dankbar bin ich auch für den Hinweis auf die Milliarden, die die EU in dieses Morden investiert. Es ist doch grundsätzlich ähnlich wie bei den Unsummen, mit denen Griechenland „gerettet“ wurde. Diese EU-Gelder dienten bloß den Finanzkapitalisten, deren Einlagen gerettet wurden, während die griechische Bevölkerung verarmte und der griechische Staat sein Tafelsilber, besonders den prosperierenden Hafen von Piräus, verkaufen mußte.

    Nun geht es auch um Verarmung, diesmal der ukrainischen Bevölkerung, aber mehr noch: um deren blutige Dezimierung. Und dieselben Finanzkapitalisten, nämlich an der Spitze der Freßpyramide die großen Vermögensverwalter wie Blackrock, Vanguard, Fidelity, State Street et al., streichen den Löwenanteil der EU-Milliarden, die wiederum von Banken kreditfinanziert sind, die denselben Vermögensverwaltern gehören, ein in ihre Taschen.

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