5. Mai 2022 Pesti Srácok von MÁRIA SCHMIDT
Die Absicht der USA, Europa zu einer kriegsführenden Partei zu machen
Am 24. Februar 2022 griff Russland die Ukraine an und nachdem dies keinen begrenzten, lokalen Krieg zur Folge hatte, besteht nun zunehmend die Gefahr, dass sich die Welt, in der wir in den letzten mehr als dreißig Jahren gelebt haben, tiefgreifend verändert. Den Krieg, und das ist inzwischen jedem klar, führt die USA mit Russland über die Ukrainer. Und sie sind entschlossen, Europa zu einer kriegsführenden Partei zu machen. Als Vergeltung für die russische Aggression haben die USA mit einem wirtschaftlichen, finanziellen, kommerziellen, kulturellen und rechtlichen Krieg geantwortet. Dabei haben sie sich globale Ziele gesetzt.
Die USA wollen ihren jahrhundertelangen Export von Demokratie fortsetzen, indem sie einen Regimewechsel in Russland und die Entfernung von Präsident Putin erzwingen. Sie zielen darauf ab, Russland vollständig zu isolieren und seine Existenz unmöglich zu machen. Sie senden eine Botschaft an die Welt, dass jeder, der sich ihnen widersetzt oder gegen ihre Interessen verstößt, von der Landkarte getilgt wird,
selbst wenn es sich um eine ehemalige Supermacht mit riesigen wirtschaftlichen Ressourcen und einem Atomwaffenarsenal handelt. Das ist das Schicksal eines jeden, der die Pax Americana in Frage stellt.
Europa ist das Hauptopfer der bereits angekündigten und verhängten Wirtschafts- und Finanzsanktionen. Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union kommen den Forderungen der amerikanischen Falken immer bereitwilliger nach, was die Lebensbedingungen der europäischen Bürger ernsthaft gefährden wird. Sie werden sich mit einer Verknappung von Nahrungsmitteln, Rohstoffen und Treibstoff abfinden müssen, die mit einer massiven Arbeitslosigkeit einhergehen könnte. Russland liefert fast 40 % der europäischen Energieversorgung, und das relativ kostengünstig und zuverlässig. Die USA fordern, dass unser Kontinent auf russisches Gas und Öl verzichten soll, ohne dass es eine Möglichkeit gibt, diese zu ersetzen. Ein Stopp der ukrainischen und russischen Getreideexporte könnte zu einer Nahrungsmittelkrise in den Ländern führen, die von diesen Lieferungen abhängig sind. Die Staats- und Regierungschefs der EU lösen das Problem einfach damit, dass wir unsere Wohnungen nicht über 18 Grad heizen, nicht so viel duschen sollen und unsere Kleidung lieber lüften, anstatt waschen sollen. Die Mehrheit der Europäer traut ihren Ohren nicht und nimmt es noch nicht ernst, dass dies eintreten könnte. Aber wenn die russischen Energielieferungen tatsächlich eingestellt werden, werden sie schnell aufwachen. Die soziale Unzufriedenheit könnte sich im Handumdrehen entwickeln, mit unvorhersehbaren Folgen.
Deutschland, der Riese auf tönernen Beinen
Das Hauptproblem Europas ist, dass es keine Eigeninteressenvertretung hat. Westeuropa ist heute völlig amerikanisiert und unfähig, seine eigenen Interessen von denen der USA zu unterscheiden. Es ist erschreckend zu sehen, wie verwundbar Deutschland mit seinen 80 Millionen Einwohnern geworden ist, wie unfähig es ist, sich gegen die selbstmörderische Politik der herrschenden Gerontokraten in den USA zu wehren.
Lange Zeit schien Deutschland der mächtigste Staat in Europa zu sein. Jetzt ist sogar die Bezeichnung des „Riesen auf tönernen Beinen“ schmeichelhaft und übertrieben.
Der Krieg scheint auch die sehr eng zu sein scheinende polnisch-ungarische Freundschaft zu bedrohen, weil die Polen in ihrem hysterischen Antirussentum glauben, dass sie unter dem Schirm ihrer bedingungslosen amerikanischen Freundschaft sicher sind. Was wird mit ihnen geschehen, wenn die Amerikaner und die Russen Frieden schließen und sich versöhnen? Wenn sich eine neue US-Regierung auf den Pazifik konzentrieren und Europa den Rücken kehren wird, das bis dahin belanglos geworden ist?
Die Biden-Administration, die im Dienste der US-Militärlobby steht, hat vor kurzem neue Militärgüterlieferungen an die Ukraine im Wert von 33 Milliarden Dollar beschlossen, von denen zwei Drittel bei US-Waffenherstellern verbleiben werden.
Und wie der britische Verteidigungsminister Ben Wallace sagte, ist das kein hoher Preis, um die Russen völlig zu schwächen und sie von ihren europäischen Energiemärkten abzuschneiden. Am Ende des Zweiten Weltkriegs entwarf der US-Finanzminister Morgenthau einen Plan zur Deindustrialisierung Deutschlands, der den Lebensstandard und das Bildungsniveau der Bevölkerung auf afrikanisches Niveau senken sollte. Damals erhielt dieses Projekt keine politische Unterstützung. Könnte dies jetzt der Fall sein?
Sie kamen nach Ungarn mit dem gleichen Rezept, mit dem sie Selenski zum Präsidenten gemacht haben
Die westeuropäischen Meinungsmacher, Akademiker, Medienschaffenden und politischen Eliten sind vollständig amerikanisiert. Ihre kulturellen Vorlieben, Themen und Bestrebungen sind von denen des amerikanischen Mutterlandes nicht zu unterscheiden.
Bei den Wahlen im April haben die amerikanischen und westlichen Entscheidungsträger, die hinter der Opposition stehen, sind auf Nummer sicher gegangen und haben alles getan, um den Skalp unserer Heimat auf die Zielscheibe der neuen Erfolge beim Demokratieexport zu setzen. Sie haben dasselbe Rezept verwendet, mit dem sie Selenski zum Präsidenten gemacht haben.
Sie organisierten in Ungarn eine möglichst breite Einheit, sozusagen eine Volksfront 2.0 gegen Orbán, die Neoliberale und Sozialisten, Grüne und Atomkraftgegner, Postkommunisten und Postpfeilkreuzler zu einem Lager zusammenbrachte.
Obwohl es ihnen vielerorts gelang, Staats- und Regierungschefs zu beseitigen, die nicht ausreichend oder gar nicht pro-amerikanisch waren, scheiterten sie in unserem Land krachend. Ihr außerparteilicher, kanadisch-ungarischer Zivilkandidat entsprach nicht dem Standard, den die Ungarn von ihrer Führung erwarten.
Ein weiteres Scheitern des Demokratieexports in Ungarn hat dazu geführt, dass Ungarn den amerikanischen und europäischen Politikern ein Dorn im Auge sind. Deshalb haben sie sofort ein Verfahren gegen uns eingeleitet, das unter dem Decknamen „Rechtsstaatlichkeit“ läuft und die Bestrafung von Eigenmeinung und Ungehorsam durch den Entzug von Geld bedeutet. Der Rechtsstaat ist ein Gummibegriff, wie der des öffentlichen Interesses im Sozialismus, das durch unsere Reise in den Westen verletzt worden wäre, wenn wir rausgelassen worden wären. Deshalb ist es zum Beispiel in Dänemark rechtsstaatlich, Migranten, die als unerwünscht gelten, in den Kosovo abzuschieben. In Italien ist es rechtsstaatlich, künstliche Intelligenz zu nutzen, um jeden Aspekt des Lebens der Bürger zu überwachen, genau wie die chinesischen Kommunisten. Der Unterschied besteht darin, dass letzteres untragbar ist.
Die Rechtsstaaten des entwickelten Westens beschlagnahmen das Eigentum, die Häuser und Schiffe der Russen, ohne sich mit Russland im Krieg zu befinden. Sie beschränken den Zugang der Russen zu ihren eigenen Spar- und Bankkonten.
Ich spreche nicht von ein paar „Oligarchen“, ich spreche von den Russen insgesamt, von allen. Achja, und sie wollen die einfließenden Beträge an die Ukraine überweisen. All das ist rechtsstaatlich, außer dass wir der Unterdrückung von LGBTQ einen Riegel vorgeschoben haben, dass wir nicht zulassen, dass unsere Kinder über geschlechtsangleichende Verfahren aufgeklärt werden, dass wir verhindert haben, dass die gesamten ungarischen Medien zur Stimme Amerikas werden, wie im Westen. Für uns ist 444, das linksliberale ungarische Nachrichtenportal wohl genug. Das bedeutet in ihren Worten, dass wir keine Rechtsstaatlichkeit und keine Pressefreiheit haben.
Der Krieg findet hier an den ungarischen Grenzen statt
Die Verteidigung unserer nationalen Interessen wird von dem mächtigen amerikanischen Imperium und seinem europäischen Vizekönigreich nicht geschätzt. Orbán bzw. Ungarn, wird jeden Tag mehr unter Druck gesetzt.
Ungarn hat eine Regierung, die die ungarischen nationalen Interessen auf der Grundlage der Realpolitik vertritt. Es ist ein wichtiges nationales Interesse Ungarns, dass das Leben der ungarischen Bürger sicher ist, dass der Frieden erhalten bleibt und dass jeder Arbeit und Brot hat.
Wir hoffen, dass die Kriegsparteien so bald wie möglich eine Einigung erzielen und den Frieden schließen können. Frieden ist wie Luft: Solange wir ihn haben, bemerken wir ihn nicht, aber sein Fehlen macht unser Leben unmöglich.
Es ist die Pflicht der ungarischen Regierung, alles zu tun, um den Krieg so schnell wie möglich zu beenden und eine weitere Eskalation zu vermeiden. Und um Verbündete zu suchen. Hierfür werden sich neue Möglichkeiten ergeben, sobald sich die Augen der Menschen im Westen zunehmend öffnen.
Autorin, Prof. Dr. Mária Schmidt ist Historikerin, Generaldirektorin des Museums „Haus des Terrors“ und des Instituts des 21. Jahrhunderts
Bildquelle: XXI. Század Intézet
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