12. November 2021 Magyar Hírlap von IRÉN RAB
Es ist ein gutes Gefühl zu sehen, wie sehr die Welt auf uns hört. Wenn der ungarische Ministerpräsident spricht, ist das eine Nachricht für die internationalen Medien. Es gibt heute in Europa keinen anderen Staatschef, der mehr in der europäischen Presse präsent wäre und dessen Name auf verschiedenen Plattformen häufiger genannt würde als der von Viktor Orbán. Sie beobachten jeden seiner Auftritte, um zu erhaschen, wo und wie irgendeiner seiner Sätze, Handlungen oder Gesten kritisiert werden kann, und spinnen dann die üblichen negativen Klischees über ihn als rechtsautoritären, nationalistischen, populistischen und radikalen Führer mit diktatorischen Tendenzen und als umstrittener Staatschef, der europäische Werte und internationale Standards missachtet. Er ist ein abschreckendes Beispiel für die westlichen globalistischen Demokratien, vor dem sich die fortschrittliche Welt in Acht nehmen sollte.
Sogar sein übliches Radiointerview für seine Landsleute am Freitag früh steht im Westen im Rampenlicht. Vielleicht fragen sie sich, was der Premierminister seinen Zuhörern auftischt, damit sie ihm glauben, ihm folgen, zu ihm stehen und ihn alle vier Jahre wiederwählen, trotz aller Machenschaften des Westens. Hinzu kommt, dass die Welt aufgrund der Sprachschwierigkeiten ihre sekundären Informationen nur über Vermittler erhält, nämlich über die ungarische Opposition. Sie sollten Ungarisch lernen, wenn wir so wichtig für sie sind! Die ungarische Sprache ist trotz aller Gerüchte nicht schwierig, sie ist einfach, flexibel und logisch, man muss nur ihre Logik verstehen.
Doch mit der Logik stehen sie in Brüssel auf Kriegsfuß, wie Orbán das gerade letzten Freitag sagte. Es ging um die Migration und den schwedischen Kommissar, der die Bedeutung der Migration bei der Bekämpfung der Epidemie hervorhob. Wenn sie glauben, dass Migration gut sei und die Gesellschaft sie brauche, dann bitte:
„Sie sollten die Migranten nehmen, wir werden einen Korridor für sie öffnen, damit sie nach Österreich, Deutschland und Schweden marschieren können. Wir werden ihnen helfen, diese Menschen zu ihnen zu bringen“
sagte der Premierminister. Wenn sie das so sehr wollen!
Jetzt, da die illegale Migration wieder Größenordnungen von 2015 erreicht hat, wäre es gut, wenn die EU den Ungarn endlich die anderthalb Milliarden Euro zahlen würde, die in Ungarn bisher für den europäischen Grenzschutz ausgegeben wurden, fügte er hinzu, und das würde auch den anderen betroffenen Ländern helfen. Schließlich sind wir nicht mehr das einzige Land, das zum Grenzschutz verdammt ist, denn praktisch alle Mitgliedstaaten an der Schengen-Außengrenze sind daran beteiligt und bauen Grenzzäune, um sich und die EU zu schützen. Orbán ist ein Mannschaftsspieler, er vertritt alle, die mit ihm in derselben Mannschaft spielen. Er hat auch im Namen aller Beteiligten seine Kommentare zur Migration und die gemeinsame Forderung an die Präsidentin von der Leyen geschrieben.
Diejenigen, die jedoch im reichen Inneren Europas oder an der nördlichen Peripherie leben, denken anders über den Grenzschutz. Sie sind der Meinung, dass Migration nur etwas Gutes sein kann, und diejenigen, die das nicht so sehen, auf dem Holzweg sind. So wie wir zum Beispiel bereits seit sechs Jahren, weshalb
sie mit allen Mitteln versuchen, uns zu überzeugen, genau gesagt uns ihren Willen aufzuzwingen.
Sie reden hoch und runter über europäische Werte und Solidarität und ähnliches, und nein, sie unterstützen die Errichtung eines Zauns nicht. Stattdessen würden sie einige Frontex-Beamte entsenden, richtige Sesselfurzer, die uns angeblich helfen würden, die Grenzen zu schützen. Aus dem Etat unterstützt werden aber die NGO-s, weil sie ja europäische Werte vertreten, Migranten schützen und ihnen helfen, in das Europa ihrer Träume zu gelangen, in das Deutschland, das sie für wohlhabend halten.
Also, dann Korridor? Dieser Satz traf die Deutschen wie ein Wespenstich. Orbán, der in Ungarn in der Schule noch Geschichte gelernt hat, zieht solche Phrasen nicht zufällig aus dem Ärmel.
In der tausendjährigen Geschichte Ungarns war es nicht unüblich, dass Ausländer, wenn sie das Land betraten, die Dankbarkeit für die empfangene Gastfreundschaft einfach vergessen hatten.
So auch die vorbeiziehenden Kreuzritter, die das Königreich Ungarn als Transitstrecke für ihre Reise ins Heilige Land nutzten. Der König von Ungarn (Kálmán, 1095-1116), der wegen seines breitgefächerten Wissens als Buchkundige bekannt war, empfing sie zunächst freundlich und erlaubte ihnen, ihren Bedarf auf den Märkten des Landes zu decken. Doch als das Kreuzfahrerheer, das den Reichtum des Landes sah, zu plündern, zu brandschatzen und zu vergewaltigen begann, zögerte er keinen Augenblick, schlug sie gnadenlos nieder und vertrieb sie aus dem Land. Der König selbst leitete die Operation und öffnete im folgenden Jahr einen Korridor, durch den das Kreuzfahrerheer das Land durchqueren konnten.
Er selbst kontrollierte den Durchzug der Kreuzfahrer aus einiger Entfernung an der Spitze seines Heeres. Es gab auch keine Plünderungen mehr! Dennoch gab es unter den Kreuzfahrern Anführer, die der Meinung waren, dass
dass ein Kreuzzug auch gegen Ungarn unternommen werden sollte, da die Ungarn ebenso heidnisch wie die Ungläubigen im Heiligen Land waren.
Sie verkündeten lautstark, dass „es keinen Unterschied zwischen der Tötung der Heiden und der Tötung der Ungarn gibt“, aber in Wirklichkeit ging es ihnen um die Schätze des Landes. Die Anführer des „Heiligen Krieges“ hätten dieses Land gerne eingenommen und die Ämter, die sie noch nicht innehatten, sofort unter sich aufgeteilt.
Ich weiß nicht, welche Art von Korridor Viktor Orbán für die unerwünschten Migranten vorgesehen hat, aber er wurde sofort in der konservativen „Die Welt“ an den Pranger gestellt und alle Fehlinformationen wurden zur Desinformation der Leser verbreitet. Die armen Flüchtlinge werden von den ungarischen Behörden kurzerhand nach Serbien zurückgeschickt, obwohl Rechtsaktivisten und die UN-Flüchtlingsagentur dies für illegal halten. Ungarn verstößt, wer weiß wie oft, gegen europäisches und internationales Recht, und es ist kein Wunder, dass gegen das Land zahlreiche Vertragsverletzungsverfahren anhängig sind.
Damit wird die deutsche Öffentlichkeit, die sich als solidarisch mit Ungarn versteht, verunsichert.
Wir glauben nicht eine Sekunde, dass eine manipulierte Botschaft heutzutage so leicht ihr Ziel erreicht. Wenn man sich nämlich die Hunderte von Leserkommentaren durchliest, erkennt man die Sympathie für die ungarische Politik. Es ist eine Pflicht, die Außengrenzen der EU zu schützen, und eine Schande, wenn die betroffenen Länder dafür keine finanzielle Unterstützung erhalten. Der Grenzübertritt ist illegal, nicht der Grenzschutz. Deutschland hat sein Schicksal verdient und Orbán hat Recht! Er ist der einzige Politiker, der immer sagt, was er will und sein Land gegenüber der Arroganz aus Brüssel oder Deutschland (!) vertritt.
Das ungarische Volk kann sich glücklich schätzen, einen Premierminister wie ihn zu haben,
und es ist kein Zufall, dass er immer wiedergewählt wird. Deutschland könnte eine Führungspersönlichkeit wie ihn gebrauchen, vielleicht wäre es auch gut, wenn er einen Nebenjob bei ihnen annehmen würde. Und wenn er auf den Korridor besteht, dann sollte man ihn bis nach Brüssel ausdehnen, damit die dortigen Entscheidungsträger die Konsequenzen ihrer Politik tragen.
Schade, dass fast die Hälfte der Ungarn das anders sieht. Sie, die gesamte Opposition sind unzufrieden mit dem Premierminister. Seine Rhetorik, seine ewige Verteidigung des Landes langweilt sie, sie wollen Veränderung, sie wollen etwas Anderes.
Aber wissen sie eigentlich, was sie wollen?
Wissen sie, dass wir in einer Welt leben, in der wir eine Führungspersönlichkeit mit starker Hand brauchen, mutig, entschlossen und engagiert? Eine, die nicht aus dem Hintergrund kontrolliert gerichtet werden kann. Versuchen wir Ungarn doch einmal, in europäischen, globalen politischen Dimensionen zu denken!
Autorin, Dr. phil Irén Rab ist Kulturhistorikerin
Deutsche Übersetzung von Dr. Andrea Martin
MAGYARUL: https://www.magyarhirlap.hu/velemeny/20211115-korridor
Foto 24.hu