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„Hallo, Diktator“- Ein Leserbrief an die F.A.Z.

DR. CSABA LÁNG, Präsident der Deutsch-Ungarischen Juristen-Vereinigung e.V.. hat an die Frankfurter Allgemeinen Zeitung einen Leserbrief geschrieben. Er hat seine juristischen Gedanken zum Dokufilm „Hallo Diktator“ zusammengafasst, weil er die erforderliche Wahrheit, Sachlichkeit und Ausgewogenheit im Film vermisst hat. Man kann es nicht im Voraus wissen, ob der Leserbrief in der F.A.Z. erscheinen wird, deshalb veröffentlichen wir für Sie den Brief hier aus erster Hand.

Freiburg, den 04.02.2021

Sehr geehrte Damen und Herren,

zu Ihrem Beitrag https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/dokumentation-ueber-viktor-orban-hallo-diktator-17176376.html zu der Sendung von Arte vom 02.02.2021 „Hallo, Diktator“ bitte ich folgenden Leserbrief zu veröffentlichen:

Der Arte-Beitrag vom 02.02.2021 „Hallo, Diktator“ lässt leider die erforderliche Wahrheit, Sachlichkeit und Ausgewogenheit vermissen.

Der Begriff der Rechtsstaatlichkeit war und ist auslegungsfähig und je noch ideologischer Sicht unterschiedlich zu werten, weshalb er von den Ungarn und den Polen im Zusammenhangmit der Gewährung von Fördermitteln nicht akzeptiert wurde. Ist es rechtstaatlich, dass nur die Ehe zwischen Mann und Frau geschützt ist und nicht auch die Homo-Ehe? Ist es rechtsstaatlich, nur asylberechtigte Personen einreisen zu lassen und nicht alle selbsternannten „Schutzsuchenden“? Ist es von der Rechtstaatlichkeit gedeckt, die von einer Minderheit eingeforderte Genderterminologie abzulehnen? All diese Diskussionen wollten die Ungarn und Polen in Zusammenhang mit der Gewährung von Fördergelder vermeiden, was aber in der Sendung von Arte nicht erwähnt wurde. Durch das Weglassen solcher Aspekte wurde der Eindruck erweckt, dass die Ungarn und Polen grundsätzlich gegen Rechtstaatlichkeit sind, was aber nicht der Wahrheit entspricht!

Die ungarische Regierung wurde z.B. bei der Neufassung des Wahlgesetzes in 2011, das ein etwas größeres Gewicht auf das Mehrheitswahlrecht als auf das Verhältniswahlrecht legt, kritisiert. Die Rechtsstaatlichkeit wurde angezweifelt, obwohl z.B. in „der Wiege der modernen Demokratie“ England nur das Mehrheitsprinzip gilt, was „rechtsstaatlich“ deutlich zweifelhafter ist! In diesem Zusammenhang ist positiv hervorzuheben, dass die ungarische Regierung es geschafft hat, das Parlament von 386 auf 199 Sitze fast zu halbieren, wovon wir noch weit entfernt sind.

Die Behauptung, die ungarische Verfassung sei ein „Rückschritt“ (Viviane Reding), ist eine Wertung, die durch kein Beispiel belegt wurde. Davor gab es die von den Kommunisten 1948 verabschiedete Verfassung, die nach 1989 im Grundsatz beibehalten und an demokratische Maßstäbe angepasst wurde. Die Regierung Orban wollte unter die kommunistische Ära und damit auch die Verfassung von 1948 einen Schlussstrich ziehen und hat mit ihrer Zweidrittelmehrheit ein neues „Grundgesetz“ nach deutschem Vorbild (deshalb „Grundgesetz“) verabschiedet. Richtig ist, dass das Volk nicht mit abstimmen durfte, was bedauerlich ist. Aber ist das undemokratisch oder nicht rechtsstaatlich? Dabei wollen wir sicher nicht Art. 146 GG vergessen, oder? „Ohne Diskussion“ meinte Herr Lendvai: Die übrigen Parteien haben eine Mitwirkung bei der Ausformulierung verweigert, was verschwiegen wurde! Verschwiegen wurde auch, dass die berechtigten Bedenken, die von der EU-Kommission und der Venedig Kommission geltend gemacht wurden, anschließend zu entsprechenden Änderungen des Grundgesetzes  führten.

Richtig ist, dass das Grundgesetz, insbesondere deren Präambel, konservative Züge hat, wie Martin Schulz grundsätzlich zutreffend, aber polemisch sagte „Familie, Volk, Vaterland! Gehören ins 19. Jahrhundert!“ Und ist das für eine demokratisch gewählte konservativer Regierung mit mehr als Zweidrittel-Mehrheit nicht legitim? Fakt ist, was in dem Beitrag überhaupt nicht rüberkam, vielmehr im Gegenteil, dass das ung. GG noch mehr Grundrechte vorsieht, als das deutsche und nach Ansicht führender Verfassungsrechtler (z.B. Prof. Rupert Scholz, der wohl bei der Fassung des ung. Grundgesetzes mitgewirkt hat) sämtliche rechtsstaatlichen und demokratischen Prinzipien wahrt.

Bezüglich der Herabsetzung des Rentenalters der Richter, wurde diese an das sonstige Rentenalter angepasst. Sicherlich war mit ein unausgesprochener Grund, die noch aus kommunistischer Zeit stammenden altgedienten Richter zu ersetzen. Ist das politisch nicht legitim? Mit Blick auf die Nazirichter nach dem Krieg, die im Amt blieben, sollten wir etwas verständnisvoller sein.

Zu den Flüchtlingen und das, was Recht ist, genügt aus deutscher Sicht ein Blick in Art 16 a Abs. 2 GG.

Was die Behauptungen der Behinderung der Pressefreiheit und der Korruption anbelangt, gibt es widersprüchliche Aussagen, von denen nur die für die ung. Regierung nachteiligen erwähnt wurden. Zum ung. Medienrecht und dem vielkritisierten Medienrat ist zu sagen, dass ein solcher auch von einer von der EU eingesetzten und von Frau Däubler-Gmelin (SPD!!!) geführten Kommission grundsätzlich befürwortet wurde, um den journalistischen Grundsätzen (Wahrheit, Sachlichkeit und Ausgewogenheit) Nachdruck zu verleihen, was aber letztlich im Sande verlief.

Alles in allem kamen in dem Arte-Beitrag fast ausschließlich Gegner der jetzigen ungarischen Regierung zu Wort. Von Herrn Weber wird gesagt, dass er bei seinem Besuch in Ungarn ausschließlich Vertreter der linken und grünen Opposition angehört hat, nicht aber auch die der Regierung oder gar der noch weiter rechts eingestuften Partei „Jobbik“. Herr Paul Lendvai ist als überzeugter Sozialdemokrat ein entschiedener Gegner der Regierung Orban. Der OB von Budapest Gergely Karácsony ist MSZP-Mitglied und war bei der Parlamentswahl 2018 Spitzenkandidat der Mitte-links-Wahlallianz von MSZP und Párbeszéd, also der Opposition. Herr György Soros bedarf keiner Vorstellung. Herr Jean Asselborn ist Mitglied der Sozialistischen Arbeiterpartei und ebenso wie sein Landsmann Jean-Claude Juncker ein erklärter Gegner der Regierung Orban und deren konservativen Werten. Daniel Freund (Grüner), Martin Schulz (SPD), Martin Selmayr (Kabinettchef des EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker), Viviane Reding (Vizepräsidentin der EU-Kommission unter Juncker) und … allesamt Gegner!

Die kurzen Statements von Orban und seinem Pressesprecher waren tendenziös medienwirksam verkürzt im Sinne der Produktion, die erkennbar zum Ziel hatte, Orban als „Diktator“ an den Pranger zu stellen. Befürworter der ungarischen Politik, die es in Ungarn deutlich mehr gibt als Gegner, kamen nicht zu Wort. Ich hätte gern z.B. auch den ungarischen Botschafter Peter Györkös oder Herrn Prof. Rupert Scholz zu den Themen gehört!

Fazit: Konstruktive und gut recherchierte Kritik ist nicht nur berechtigt, sondern ein wichtige Aufgabe der Medien. Aber der Arte-Beitrag war alles andere als guter Journalismus. Es war einseitige Hetze, unausgewogene Berichterstattung, reine Meinungsmache, das was man früher und neuerdings öfter und, vorliegend leider zu Recht, mit Propaganda abtut!

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Csaba Láng, Präsident der DUJV e.V.

Der Film: https://www.arte.tv/de/videos/099755-000-A/hallo-diktator/

Eine Kritik über den Film https://ungarnreal.de/hallo-herr-diktator/

Ein Kommentar

  1. Vielen Dank an Dr. Csaba Láng.
    Man hätte den Propagandafilm nicht besser beschreiben können. Es ist beschämend für den Sender ARTE, solch Machwerk auszustrahlen.
    Hoffen wir auf bessere Zeiten in der deutschen Medienlandschaft.
    Mit lieben Grüßen
    Ein Freund der Ungarn

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