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Der große Friedhof unserer nationalen Größe: Mohács, 1526

29. August 2023 Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen

In der Schlacht bei Mohács erlitt das Heer des Königreiches Ungarn am 29. August 1526 gegen Truppen des Osmanisches Reichs bei Mohács in Südungarn eine vernichtende Niederlage. Etwa die Hälfte des ungarischen Heeres, darunter der König selbst, viele Adlige und hohe geistliche Würdenträger kamen in der Schlacht um Leben und mehr als 100.000 Ungarn wurden in die Sklaverei geführt.

Wenn ein Ungar große Verluste beklagt, tröstet man ihn damit, daß bei Mohács noch mehr verloren gegangen sei. Die Kata­strophe von 1526 hat sich somit in sprichwörtlicher Überlieferung bis in unsere Zeit erhalten. Ob die Zeitgenossen das auch so gesehen haben, ist nicht überliefert. Zumindest die führenden Kreise haben aus der fürchterlichen Niederlage nicht die erforderlichen Lehren gezogen, sondern im Gegenteil das Land in Thron­streitigkeiten und einen Bürgerkrieg gestürzt, der es den Türken erst möglich machte, den Sieg von Mohács voll auszuschöpfen. Die Kirche wiederum sah in der Türkeninva­sion eine Strafe Gottes für das sündige Treiben der Menschen und den Parteihader zwischen den herrschenden Geschlechtern. Der katholischen Kirche wurden andererseits verschiedene Miß­bräuche vorgeworfen, was den Nährboden für die Reformation abgab.

Die osmanischen Türken, die im 14. Jahrhundert die Balkanstaaten Bulgarien und Serbien erobert hatten, richteten von dort ihre Angriffe auf Mitteleuropa. Seit Ende des 14. Jahrhunderts fielen sie immer wieder plündernd und mordend in Ungarn ein. Vor allem Siebenbürgen, das zum ungarischen Königreich ge­hörte, wurde durch ihre Überfälle öfters verwüstet, was die Siebenbürger Sachsen bewog, ihre Städte mit starken Wehranlagen zu versehen und auf dem Lande die Gotteshäuser zu Kirchenburgen auszubauen.

Angesichts der drohenden osmanischen Gefahr organisierte das christliche Abendland bereits 1396 unter dem ungarischen König Zsigmond (Sigismund von Luxemburg,1387-1437), dem späteren Kaiser, einen Kreuzzug gegen die Türken, der aber bei Nicopole an der Donau mit einer Niederlage des Ritterheeres endete. Ein zweiter Kreuzzug, der die Vertreibung der Osmanen aus Europa verfolgte, endete 1444 bei Warna in Bulgarien ebenfalls mit einer Niederlage der Christen. Sogar der ungarische König I. Ulászló (Wladislaw I. 1440-1444) fiel in der Schlacht. Bald danach erschütterte die Nachricht von dem Fall Konstantinopels (1453) die christliche Welt. Drei Jahre später, 1456 feierte sie dann den Sieg des siebenbürgischen Woiwoden János Hunyadi, dem es bei Nándorfehérvár/Belgrad – die Festung galt als Tor nach Ungarn – gelungen war, Sultan Mohammed II., den Eroberer Konstantinopels, zu schlagen und damit vorerst die weitere Expansion des osmanischen Reiches zu stoppen.

Türkische Überfälle blieben zwar auch in den folgenden Jahrzehnten nicht aus, sie konnten aber während der Herrschaft von König Mátyás Hunyadi (Mathias Corvinus, 1458–1490), dem Sohn János Hunyadis, zurückgeschlagen werden. Unter seinen Nachfolgern II. Ulászló (Wladislaw II. 1490-1516) und II. Lajos (Ludwig II.1516-1526) führten Gegensätze zwischen dem König und den Machtinteressen der erstarkten Magnaten, Rivalitäten bei der Königswahl sowie soziale Unruhen der hörigen Bauernschaft, der Szekler und sogar in siebenbürgisch-sächsischen Städten zur Schwächung Ungarns, so daß Sultan Süleyman (1494-1566) die Gunst der Stunde nutzte und 1521 das Tor nach Ungarn – Nándorfehérvár/Belgrad – in seine Gewalt brachte. Damit war der Weg nach Mittelungarn frei. Den versuchte König II. Lajos abzuriegeln und stellte sich dem angreifenden Sultan bei Mohács.

Es war ein ungleicher Kampf. Der ungarische König konnte dem 100.000 Mann starken osmanischen Heer nur etwa 25.000 Soldaten entgegenstellen. Der An­griff erfolgte am 29. August 1526. Die Kanoniere und die Übermacht der türkischen Streitkräfte bereiteten den Angreifern ein fürchterliches Blutbad.

Etwa die Hälfte des ungarischen Heeres, darunter viele Adlige und hohe geistliche Würdenträger kamen in der Schlacht um. Sogar der König fiel während der Flucht von seinem Pferd und ertrank in dem Morast des Flusses Csele. Die Türken setzten nach ihrem Sieg den Feldzug bis Buda/Ofen fort und zogen sich dann mit reicher Beute zurück. Somit wurde Ungarn in drei Teile geteilt. Dabei ist es bis 1699 geblieben, als die Türken aus Ungarn vertrieben wurden. Die territoriale Integrität des Königreichs Ungarn wurde vollständig erst 1867 im Ausgleich mit den Habsburgen wiederhergestellt.

Laut Erbvertrag hätte Erzherzog Ferdinand von Habsburg, der spätere Kaiser, den ungarischen Thron besteigen sollen. Er war nämlich der Schwager des kinderlos verstorbenen Königs. Ein vom ungarischen Hochadel beherrschter Landtag wählte jedoch 1526 János Zápolyai in Székesfehérvár zum König. Da Ferdinand auf den Thron nicht verzichtete, drang er mit einem Söldnerheer in Ungarn ein, eroberte Buda/Ofen und schlug bei Tokaj Zapolyais Streitkräfte, der daraufhin nach Siebenbürgen flüchtete. Auch hier bildete sich jedoch gegen ihn eine „deutsche Partei“, der vor allem die Siebenbürger Sachsen angehörten, nachdem mittlerweile Ferdinand ebenfalls zum König gewählt worden war.

Es begann nun ein verheerender Bürgerkrieg mit wechselnden Erfolgen. König János forderte sogar Hilfe von den Türken an, die diese verständlicherweise gerne gewährten. Sie drangen nicht nur nach Mittelungarn ein, sondern erschienen 1529 sogar vor Wien, mußten sich aber zurückziehen. 1532 wiederholten sie erfolglos den Vorstoß.

Die Türken nutzen geschickt die Rivalitäten der beiden Lager, die anstatt gemeinsame Front ge­gen den Feind zu machen, aus machtpolitischen Interessen mit diesem paktierten.

Das sollte sich bald bitter rächen.

Im Jahre 1538 schlossen Ferdinand und János Zapolyai Frieden, durch den beide den Titel eines ungarischen Königs sowie den Teil des Landes behielten, den sie zu dem Zeitpunkt besaßen. Nach János‘ Tod sollten jedoch die Habsburger den ungarischen Thron erben. Als König János im nächsten Jahr unerwartet starb, proklamierten seine Parteigänger seinen erst einige Monate alten Sohn János Zsigmond (Johann Sigismund 1540-1570) zum König unter dem Titel János II. und setzten eine Regentschafts ein. Da erschienen verständlicherweise Ferdinands Truppen und belagerten Ofen. Die Statthalter von János riefen wiederum den Sultan zu Hilfe. Dieser sagte gnädigst Unterstützung zu und tauchte mit türkischen Einheiten im Juli 1541 im Rücken der österreichischen Belagerer auf. Nach einem blutigen Kampf von nur einigen Tagen waren die Truppen Ferdinands vollkommen aufgerieben und zogen ab.

Am 29. August 1541, dem 15. Jahrestag der Schlacht von Mohács, marschierten Janitscharen in Buda/Ofen ein und besetzten die Stadt. Sultan Soliman entschied nun das Schicksal Ungarns.

Er erklärte Buda/Ofen zum Sitz eines Paschas und Mittelungarn zu einer türkischen Provinz. Das Gebiet östlich der Theiß und Siebenbürgen überließ er König János, den nordwestlichen Teil mit Oberungarn (die heutige Slowakei) und Teilen Kroatiens den Habsburgern. Somit wurde Ungarn in drei Teile geteilt. Dabei ist es bis 1686 geblieben, als die Türken aus Ungarn vertrieben wurden.

Siebenbürgen entging zwar einer osmanischen Annexion, mußte aber die Oberhoheit der Hohen Pforte anerkennen und einen jährlichen Tribut zahlen. Es konstituierte sich nun als autonomes Wahlfürstentum und der Landtag kürte 1542 II. János zum König bzw. zum Fürsten. Der siebenbürgische Landtag erhielt nun größere Bedeutung und die Siebenbürger Sachsen gehörten als privilegierte Nation zusammen mit dem ungarischen Adel und den Szeklern zu den tragenden Säulen dieses Ständestaates.

Während der kriegerischen Wirren nach Mohács konnte sich die Reformation in Siebenbürgen verbreiten, da keine Autorität da war, um ihr Einhalt zu gebieten.

Die Landtage Siebenbürgens erkannten ihrerseits die Gleichheit der katholischen, lutherischen, reformierten und unitarischen Konfessionen an.

Siebenbürgen wurde, da die Türken in Ofen und Mittelungarn saßen, zum wichtigsten Träger ungarischen Lebens und ungarischer Kultur. Alle Fürsten wurden aus den Reihen des ungarischen Adels gewählt. Das Land fand leider keine Ruhe, denn einerseits versuchten die Habsburger, in Siebenbürgen Fuß zu fassen, während andererseits einige Fürsten sich von der osmanischen Oberhoheit zu befreien versuchten. Das rief dann wiederum die Türken und die mit ihnen verbündeten Tataren auf den Plan. So wurde Siebenbürgen immer wieder Schauplatz von Bürgerkriegen und Überfällen, in denen sowohl Feinde als auch „Freunde“, Gegner und Verbündete die Bevölkerung drang­salierten. Hungersnot und Pestepidemien trugen das ihrige zum Massensterben bei.

Die Schlacht von Mohács hat nicht nur den Zerfall des mittelalterlichen ungarischen Königreiches bewirkt, sondern weitreichende Folgen hinterlassen. Die 1541 erfolgte Teilung Ungarns konnte bloß im Rahmen der österreichisch-ungarischen Monarchie wiederhergestellt werden, wobei der österreichische Kaiser auch ungarischer König war.

Als 1918 die Habsburger Monarchie zerfiel, von der sich Ungarn immer wieder zu befreien versucht hatte, schrumpfte es selbst auf etwa jenen Teil zusammen, der einst türkische Provinz gewesen war, während die Randgebiete an die neu gegründeten Nachfolgestaaten angeschlossen wurden. Die Gebietsverluste in Friedendiktat von Trianon hinterließen bei den Ungarn nach Mo­hács ein zweites großes Trauma.

Von all diesen Entwicklungen waren natürlich die in Ungarn lebenden Deutschen betroffen. Die Siebenbürger Sachsen sind in den Auseinandersetzungen zwischen den Habsburgern und den nationalen Parteien Ungarns meistens auf der Seite des deut­schen Kaisers gestanden, weil sie sich von diesem mehr Schutz versprachen. Sie sind aber leider in ihren Hoffnungen oft enttäuscht worden.

Quelle: Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen

Historische Landkarte über das in drei Teile gegliederte Ungarn.

Ein Kommentar

  1. Ein interessanter Artikel.
    Ich fühle mich persönlich sehr zu Ungarn hingezogen. Weil mir im Jahre 1989 Ungarn. Und die ungarische Bevölkerung ihre Gastfreundschaft gewährt haben. Und ich dadurch ein neues Leben in Deutschland beginnen konnte. Danke dafür.

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