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Das ungarische Modell

2. Dezember 2023 Auszug aus der Rede von Viktor Orbán auf der Jubiläumsfeier des Wochenmagazins „Weltwoche”am 22. November, 2023

Was kann Mitteleuropa und was kann Ungarn in so einer Situation tun kann? Ich hatte immer gedacht, dass Ungarn in dieser Situation irgendeine eigentümliche Verantwortung besitzt. Erstens weil es bei uns auch keine liberale Hegemonie gibt. Die haben wir bereits 2010 gebrochen. Es gibt Pluralismus, keine Hegemonie. Es gibt keine Koalitionsgeplänkel, da wir seitens der Wähler eine sehr starke Legitimation besitzen.

Wir haben so versucht, dieser Verantwortung zu entsprechen, dass wir ein anderes Modell ausgearbeitet haben. Es gibt einmal ein Brüsseler Europamodell. Was in Ungarn geschieht – jetzt von den liberalen Schimpfereien abgesehen, diese sollten wir abziehen, was nicht einfach ist, denn sie bilden eine breite Schicht, ziehen wir diese also ab, aber wenn wir von diesen politischen Geplänkeln absehen und das Wesentliche betrachten, die Natur der Strukturen betrachten –, dann werden wir sehen, dass in Ungarn ein anderes Modell – dass wir das ungarische Europamodell nennen – funktioniert. Natürlich wissen wir, wo unser Platz ist. Ein Land mit zehn Millionen Einwohnern. Ich pflege zu sagen: Wir können interessante Dinge sagen, wichtige aber nicht. Also sagen wir jetzt eine interessante Sache, denn wir haben eine andere Art von gesellschaftlichem, politischem und Wirtschaftsmodell ausgearbeitet, als jenes von Brüssel. Hierüber jetzt nur kurz, ich nenne skizzenhaft nur einige Pfeiler oder Elemente.

Das erste ist, dass wir nicht die wirtschaftliche Konzeption des „welfare state“ akzeptieren. Der „welfare state“ ist in Westeuropa etwas, dass der Staat seinen Bürgern den Wohlstand auf irgendeinem Niveau garantieren muss. Wir stimmen dem nicht zu.

Nicht umgekehrt! Also auch wir wollen natürlich den Wohlstand für die Ungarn, doch dies kann der Staat nicht garantieren. Man muss ihn erwirtschaften, man muss diesen produzieren, dafür muss man arbeiten. Hier ist Leistung nötig. Das bedeutet natürlich ein soziales System eines ganz anderen Typs, das bedeutet ein viel härteres und schrofferes, kälteres System in Ungarn als das in Westeuropa gewohnte. Die Migranten kommen nicht nur deshalb nicht nach Ungarn, weil wir sie an der Grenze mit Hilfe eines riesigen Zaunes aufhalten. Nur in diesem Jahr haben unsere Grenzwächter 270 tausend illegale Grenzübertrittsversuche vereitelt. 270 tausend! Das ist die eine Ursache. Doch die Migranten kommen auch deshalb nicht, denn wenn sie irgendwo sein möchten, so ist das nicht Ungarn, denn laut den ungarischen Gesetzen kann ein nach Ungarn kommender Migrant sozial nur das erhalten, was ein ungarischer Staatsbürger bekommt.

Der zweite Pfeiler dieses ungarischen Modells ist nach der auf Arbeit basierenden Wirtschaft, dass wir die demografischen Herausforderungen anstelle der Migration durch die Familienpolitik handhaben wollen. In Ungarn haben wir eine familienpolitische Wende erreicht, doch keine demografische Wende. Es ist die große Frage der Zukunft, ob dies uns gelingt? Alle unsere Kräfte hierauf konzentrierend geben in ganz Europa wir in Ungarn das meiste Geld aus unserem GDP hierfür aus. Wird es uns gelingen aus eigener Kraft unsere Bevölkerung aufrechtzuerhalten oder nicht? – Das werden die kommenden zehn und einige Jahre entscheiden.

Und es strömen die ausländischen Direktinvestitionen in das Land, die wir alle unterstützen. Ein Teil dieser Strategie ist, dass wir statt der Gender- die Familienwerte unterstützen. Bestandteil unserer Strategie ist – in dieser Hinsicht ist Ungarn ein altkonservatives Land –, dass die Verfassung vollkommen banale Dinge ausspricht. Z.B. sagt sie, dass eine Ehe einen Mann und eine Frau braucht. Oder sie sagt – auch das ist eine vollkommen banale Sache, ein bisschen schämt man sich auch –, es ist in der Verfassung niedergeschrieben, dass der Vater ein Mann, die Mutter eine Frau ist. Das hört sich ziemlich primitiv an, doch kann ich soviel zu unserer Entlastung anführen: Nicht wir sind so primitiv, sondern die Welt.

Nun, ebenfalls ein Bestandteil dieses ungarischen Modells ist, dass wir nicht möchten, dass zwischen dem Osten und dem Westen im wirtschaftlichen Sinn erneut eine trennende Mauer entsteht, sondern

Wir haben Industrieparkanlagen, in denen gleichzeitig, nebeneinander eine riesige deutsche und chinesische Investition sind, sie stellen ein gemeinsames Produkt her. Das ist eine andere Strategie als das Decoupling und Derisking, über die man ansonsten in Europa so häufig etwas hören kann.

Und was das politische Leben angeht, statt der liberalen Hegemonie, der progressiven liberalen Hegemonie gibt es Pluralismus und in den Debatten innerhalb der Europäischen Union vertreten wir einen souveränistischen Standpunkt.

Das ist es, was wir ungarisches Europamodell nennen. Die gute Nachricht ist, dass dieses funktioniert. Obwohl man schon mehrere tausendmal und an tausenden Stellen niedergeschrieben hat, dass diese Wespe nicht fliegen kann oder dass dieses Tier nicht existiert. Da pflege ich immer aus meinen Biologiestudien jene Erfahrung anzuführen, dass es auch über die Wespe eine Beschreibung gibt, Mathematiker haben sie angefertigt, nach der man mit einem so großen Körper, mit einem so kleinen Flügel unmöglich fliegen kann. Doch die Wespe fliegt, folgerichtig dürfen wir nicht glauben, dass dieses Modell nicht funktioniert, denn es funktioniert.

2022 und 2023 hat sich die Welt auf den Kopf gestellt. 2022 – erinnern Sie sich: COVID, dann Krieg –, obwohl sich die Weltwirtschaft auf den Kopf gestellt hat,

Stellen Sie sich Ungarn so vor, dass wir gemessen an der Bevölkerungszahl weltweit auf Platz 96 stehen, und hinsichtlich des Exportvolumens auf Platz 34. Und in bestimmten Technologien stehen wir auf dem zweiten, dritten, vierten Platz. Das ist so geschehen, dass wir dabei gleichzeitig in der Europäischen Union finanziellen Sanktionen unterworfen sind! Also die Europäische Union verweigert uns rechtswidrig die Übergabe jener Quellen, jener finanziellen Quellen, die dem Land zustünden. Das sind jährlich 3-4 Milliarden Euro. Wir sind also in den schwierigen Jahren auf die Weise Rekordhalter, dass wir zugleich nicht jene 3-4 Milliarden Euro erhalten, die uns im Übrigen zustünden, und dennoch ist dieses Modell zu diesen Ergebnissen fähig.

Auszug aus der Rede von Viktor Orbán auf der Jubiläumsfeier des Wochenmagazins „Weltwoche”am 22. November, 2023

Bild: Nord-industrieller-park, Pásztó (Magyar Építők)

2 Kommentare

  1. Nagyra értékelem Orbán beszédeinek a forditását német nyelvre, mert vita társaimat Orbán eredeti szavaival könybben tudom ellenérvelni.
    Nagyon remélem, hogy azt a beszédét is le fordítják majd, amelyben kijelentette, hopgy nálunk nincs Veto, az EU ban sincs Veto mert döntéseket csak közös megegyezés alapján lehet hozni! Mi csupán azt hiányiljuk, hogy nincs még közös megegyezés, mégis döntért akarnak hozni! Ennek a gondolatmenetnek a további kifejtése egyszerüen zseniális!

  2. Das Erfolgsgeheimnis der Regierung von Viktor Orbán läßt sich zusammenfassend auf den Punkt bringen, daß er in allem die Gesetze der Realität ernst nimmt und seine Kreativität in dem Spielraum entfaltet, den diese lassen. Daß demgegenüber die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse in den meisten anderen EU-Staaten, ausweislich der makroökonomischen Kennzahlen vor allem in Deutschland, sich mit wachsendem Tempo verschlechtern, liegt daran, daß sich dort Politik und Zivilgesellschaft seit längerem nicht mehr vom Realitätsprinzip, sondern stattdessen von Ideologien leiten lassen. Diese aber entspringen dem, was in psychoanalytischer Fachsprache Primärprozeß heißt: einem Sammelsurium von im übertragenen wie im wörtlichen Sinne perversen, also der Natur wie der Logik zuwiderlaufenden Wunschphantasien und Ängsten, wie es in Träumen auch gesunder Menschen regelmäßig seinen Niederschlag findet.

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