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Ich kümmere mich nicht um Russland, ich kümmere mich um Ungarn

28. Juni 2023 BILD von Paul Ronzheimer

Die EU steht fest an der Seite Kiews, unterstützt das überfallene Land mit Waffen, straft Moskau mit Sanktionen. Doch hält Ungarns Ministerpräsident VIktor Waffenlieferungen an die Ukraine für den falschen Weg, glaubt nicht an einen Sieg der ukrainischen Armee und geht nicht davon aus, dass Wladimir Putin bald stürzen wird. Orban kritisert scharf auch die Flüchtlingspolitik der EU. BILD traf den ungarischen Ministerpräsidenten zum Exklusiv-Interview

Reporter Paul Ronzheimer hat Ungarns Staatschef Viktor Orbán befragt, ob er nun Veränderungen für Russland Machtgefüge sieht. Außerdem übernimmt Ungarn im nächsten Jahr den europäischen Ratsvorsitz. Ein Streitpunkt dabei, die von Orban scharf kritisierte Flüchtlingspolitik der EU.

Zur Ungarns Position

Das ist eine Provokation einen Ungarn zu sagen, dass Ungarn Pro-Russen oder Freunde der Russen ist. Das widerspricht an unseren historischen Erfahrungen.

Ich kämpfe für Ungarn. Ich kümmere mich nicht um Putin. nicht um Russland. Ich kümmere mich um Ungarn. Was ich also tue, sind Positionen und Aktionen, die gut für die Ungarn sind.

Und definitiv ist alles, was jetzt zwischen Russland und der Ukraine passiert, schlecht für die Ungarn. Es ist gefährlich für die Ungarn. Wir haben Leben verloren, ungarische Minderheiten leben dort. „Die Gefahr, die vom Krieg ausgeht, ist in unserer Nachbarschaft. Es ist nicht so wie bei Ihnen, Sie wissen, Sie sind die Deutschen, Sie haben Polen und Ungarn zwischen Russland und dem ukrainischen Krieg.“

Zu Putins Rolle

Dass Putin am Ende ist, glaubt Ungarns Ministerpräsident nicht. «Natürlich werde der Kremlchef auch 2024 im Amt bleiben. Er ist stabil, er ist ein gewählter Führer Russlands und er ist beliebt und die Strukturen hinter ihm sind ziemlich stark. Laut Orban funktioniert Russland anders als andere europäische Länder. Wenn man Russland aus einer westlichen Logik heraus verstehen wolle, werde man sich «immer täuschen».

Zum Kriegsverlauf

Orbán hofft, dass «die Ukrainer eine Chance zum Überleben haben», aber Siegeschancen rechnet er ihnen keine aus. «Das ist unmöglich. die Zeit steht auf der russischen Seite. Das Problem ist, dass den Ukrainern die Soldaten früher ausgehen werden und das wird am Ende der entscheidende Faktor sein. Aus diesem Grund halte er die militärische Unterstützung des Westens für einen Fehlschlag».

Zur Rolle des Westens

Aktuell sei die Ukraine «kein souveränes Land mehr». Sie habe kein Geld und keine eigenen Waffen, sondern sei abhängig vom Westen. «Wenn die Amerikaner also beschliessen, dass sie Frieden haben wollen, wird es Frieden geben.» Dass die Russen weitere Länder angreifen, sei unmöglich, «weil sie nicht stark genug sind». Der Ukraine-Krieg habe zeigt, dass die Nato «viel stärker» als Russland sei.

Zu einem möglichen Kriegsende

«Ich plädiere immer für Frieden, Frieden, Frieden.» Deshalb sollten sich die Kriegsparteien um einen umgehenden Waffenstillstand bemühen. Dass die Ukraine ihr Territorium zurückerhalte, habe keinen Vorrang. Der einzige Weg, um die Ukrainer zu retten, sei, «dass die Amerikaner Verhandlungen mit den Russen aufnehmen und eine Vereinbarung über eine Sicherheitsarchitektur treffen und einen Platz für die Ukraine in dieser neuen Sicherheitsarchitektur finden». 

Zur Migration

Wir Ungarn sind der Meinung, dass es einige Werte gibt, die in Ungarn geschützt werden müssen – man kann sie als europäische Werte bezeichnen – wie zum Beispiel die Gleichbehandlung von Frauen, keine Homophobie, kein Antisemitismus. Diese Migrationsgruppen halten diese Art von Werten nicht hoch. Warum sollten wir Ungarn das Risiko eingehen, Gemeinschaften zu haben, die unsere wichtigsten europäischen Werte nicht respektieren? Deshalb lehnen wir sie ab. Die Deutschen tun das nicht, Sie lassen sie rein. Das ist Ihre Sache. Zwingen Sie mich nicht, denselben Fehler zu begehen und dieselbe Entscheidung zu treffen, die ich auf Ihrer Seite für einen Fehler halte.“

Zum Asylkompromiss

Es ist ein Pull-Faktor, die Botschaft an die Schleuser: Macht weiter so. Ich spreche jetzt aus meiner Erfahrung. Die Aktivität der Schmuggler auf der Balkan-Route hat sofort zugenommen, es kommen mehr Schmuggler und mehr Migranten an die Grenze. Die Zahl der Personen, die wir festnehmen müssen, wächst und wächst, weil sie das Gefühl haben, dass jetzt ein historischer Moment bevorsteht.

Zum Grenzschutz

„Wir sind auch nicht bereit, Gebühren zu zahlen.

Wir verteidigen die Grenzen Europas. Wir geben mehr als zwei Milliarden Euro aus, um den Schengen-Raum, um Europa gegen illegale Einwanderer zu verteidigen. Wir haben keinen einzigen Cent aus Brüssel erhalten. Wofür sollen wir mehr bezahlen?

Wir müssen unser ganzes Geld ausgeben, um die Grenze zu verteidigen, um Europa zu verteidigen und um Deutschland zu verteidigen.“

Zur Europäischen Union

„Die Europäische Union wurde für zwei Dinge geschaffen. Erstens für den Frieden, und jetzt befinden wir uns in einem Krieg. Das Zweite war der Wohlstand und in der Wirtschaft wird es immer mühsamer und schwieriger, den Wettbewerb aufrechtzuerhalten und den Menschen Wohlstand zu bieten. Europa lebt unter sehr schwierigen Bedingungen. Ich verstehe also, dass die so genannten Protestparteien aufkommen. Ich spreche nicht von Deutschland, ich spreche allgemein von Europa.

https://www.bild.de/politik/ausland/politik-ausland/ungarns-ministerpraesident-orban-putin-ist-stabil-84474096.bild.html

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