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Unheile Zeiten

2. Juni 2024 Nemzeti Napló von György Stoffán

Bisher war ich der Meinung, dass es nur eine Christenverfolgung gibt. Bis jetzt! Heute aber sehe ich, dass sich die Umrisse einer Ära scharf abzeichnen, die man in meiner Kindheit als „die unheile Zeit“ bezeichnete.

Der im Dienste der menschlichen Würde tätig war und diejenigen rettete, die man in naher Zukunft wieder retten muss. So wie Dekan Ferenc Kálló, der mit nobler Vereinfachung von den Nazis aus dem fahrenden Auto geworfen wurde, oder wie man mit Gedeon Richter, der sein ganzes Leben auf dem Altar der Menschlichkeit geopfert hatte, und mit anderen, ähnlich hervorragenden, jüdischen Ungarn kurzen Prozess machte, oder wie die Kommunisten Kardinal Mindszenty eingekerkert und Bischof Áron Márton bedroht hatten.

Heutzutage sehen wir, vorerst nur in Europa, obwohl es auch Geschehnisse auf Online-Foren gibt, dass man bereits den Davidstern wieder malt

gegen diejenigen, die in den letzten hundert Jahren nicht nur einmal den Hauch des Bösen gespürt haben: für uns Ungarn das Jahr 1919 (Zeit des roten Terrors), dann der Friedensschluss in Trianon und Paris, für die Ungarn mit jüdischem Glauben zusätzlich das Jahr 1944, also diese „unheile Ära“ … in der auch die ihnen zur Hilfe eilenden, christlichen Ungarn dezimiert wurden.

Richtig ist, dass es heute noch (!) keine Gettos in Ungarn gibt, man malt keine Davidsterne auf die Fassaden der Geschäfte, aber es gibt eine laute Hasskampagne,  und das niederträchtige, primitive, proletenhafte Lager folgt,  nicht einmal seine eigenen Kinder schonend, den Hass predigendem Politiker, der Skandale initiiert. Denn es ist diesen Leuten egal, selbst wenn ihre eigenen Kinder an der Front sterben, nur damit sie die in ihren eigenen, verzerrten Hirnen entstandenen, mörderischen Gedanken mit der Führung ihres geisteskranken Führers immer wieder herausschreien können.

Wohin führt all das? Wem nützt es, dass derselbe proletenhafte Abschaum nach 1919, 1944, 1948, 1957 erneut herumgrölt, genauso stillos, vom Untergang der Nation und vom Mord visionierend?

Jetzt sehen wir noch keine Massen mit hochgehobenen Armen, mit verpflichtenden Kennzeichen versehene und pflichtmäßig verhasste …, aber es entwickelt sich bereits etwas.

Wenn es nach ihnen ginge, würden vielleicht die Züge schon am Bahnhof im Budapester Bezirk Josefstadt (von dort wurden die Budapester Juden deportiert) stehen, aber so weit sind wir noch nicht. Wir hätten also noch Zeit, diesen niederträchtigen, gottlosen, nihilistischen Geist zu bremsen. Denn, wer Zeit gewinnt, gewinnt das Leben …

Die Frage ist nur, ob wir,  die Gegner des Hasses und des Chaos, uns nicht schon verspätet haben? Haben wir Kraft und Mut, uns zu widersetzen? Haben wir es erkannt, dass auch ein Friedensmarsch nur für sich und ohne Gott keine Lösung ist?

Würde ein jüdischer, katholischer, protestantischer Geistliche oder Priester auf sich nehmen – wenn die Organisatoren ihn überhaupt bitten würden –, auf der Margareteninsel sich vor die Menge zu stellen, um ein Gebet zu sprechen? Reicht es, wenn viele Tausende von Menschen nur zeigen wollen, dass wir noch viele sind?

Die abgestandene, stinkende Luft dieser Züge überzieht Ungarn, wenn wir es zulassen, dass man in den Online-Foren beginnt, den Davidstern auf die Geschäftsfassaden zu malen und obszöne, hasserfüllte Aufschriften auf  Kirchen anzubringen, dass diese eindringende, krankhafte, gottlose Geisteshaltung uns im eigenen Land im Onlinebereich als „bozgor“ (heißt: heimatlos – so haben die Rumänen die Ungarn in Siebenbürgen nach dem Friedensschluss in Trianon genannt) bezeichnet? Man hat damit schon angefangen!

Die Frage ist nur, in welche Richtung die Wagone unserer Zeit dann gelenkt werden. Oder wollen sie die Angelegenheit so erledigen, wie die Rumänen es am Bahnhof von Jászvásár (Jasi) 1944 taten, als sie die nackt ausgezogenen Menschen mit Wasser bei minus 22 Grad übergossen hatten? Wir wissen es nicht! Denn heute erkennt man nur,

dass die Lawine des Hasses in Europa losgegangen ist.

Im französischen Emirat werden bereits Christen und Juden ermordet, für ein Gebet wird man ins Gefängnis gesteckt, bei uns aber werden die Onlineseiten, die vernünftige Gedanken veröffentlichen, abgeschaltet…

Die Geschichte wiederholt sich – sagt man. Es lohnt sich demnach, am 9. Juni Zeit zu nehmen, dass wir wenigstens unsere Meinung kundtun und die Reinheit unseres Gewissens bewahren, indem wir unsere Stimme abgeben. Zwar werden die Stimmen auch von den Eigentümern der Zugwagone gezählt …aber vielleicht doch …

Autor, György Stoffán ist Journalist und Kirchenhistoriker

Deutsche Übersetzung: Dr. Gábor Bayor

MAGYARUL: https://stoffangyorgy.blogspot.com/2024/05/az-ujraindulo-vagonok-kora-2024.html

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