Es ist noch nicht zu spät, Europa in eine andere Richtung zu lenken

9. September 2025 Látószög Blog Von Márton Ugrósdy

Europa befindet sich in einer strategischen Sackgasse. Das hat mehrere Gründe, angefangen mit seiner überbordenden Hybris über die falsche Analyse seiner Lage bis hin zum wunschgeleiteten Denken. Das Weltbild der Europäischen Union ist grundsätzlich falsch. Die Systeme der Freund-Feind-Erkennung sind durch den Ukrainekrieg zerstört worden. Im Widerspruch zur Mehrheitsmeinung in Europa verfolgt die durch niemanden gewählte und niemandem Rechenschaft schuldige Elite der Europäischen Union einen Wunschtraum, von dem es ein bitteres Erwachen geben wird.
Die großen Fragen der kommenden Jahre werden sein: Wird der Rückbau der nationalen Souveränität in Europa gelingen? Werden wir imstande sein, realistisch zu ermessen, wo der Platz Europas in der Welt sein sollte? Werden wir den Herausforderungen der neuen multipolaren Welt gewachsen sein?

Unlängst habe ich das Buch The End of Everything von Victor Davies Hanson gelesen, das vom Niedergang und dem schließlich erfolgten Verschwinden der einst großen Zivilisationen handelt. Hanson denkt darüber nach, dass es in der Geschichte nicht ungewöhnlich ist, wenn ganze Zivilisationen verschwinden: Die schwächer werdenden Staaten und Imperien werden durch neue Herausforderer abgelöst. Der Untergang ist manchmal schnell und laut, aber dem traurigen Niedergang gehen oft über Jahrhunderte wiederholte falsche Entscheidungen voraus.

Heute sieht es so aus, dass die Vereinigten Staaten das stärkste Land der Welt sind. Aber es steht nicht fest, ob das immer so bleiben wird. Die Bedeutung der amerikanischen Republik, die nächstes Jahr den 250. Jahrestag ihres Bestehens feiern wird, reicht nicht an die des über tausend Jahre existierenden Byzanz oder des über Jahrhunderte florierenden Karthago heran. Zu Recht betont Hanson, dass, während sich Technologien wandeln, die menschliche Natur gleich bleibt, und deshalb deutet nichts darauf hin, dass die heutigen Entscheidungsträger von anderen Motivationen angetrieben wären als die antiken Staats- und Heeresführer. Obwohl das Buch als eine Warnung an Amerika geschrieben wurde, wäre es auch für Europa überlebenswichtig, daraus zu lernen.

Hanson nennt sieben entscheidende Gründe, die zum Untergang von einst großen Zivilisationen wie Theben, Karthago, Byzanz oder Tenochtitlan geführt haben.

  1. Alle vier Zivilisationen waren schon im Niedergang begriffen, als sie der tödliche Schlag getroffen hatte.
  2. Sie alle wurden von ihren Verbündeten verlassen, ihre Nachbarn wandten sich gegen sie. Dabei ist es keineswegs zwangsläufig, dass eine überlegene Macht siegreich sein muss. 1565 konnten auf Malta nur ein paar tausend Ritter ein osmanisches Heer von Vierzigtausend aufhalten.
  3. Sie alle glaubten an die Widerstandskraft ihrer uralten Gemäuer, obwohl sie diese vernachlässigt hatten und nicht genug Männer hatten, um den fremden Ansturm aufhalten zu können.
  4. Die Widersprüche unter den Verteidigern stärkten die Feinde und trugen so zur Niederlage bei.
  5. Die in tödlicher Gefahr befindlichen Verteidiger waren oft nicht im Klaren darüber, dass an der Spitze der Angreifer die größten Militärstrategen ihrer Zeit standen, und so konnten sie auch die eigenen Mängel und die eigene Mittelmäßigkeit nicht erkennen.
  6. Die Angegriffenen haben fast nie begriffen, dass es keine Rückkehr zu den vor dem finalen Angriff diplomatisch errungenen Begünstigungen geben kann, wenn einmal die Flagge des Feindes auf den Zinnen der Verteidiger gehisst wurde.
  7. Wenn der Feind nicht einfach siegen, sondern die Verteidiger vernichten will, dann müssen die Besiegten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit einer beispiellosen Grausamkeit der Sieger rechnen. Werden die siegreichen Truppen einmal losgelassen, ist es bedeutungslos, wenn die Kommandeure nachher bedauern, den Dingen ihren Lauf gelassen zu haben. Die menschliche Brutalität und Rachsucht setzt sich durch – egal wie gebildet und kultiviert die Angreifer sind, da bleibt kein Stein auf dem anderen.

Wenden wir jetzt unseren Blick nach Europa!

Erstens. Es ist nicht schwer zu erkennen, dass Europa eine schwere Zeit durchmacht. Die wirtschaftlichen Erschütterungen, die durch die Corona-Krise verursacht wurden, sind immer noch nicht überwunden, und die Lage wird noch verschärft durch die Auswirkungen der wegen des Ukraine-Krieges verhängten Sanktionen. Auf gesellschaftlichem und kulturellem Gebiet sind die größten Probleme die durch die illegale Massenmigration herbeigeführte Krise der europäischen civitas und die generelle Infragestellung der gesellschaftlichen Solidarität. Die Neuankömmlinge betreffende Haltung, nach der diese keinerlei Verpflichtungen, aber umso mehr Rechte haben, hat das europäische Wohlfahrtsmodell, das nach dem Zweiten Weltkrieg so erfolgreich aufgebaut wurde, bereits erschüttert.

Der Begriff des klassischen westlichen Bürgertums ist in Auflösung begriffen. Es leben viele Millionen Menschen in Europa, die die gemeinsamen Spielregeln nicht akzeptieren, die nicht zum demokratischen öffentlichen Leben beitragen, nicht bereit sind, hart für den gemeinsamen Wohlstand zu arbeiten, die sich nicht an der Verteidigung des Landes beteiligen, aber Anspruch auf sämtliche Rechte, Unterstützungen und auch auf politische Vertretungen erheben.

Jene westlichen Politiker, die nur an kurzfristigen Wahlgewinnen interessiert sind, bieten dies alles den illegalen Migranten an und wenden sich gleichzeitig in einem Maße gegen die von ihnen als westliche Werte bezeichneten Grundsätze, dass der Ausdruck der Doppelmoral dafür ein viel zu schwacher Begriff ist.

Die Mahnung Robert Schumanns, „Europa wird christlich – oder es wird nicht Europa sein“ trifft heute noch viel mehr zu als vor siebzig Jahren. Wenn wir nicht mehr mit den jahrtausendealten, christlich-humanistischen Grundsätzen auf die selbstbestimmten, mit gleichen Rechten erschaffenen Menschen blicken, sondern zum Beispiel mit den Prinzipen der Scharia, dann verliert Europa genau jene seiner Qualitäten, wegen denen es in den vergangenen Jahrhunderten so ein guter Ort zu leben war.

Zweitens. Die EU ist von allen ihre Verbündeten verlassen worden, ihre Nachbarn haben sich gegen sie gewandt. Eigentlich hatte Europa seit dem Zweiten Weltkrieg nur einen echten Verbündeten, die Vereinigten Staaten. Die EU und die progressive europäische Elite konnten sich 2024 wieder nicht im Zaum halten, mischten sich in die amerikanischen Wahlen ein und provozierten Donald Trump, noch bevor er seine zweite Amtszeit hätte antreten können. Die Antwort ließ auch nicht lange auf sich warten. Trump, dessen Leitsatz „America first“ lautet, vereinbarte ein Wirtschaftsabkommen mit der ausgelieferten EU, das die Wettbewerbsfähigkeit weiter erodiert. Zugleich zwang er die Kommissionspräsidentin von der Leyen – die, nebenbei bemerkt, keinerlei Ermächtigung dafür besaß – sich zu verpflichten, Energieträger aus Amerika zu importieren und amerikanisches Kapital nach Europa zu holen. Gegenwärtig ist noch nicht klar, welche Ergebnisse die Verhandlungen über die Ukraine haben werden, aber eines ist sicher: Trotz ihres kämpferischen Posierens werden es nicht die europäischen Führer sein, die bestimmen, wie dieser Krieg zu Ende geht.

Der Mangel an Verbündeten wiegt noch schwerer durch die eingebildeten Feinde.

Brüssel hat seinem größten Nachbarn Russland den Krieg erklärt. Das erhält eine besondere Tragik dadurch, dass eine der wichtigsten Pfeiler des europäischen wirtschaftlichen Erfolgs die zur Verfügung stehenden preiswerten russischen Rohstoffe waren.

Aber auch zur Türkei sind die Beziehungen eher frostig, obwohl das Land eine Schlüsselstellung bei der Kontrolle der illegalen Migration einnimmt. Egal ob wir nach Osten oder Süden blicken, in Nordafrika oder im Nahen Osten sehen wir Länder, die in uns keine zuverlässigen Partner, sondern anmaßende und selbstgerechte Gegner sehen und sich dementsprechend gegenüber unseren gemeinsamen Problemen verhalten. Es ist ebenso wenig hilfreich, dass die Führung der EU weiterhin von imaginären moralischen Höhen und vom hohen Ross herab an die „unterentwickelten, zurückgebliebenen Opfer der russischen Propaganda“ predigt.

Drittens. Europa ist heute nicht imstande, sich selbst zu verteidigen, und diese traurige Tatsache ist allen unseren Gegnern und Feinden wohl bekannt. Es hat keinen Sinn, wenn die europäischen Führer davon reden, wie viel größer unsere Bevölkerung sei, wie viel entwickelter und reicher wir seien als Russland zum Beispiel.

Europa ist einfach kein weltweit ernst zu nehmender militärischer Faktor.

Die einst weltberühmte britische Flotte hat praktisch aufgehört zu existieren. Der größte Teil der deutschen Kriegsgeräte ist unbrauchbar, und die Mehrheit der kleineren europäischen Länder hat in den vergangenen Jahren all ihr brauchbares und unbrauchbares Kriegsgerät der Ukraine geschenkt – ohne jede Perspektive, es ersetzen zu können. Trotzdem ist die Verteidigungsindustrie nicht hochgefahren worden – nebenbei bemerkt, gibt es ohne Stahl keine Waffen, ohne Kohle und Eisenerz gibt es keinen Stahl, aber mit Kohle gibt es keine Grüne Transformation. 

Die Führer der großen Mitgliedstaaten reden vergeblich davon, dass Europa im Krieg stehe. Das sind nur Worte, denn sie haben weder Waffen noch Soldaten. Und Soldaten werden sie auch in Zukunft nicht haben, denn wenn sich die civitas auflöst, die Risikogemeinschaft eines Volkes verschwindet, dann wird auch die Jugend nicht in den Schützengräben sterben wollen. Warum sollte sie ihre Landsleute vor dem Feind verteidigen wollen?

Wenn die Nationen aufgehört haben zu existieren, sterben mit ihnen auch der Patriotismus und der Schutz- und Trutzbund, die seit dem Dreißigjährigen Krieg die moderne Kriegsführung ermöglicht hatten.

Deshalb ist das Phänomen, das ich unter Punkt eins beschrieben habe, so gefährlich: Wenn die Elite den Gesellschaftsvertrag aufkündigt, dann fühlt sich das Volk nicht mehr dazu verpflichtet, die Elite und das Land zu verteidigen. Es ist kein Zufall, was die Meinungsumfragen zeigen: Nur eine verschwindende Minderheit der Europäer wäre dazu bereit, im Falle eines Angriffs von außen zu den Waffen zu greifen und sein eigenes Vaterland zu verteidigen.

Viertens. Es ist eine Besonderheit von Demokratien, dass die Bürger nicht in allen Fragen einig sind, und sie werden es auch niemals sein. Manche meinen, dies sei eine verhängnisvolle Spaltung der Gesellschaft, andere wiederum gehen davon aus, dass dies zur Demokratie dazu gehöre. Das europäische Narrativ bewegte sich in den vergangenen Jahren in die Richtung der „einzigen und ausschließlichen Wahrheit“, und diese manichäische Grundeinstellung war bestimmend für die öffentlichen Debatten, beginnend mit der Handhabung der Corona Epidemie über die Regenbogen-Armbinden während der 2022er Fußball-EM bis hin zum Narrativ des Ukraine-Krieges.

Es gibt eine einzige Wahrheit, und wer damit nicht einverstanden ist, ist ein schlechter Mensch, also muss er aus der öffentlichen Debatte ausgeschlossen werden,

auf gerichtlichem oder anderem Wege muss ihm das Wahlrecht entzogen werden, damit er das Bild der rosigen Zukunft nicht weiter stört. Diese radikale, gegen die Redefreiheit und die Demokratie gerichtete Haltung der Eliten führt zu gesellschaftlichen Spannungen, die langfristig nicht durchzuhalten sind. Es war der amerikanische Präsident Lincoln, der einmal gesagt hat: „Man kann einige Menschen die ganze Zeit und alle Menschen eine Zeit lang zum Narren halten; aber man kann nicht alle Menschen allzeit zum Narren halten.“ Man kann die demokratische Debatte unterdrücken, und natürlich haben auch demokratische Debatten ihre Grenzen, aber man kann nicht die unangenehmen Gegenmeinungen unter Berufung auf angebliche Werte auf die Dauer unterdrücken. Das ist die wichtigste, und wahrscheinlich verhängnisvollste Quelle der inneren Spaltung des Westens. 

Fünftens. Wir kennen unsere Feinde nicht gut. Ja, wir kennen sie überhaupt nicht.

Die europäischen Führer sind so weit zu Gefangenen ihrer eigenen Narrative geworden, dass sie sich einem eingebildeten russischen Feind gegenüber sehen, über dessen Ziele sie nichts wissen, und auch nichts wissen wollen.

In Brüssel sind alle davon überzeugt, dass wenn die Ukraine fällt, die Russen am nächsten Tag auf der Champs-Élysées zu Abend essen werden. Wenn man jedoch das Kampfgeschehen und die russischen Erklärungen verfolgt, weiß man, dass das nicht der realen Lage entspricht, und deshalb können sich die Führer des schwachen Europa überhaupt nur so mutig äußern. Und dann haben wir noch nicht über die wahre Herausforderung, China, gesprochen. Natürlich ist es einfacher, vor eingebildeten Feinden herumzufuchteln, aber wenn das Überleben das Ziel ist, ist es zielführender, der Wirklichkeit ins Auge zu schauen.

Sechstens. Wenn erst die Waffen sprechen, kann man nicht zum status quo ante zurückkehren. Nicht nur weil das Elend und die Opfer irgendwie begründet werden müssen, sondern auch deshalb nicht, weil dann die Bedingungen von vor dem Kampf nicht mehr gelten. 2025 kann man nicht zum Abkommen von Istanbul zurückkehren, so wie es auch nicht möglich sein wird, dass Europa mit Russland aufgrund des Kooperationsabkommens von 2021 wieder zusammenarbeitet. Außerhalb der Mauern existiert eine neue Realität, und gute Entscheidungen können nur in Kenntnis der Realität getroffen werden.

Siebtens. Mit einem Feind, den man brüskiert hat, kann man sich nicht arrangieren. Es wäre die Aufgabe der Diplomatie, den Dialog auch dann in zivilisiertem Rahmen fortzuführen, wenn auf dem Schlachtfeld gerade gemordet wird, denn nach jeder Schlacht wird ein neuer Tag kommen.

In den vergangenen Jahren hat jedoch die europäische Diplomatie nicht den Dialog angestrebt, sondern folgte dem Prinzip des naming and shaming.

Bei den Brüsseler Dialogversuchen mit dem globalen Süden glaubte man, dort würde man uns nicht verstehen, weil wir nicht laut genug schreien. Doch wie auch der vorige deutsche Kanzler Scholz beim brasilianischen Präsidenten Lula erfahren musste, war das Problem nicht die Lautstärke, sondern der Inhalt dessen, was gesagt wurde, und dafür interessieren sich heute achtzig Prozent der Welt überhaupt nicht. Oberrepräsentantin Kallas ist trotzdem weiterhin davon überzeugt, dass die Botschaft vollkommen richtig sei, man müsse nur die Lautstärke noch einmal hochdrehen. Wozu das führt, ist der globale Bedeutungsverlust Europas.

Wir können also – um Lenin zu zitieren – zu Recht fragen: Was tun? Eine Antwort auf diese Frage finden wir beim Historiker Arnold Toynbee. Der britische Wissenschaftler befasste sich in seiner zwischen 1934 und 1961 erschienen monumentalen zwölfbändigen Monographie mit dem Untergang von Imperien. Er stellte fest,

dass Imperien nicht als Mordopfer untergehen, sie gehen unter, weil sie Selbstmord begehen.

Der Selbstmord erfolgt aus zwei Gründen: Zum einen verlieren die Zivilisationen ihren lebendigen Glauben und ihr moralisches System. Infolgedessen werden die Eliten zu schmarotzenden Parasiten an der Gesellschaft, die dadurch immer ärmer und ausgelieferter wird. Zum anderen müssen die Imperien mit immer neuen äußeren Herausforderungen fertig werden: Wenn sie Erfolg haben, entwickeln sie sich, denn sie der Hybris erliegen, gehen sie unter.

Noch ist es nicht zu spät, Europa in eine andere Richtung zu lenken, obwohl die Veränderungen in einigen Ländern bereits unumkehrbar geworden sind.

Die inneren und äußeren Herausforderungen können jedoch nur bewältigt werden, wenn man zu den stabilen Fundamenten zurückkehrt und den Realitäten ins Auge schaut.

Als erstes müssen die civitas und die Gültigkeit des Gesellschaftsvertrags wiederhergestellt werden.

Europäer zu sein ist kein Anrecht, sondern ein Privileg. Wer hier leben möchte, muss sich in die politische und gesellschaftliche Gemeinschaft einfügen, dessen Mitglied er angeblich werden will.

Die unabdingbare Voraussetzung dafür ist, dass die geschriebenen und ungeschriebenen Regeln, Gesetze und Verpflichtungen eingehalten werden, und dass ein tätiger Beitrag zur Wirtschaft und zur Zukunft des betreffenden Landes geleistet wird. Wenn dem Einwanderer das nicht gefällt, kann er sich einen anderen Wohnort wählen, wo die von ihm gewünschten Regeln gelten. Zum Glück ist die Welt vielfältig genug, damit jeder die ihm passende gesellschaftliche Einrichtung finden kann.

Zweitens muss die Macht in Europa dem Volk zurückgegeben werden. Sich demokratisch nennende Systeme müssen auf dem Fundament der Volkssouveränität stehen. So etwas, wie dass sich das Volk falsch entscheide, unwissend sei oder in die Irre geführt worden sei (siehe Brexit), gibt es nicht. Es kann durchaus Systeme geben, in denen eine kleine Oligarchie, soll sie auf wirtschaftlicher oder intellektueller Grundlage organisiert sein, die Macht innehat, aber dann sollen diese Systeme nicht als Demokratien posieren.

Die Verbindung zwischen der Elite und dem Volk muss den Prinzipien der Volksvertretung und der Rechenschaftspflicht entsprechend neu geordnet werden.

Auf andere Weise wird man das Problem der inneren Spaltung Europas nicht überwinden können.

Am Anfang dieses Heilungsprozesses muss die Abdankung der Unionselite stehen, die Europa in den wirtschaftlichen Niedergang getrieben hat.

Drittens müssen wir über die Mauern hinweg auf die dort versammelten Feinde blicken. Nicht auf die eingebildeten Feinde, nicht auf unsere Wunschvorstellungen, sondern auf die Realitäten. Wir müssen uns ein realistisches Bild von der Stärke Europas machen und unsere Pläne, Wünsche und Strategien dementsprechend anpassen. Die gegenwärtige Europäische Kommission ist der Beweis dafür, dass Gott nicht jeden mit ausreichend Verstand für sein Amt gesegnet hat. Der Anfang könnte sein, dass an die Spitze der Institutionen solche leitenden Kräfte gestellt werden, die ihre Entscheidungen nicht aufgrund ihrer Wünsche, sondern aufgrund der Realitäten treffen.

Und schließlich sollten wir zur christlichen Tugend der Demut zurückkehren. Auch wenn es einmal so gewesen sein mag, sind wir nicht die Stärksten, Schönsten und Klügsten auf der Welt. Hochmut hat noch nie ein Land zum Erfolg verholfen. Die Demut schon, und dafür gibt es viele Beispiele. Konrad Adenauer hat das im Krieg ruinierte und erniedrigte Deutschland mithilfe einer demütigen Politik zu einer der wohlhabendsten Nationen gemacht.

Es gibt keinen würdigeren Weg der Erneuerung des auf christlichen Traditionen stehenden Europa als die Rückkehr zu den alten Tugenden.

Das ist die Aufgabe Ungarns, und deshalb sind alle Behauptungen, Ungarn würde sich aus Europa verabschieden, großer Unsinn. Keiner kann seinen eigenen Körper, seine eigene Zivilisation verlassen. Deshalb müssen wir zusammen mit unseren vernünftigen Freunden und Verbündeten für die Zukunft Europas kämpfen und Brüssel erobern.

Natürlich können wir auch dem Weg der gegenwärtigen europäischen Eliten folgen. Dann jedoch wird der alte Kontinent in wenigen Jahren tatsächlich zu einem Freiluftmuseum, wo die Sieger der neuen Weltordnung hinreisen, um Geld auszugeben und ihre niederen Triebe auszuleben. Das ist aber nicht die Zukunft, die wir unserer Heimat Europa wünschen.

Autor, Márton Ugrósdy ist Ökonomie- und Politik-Professor der Budapester Corvinus Universität.  Er ist strategischer Berater des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán und vertritt eine komplett andere Weltsicht als die in Europa für verbindlich erklärte.

Deutsche Übersetzung von Krisztina Koenen. 

Wir danken der Achse des Guten für die Genehmigung zur Veröffentlichung der deutschen Übersetzung: https://www.achgut.com/artikel/wir_muessen_bruessel_erobern

MAGYARUL: https://latoszogblog.hu/aktualis/europa-vegorai/

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