9. November 2023 Magyar Hírlap von IRÉN RAB
Als ich die mörderischen Terrorakte der Hamas gegen die Israelis sah, musste ich sofort an die anti-ungarischen Massaker in Siebenbürgen denken. Die von den Österreichern bewaffneten Walachen (Rumänen) verübten in den Jahren 1848/49 Massaker an den militärisch wehrlosen ungarischen Siedlungen. Dutzende von ungarischen Dörfern wurden von den Plünderern niedergebrannt, zerstört, die Häuser aufgebrochen und die Bewohner massakriert.
Etwa achttausend Menschen ermordet wurden, nur, weil sie Ungarn waren. Die Mörder glaubten, dass ihnen das Land gehören würde, wenn dort keine Ungarn mehr übrigblieben.
Es war keine reguläre Armee, die sich einer feindlichen Macht entgegenstellte, sondern bewaffnete Männer, die zu allem bereit waren, die ihre Menschlichkeit verloren hatten und Pogrome gegen unschuldige Menschen verübten.
Das Netz der Vergangenheit entwirrt sich immer irgendwo.
Den Ungarn in Siebenbürgen ist vor 175 Jahren dasselbe widerfahren wie jetzt den Juden in Israel. Der Unterschied zwischen den beiden Ereignissen besteht nur in der Qualität der Waffen, denn die menschliche Natur, der blinde Hass auf eine Menschengruppe mit einer anderen Identität, Sprache und Kultur hat sich nicht geändert. Es gibt nichts Verabscheuungswürdigeres als die Tötung von wehrlosen Menschen, heute würden wir sagen, von unbewaffneten Zivilisten.
Nagyenyed (heute Aiud, Rumänien), das wegen seines Reichtums als das Athen Siebenbürgens bekannt war, wurde in der Nacht des 8. Januar 1849 von etwa neuntausend wütenden, lanzenschwingenden Walachen gestürmt. In der Stadt befanden sich 4.000 unbewaffnete Menschen, denn die kriegsbereiten Männer kämpften weit weg in den Reihen der ungarischen Heimatarmee für die ungarische Freiheit. Diejenigen, die zu Hause geblieben waren, ruhten bereits, als der Angriff erfolgte. Als sie von den Schüssen geweckt wurden, sahen sie ihre Stadt in Flammen. Ein grausames Gemetzel begann, bei dem alte Männer, Frauen und Kinder ohne Gnade und ohne Unterschied getötet wurden. Wer konnte, floh barfuß und nur mit einem Schal bekleidet mitten im Winter so schnell wie möglich in den nahegelegenen Wald. Diejenigen,
die nicht entkommen konnten, wurden mit Speeren durchbohrt und mit Stöcken und Äxten erschlagen. Säuglinge wurden an den Füßen festgehalten und so lange gegen die Wand geschlagen, bis ihre Köpfe gespalten wurden. Alle Gebäude der Stadt wurden mit Stroh angezündet.
Nach Mitternacht trafen angeführt vom rumänischen griechisch-katholischen Pfarrer aus der Nachbarschaft weitere Plünderer ein, und am nächsten Morgen erschienen weitere plündernde, drangsalierende und raubende Mobs. Die wertvolle Bibliothek und die Archive des Bethlen-Kollegs wurden auf die Straße geworfen, um auf dem schmelzenden Schnee einen Gehweg zu schaffen. Auch die Gräber wurden aufgebrochen und ausgeraubt. Die Wertsachen wurden auch mit Hilfe der Siebenbürger Sachsen zu großen Haufen aufgeschichtet. Die Landstraße, die in die Stadt führte, war überschwemmt von mit gestohlenen Waren beladenen Karren, getriebenen Tieren und gefangen genommenen Menschen.
Tatsächlich hatte die Pogromserie bereits im Oktober begonnen, als der in Oberungarn geborene Antal Puchner, der habsburgerfreundliche Oberbefehlshaber der siebenbürgischen Truppen, sich weigerte, dem ungarischen Parlament zu gehorchen und den Belagerungszustand ausrief, um den Rumänen freie Hand zu lassen. Gyulafehérvár, Zalatna, Magyarigen, Marosszentimre, Abdrudbánya und viele andere ungarische Städte und Dörfer in der Umgebung ereilte das gleiche Schicksal wie Nagyenyed. Die Zerstörungen liefen immer nach dem gleichen Muster ab:
Die Rumänen haben die Bevölkerung erst mit Drohungen, dann mit Versprechungen zur Kapitulation gezwungen und töteten sie dann trotz des Vertrages und der Friedensurkunde. Diese Verträge wurden im Beisein von österreichischen kaiserlichen Offizieren geschlossen. Die Ungarn selbst hatten keine bewaffneten Kräfte in diesen Städten, ihre Ermordung konnte demnach nicht mit irgendwelchen Sicherheitsüberlegungen begründet werden.
Es war ein gewöhnliches Pogrom, eine ethnische Säuberung, ein Versuch, die Ungarn auszurotten.
Károly Elekes, ein reformierter Pfarrer aus Gyulafehérvár, besuchte 1849 die verwüsteten Gebiete und suchte die in den Wald geflüchteten Ungarn auf. Die ganze Diözese war zu diesem Zeitpunkt so verödet, dass „es keine Hoffnung gibt, dass es hier jemals wieder ungarisches religiöses Leben geben wird, insbesondere ein religiöses Leben reformierten Glaubens“, schrieb er in seinem Bericht. Die ungarischen Kirchen und Schulen wurden dem Erdboden gleichgemacht, die Häuser niedergebrannt, Pfarrer und Lehrer von den Walachen ermordet.
Zu dieser Zeit gab es noch keine Massenmedien, und die Welt war nicht über diese Geschehnisse informiert. In Europa gab es weder pro- noch antirumänische oder pro-ungarische Demonstrationen, sondern nur Angst und Schrecken in Siebenbürgen, welche in den Händen der Österreicher, zu freier Beute gemacht wurden. Erst im Januar 1849 erreichte die Nachricht von den Massakern das ungarische Parlament, daraufhin hat der polnische General Bem einen Auftrag bekommen. Nicht um Vergeltung zu üben, sondern um Siebenbürgen und die ungarische Freiheit wiederzuerlangen.
Über all dies ist auch heute noch sehr wenig bekannt und die rumänische Geschichtsschreibung erwähnt diese Schandtaten nicht. Avram Iancu, der Anführer der Freischärler Rumäniens, war ein in Klausenburg ausgebildeter Rechtsanwalt und ist heute offiziell anerkannter Nationalheld in Rumänien. Seine Statue steht in fast jedem Dorf Siebenbürgens, die Hauptstraßen der Städte sind nach ihm benannt, und er genießt einen regelrechten Kult.
Doch was die Freikorps unter der Führung von Avram Iancu (heute würde man sie als terroristische Organisationen bezeichnen) in Siebenbürgen anrichteten, war echter Völkermord: die vorsätzliche und geplante Ausrottung der ungarischen Bevölkerung.
Die Schuld an den Massakern liegt bei den Rumänen, aber die Habsburger sind schuld daran, dass es überhaupt dazu kommen konnte. Es lag ebenso nicht im Interesse der von den Habsburgern diktierten Geschichtsschreibung, die Fakten dieser Ereignisse zu erforschen, denn die Ausrottung der Ungarn wurde mit ihrer Hilfe und Billigung durchgeführt. Sie bewaffneten die Rumänen, sie ließen ihnen freie Hand. Das anti-ungarische Pogrom der Rumänen begann am Tag nach Puchners Oktoberproklamation 1848 und dauerte bis zur Ankunft von General Bem Mitte Januar 1849. Der kaisertreue Antal Puchner war aus ungarischer Sicht ein Verräter, da er die Befehle der legitimen ungarischen Regierung von Anfang an sabotierte und sich offen auf die Seite Wiens stellte.
Wien entwickelte eine brillante Taktik, um den ungarischen Unabhängigkeitskampf niederzuschlagen: Es hetzte die im Lande lebenden Nationalitäten, Serben, Slowaken und Kroaten, gegen die Ungarn auf. In Siebenbürgen wurden die Sachsen und Rumänen aufgestachelt und durften sich dann offen organisieren, rebellische Truppen bilden und den Ungarn bewaffneten Widerstand entgegensetzen. Die Habsburger zwangen den Ungarn das auf, was sie selbst immer schon getan hatten: die Unterdrückung der Nationalitäten. Diese Methode funktionierte so gut, dass die uninformierte Öffentlichkeit bis heute die gescheiterte ungarische Nationalitätenpolitik als Ursache für das Scheitern des Unabhängigkeitskrieges und von Trianon sieht.
Sie wissen nicht, dass das weltweit erste Gesetz über die Rechte der Nationalitäten 1849 nur durch die militärischen Ereignisse verhindert, 1868 nach dem Ausgleich mit Österreich vom ungarischen Gesetzgeber aber sofort verabschiedet wurde.
Diese Ereignisse wurden auch in der ungarischen Geschichtsschreibung nicht aufgearbeitet. Bis zum Ausgleich mit den Habsburgern im Jahr 1867 war es unmöglich, darüber zu schreiben, danach wurden diese heiklen Punkte – vielleicht im Geiste einer politischen Versöhnung – gemieden. Später bezeichnete die internationalistische politische Korrektheit alle Siebenbürger als Rumänen und unterzog sie einer vollständigen Gehirnwäsche. Der ungarische Unabhängigkeitskrieg und die wirkliche Nationalitätenpolitik (und vieles andere) fehlen im Schulunterricht. Auf diese Weise tragen wir selbst dazu bei, dass unsere Geschichte von den Lautesten, den Siegern, gemäß ihren eigenen Interessen geschrieben und umgeschrieben wird.
Dabei bräuchten wir nur in die Archive zu gehen. Dort würden wir zum Beispiel den Antrag von Amalia Török an den Kaiser aus dem Jahr 1852 finden. „Der Feind hat nichts verschont. – Ich, deren Vater und zwei Brüder von den Walachen grundlos ermordet wurden und deren Mutter an den Folgen der brutalen Misshandlungen der Walachen in Enyed starb, bitte Eure Majestät auf Knien, dass Eure Majestät nach Prüfung der Tatsachen die Gnade haben werden, die Mörder meiner Angehörigen zu bestrafen.“
Nach der Niederschlagung des ungarischen Unabhängigkeitskrieges wurde Avram Iancu zwar für kurze Zeit vom Wiener Hof inhaftiert und dann unter Hausarrest gestellt, aber die Täter wurden nicht wirklich zur Rechenschaft gezogen oder bestraft.
Die Mörder wurden nie verurteilt. In den zerstörten Gebieten leben heute nur noch sporadisch Ungarn, und die Bevölkerung von Nagyenyed, das einst rein ungarisch war, besteht zu 75 % aus Rumänen, genauso wie in ganz Siebenbürgen.
Autorin Dr. phil Irén Rab ist Kulturhistorikerin und Gründungsredakteurin von Ungarnreal
Deutsche Übersetzung von Dr. Andrea Martin
MAGYARUL: https://www.magyarhirlap.hu/velemeny/20231107-a-mult-szovedeke
Ein Kommentar
Was können Sie zur Erschiesung, von einem ungarischen Kommando am 11. Mai 1849 beim Fellegschloß- Klausenburg, des sächsischen Lehrers, Pfarrers und Humanisten sagen? Welcher war der Grund, das die Exekution so schnell ausgeführt wurde? Er hätte fliehn können, doch nein, Er nahm Abschied von Seinen Kindern, von Seiner ungarischen Adoptievtochter und stellte sich den Honved, die Ihn Abführten.