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„Brüssel folgt eigener Logik“

Orbán wettert über EU und begründet Einsatz von Putin-Impfstoff

22. Februar 2021 Focus Online – Interview mit VIKTOR ORBÁN von Ulrich Reitz

Das Verhältnis zwischen der Europäischen Union und Russland ist ziemlich gespannt. Kann man die Beschaffung von Impfstoff von diesem Konflikt trennen?

Orbán: Ja. Der Schutz des menschlichen Lebens und die Gesundheit stehen über politischen Aspekten, ja auch über der Geopolitik. Es ist unverantwortlich, aus den Impfstoffen eine politische Frage zu machen, und nur deshalb die Menschen sterben zu lassen und ihre Freiheit einzuschränken, weil es politische Beanstandungen gegenüber dem Herstellerland gibt. Hinzu kommt noch, dass man uns in unserer Kindheit in der Zeit des Kommunismus mit sowjetischen Vakzinen geimpft hat, und Sie sehen, es geht uns gut. Ganz objektiv betrachtet gab es im Osten eine Impfkultur, Polio konnte dadurch viel früher besiegt werden als im Westen, während des kalten Krieges damals wurde der russische Impfstoff von den westlichen Staaten aus ideologischen Gründen nicht übernommen. Zeit spielt für EU keine Rolle beim Impfen: „Brüssel folgt seiner eigenen Logik“

Die Europäische Union hat beschlossen, den Impfstoff für die Mitgliedsstaaten zentral einzukaufen. Auch dies war eine politische Entscheidung gegenüber einen sogenannten Impfstoff-Nationalismus. Wie bewerten Sie die Brüsseler Entscheidung?

Orbán: Heute ist es schon offensichtlich, dass dies eine falsche Entscheidung war. USA, Großbritannien, Israel und auch Serbien sind uns EU-Mitgliedern weit voraus. Aber jetzt ist es zu spät, jammern bringt nichts. Die Kommission soll tun, was sie tun muss. Wir behindern sie hierin natürlich nicht, und wo wir können, unterstützen wir sie. Doch setzen wir aus Verantwortung gegenüber den Menschen unsere nationalen Kompetenzen ein.

Und warum fühlen Sie sich nicht an den Beschluss der EU gebunden?

Orbán: Brüssel folgt seiner eigenen Logik. Es nimmt die Bedeutung des Zeit-Faktors nicht entsprechend wahr. Es erteilt die Zulassungen zu langsam und befindet sich offensichtlich nicht in einer Position der Stärke gegenüber den Lieferanten. Aber die Regularien der EU schließen die Möglichkeit des nationalen Handelns nicht aus, das nutzen wir für unser Land.

Die Europäische Union hatte politische, manche sagen „ideologische“ Motive bei der Beschaffung von Impfstoff, nach dem Motto: „Europa zuerst”. Wie denken Sie darüber?

Orbán: Wir wissen nicht genau, was in Brussel und den Köpfen der Brüsseler Bürokraten geschieht. Doch ich weiß, dass jeder Verstorbene der Vater, die Mutter, die Schwester, der Bruder, eventuell das Kind von jemandem war. Das ist eine höhere Dimension als die Dimension der europäischen Politik. Gesundheit und Freiheit unserer Bürger haben absolute Priorität.

weiterlesen https://www.focus.de/politik/ausland/eu/interview-mit-ungarns-regierungschef-orban-europa-hat-aus-dem-mittelmeer-einen-friedhof-gemacht-orban-ueber-migrationspolitik-und-sputnik-v_id_13008229.html

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