6. Juni 2023 Kossuth Rádió, Interview mit Viktor Orbán am 2.6.2023
Über den Verteidigungshaushalt, den Krieg und auch die Ungarn von Brüssel aus treffenden Angriffe befragte Zsolt Törőcsik (Kossuth Rádió) Ministerpräsident Viktor Orbán am 02.06.2023 (Auszüge aus dem Interview)
- Die Botschaft aus Brüssel war im Zusammenhang mit der Senkung der Nebenkosten ziemlich eindeutig, zugleich findet sich im Entwurf des Haushaltes für 2024 die hierfür vorgesehene Summe. Öffnet sich in dieser Frage eine weitere Front zwischen Brüssel und der ungarischen Regierung?
Es ist nicht ihre Sache, beginnen wir es so, freundlich. Wir bedanken uns also für die Bemerkungen, für die Ratschläge. Brüssel schlägt vor, dass wir im Wesentlichen die ungarische Wirtschaft kaputtmachen sollen, aber zumindest sollen wir die Menschen, die Familien auf jeden Fall ruinieren, die Rentner in eine unmögliche Situation bringen. Sie bitten also um lauter Dinge, die die ungarische Gemeinsprache in einem einzigen Wort zusammenfasst: Restriktionen. Wir sollen also den Extraprofit nicht den Banken und den großen Firmen wegnehmen, die Rentner, die Familien sollten die gesamten Energiekosten bezahlen.
Brüssel bittet um etwas, wogegen ich persönlich und jene politische Gemeinschaft, an deren Spitze ich stehe, seit mehr als dreizehn Jahren kämpfen. Ich denke, wir führen diesen Kampf nicht isoliert, sondern mit der Unterstützung der überwiegenden Mehrheit der ungarischen Menschen,
die Unterstützung für die Regierung reicht in dieser Frage weit über die parteipolitischen Bruchlinien zwischen Regierungspartei und Linke hinweg.
Wenn wir das machen würden, worum uns Brüssel bittet, dann müsste man monatlich ungefähr um 180 tausend HUF mehr bezahlen. Das ist eben keine parteipolitische Frage, sondern ganz einfach eine in das Fleisch des Lebens einschneidende Frage, weit über jedwede Politik hinausgehend. Meiner Ansicht nach muss also Ungarn für seine eigenen Interessen einstehen. Man muss sich höflich bedanken, man muss eloquent, in einer über europäische Werte berichtenden Blabla-Sprache sich dafür bedanken, dass man an uns gedacht hatte, dass sie Vorschläge formuliert haben. Jene, die davon gut sind, es gibt ein-zwei, die sinnvoll sind – denn auch dort gibt es kluge Leute –, man muss also einige Dinge beherzigen, aber alles, was in Richtung auf Restriktionen weist, muss man verwerfen und deutlich machen, dass die Entscheidung dieser Fragen, die Aufstellung des Budgets in nationaler Zuständigkeit liegt. (…)
Wir haben Kriegszeiten, wir leben in Kriegszeiten, man muss sich schützen, man muss die Arbeitsplätze verteidigen, das ist am wichtigsten. Dann muss der Wert der Renten geschützt werden, denn es sind ja die Rentner, die sich mit zusätzlicher Arbeit nicht, oder es sind nur sehr wenige unter ihnen, die sich durch zusätzliche Arbeit helfen könnten, wenn die Renten ihren Wert zu verlieren beginnen. Deshalb haben sich die Rentner gegen die gesamte Linke gewendet und sind eigentlich Anhänger des nationalen Lagers geworden und sie unterstützen die nationale Wirtschaftspolitik. Und man muss auch die Familien schützen, denn die Erziehung der Kinder ist immer eine extra Aufgabe, bedeutet ernsthafte Ausgaben, es ist eine große Unternehmung, ein Kind zu erziehen, und deshalb verdienen es die Familien, dass die Regierung sie schützt. Also wird das der Haushalt sein, ein schützender Haushalt. Wenn es keinen Krieg gäbe, dann wäre das ein viel glücklicherer Haushalt, aber auch so dürfen wir nicht unzufrieden sein, denn alles, was für uns wichtig ist, können wir im Jahr 2024 auch trotz des Krieges schützen.
- Der Haushalt rechnet für das nächste Jahr mit einer Inflation von 6 Prozent. Jetzt sind wir bei 24, wir befinden uns auf einer abnehmenden Bahn. Sind die getroffenen Maßnahmen ausreichend, damit diese im kommenden Jahr auf ein Viertel zurückgeht oder wäre dazu der Frieden oder zumindest die Zurücknahme der Sanktionen notwendig?
Man muss gegen die Inflation kämpfen. Das ist die große Sache, zu der sich die Regierung verpflichtet hat. Die Wahrheit ist, dass wir ein riesiges Pech haben. Nicht nur, weil der Krieg eine schreckliche Sache ist, sondern auch weil die primäre Auswirkung des Krieges der Anstieg der Energiepreise ist. Denn der Krieg tobt nicht nur in der Frontlinie, sondern auch auf dem Energiemarkt. Das Hinausdrängen der Russen aus Europa, also aus dem Energiesektor geschieht in Europa und das treibt die Energiepreise hoch. Und da Ungarn jenes am dynamischsten sich entwickelnde Land ist, das die meiste Energie benötigt, denn die Investitionen kommen in gewaltigem Maßstab, die Energie müssen wir aber aus dem Ausland holen, da es hier zu Hause keine in ausreichendem Maß gibt. Wenn wir die Inflation nicht brechen, dann können wir leider auch nicht das Wachsen der ungarischen Wirtschaft unterstützen. Es gibt also nichts anderes. Wenn wir das AKW Paks hätten früher beenden können, und jetzt schon, sagen wir, das AKW Paks 2 arbeiten würde, dann könnten wir uns zurücklehnen, denn wir haben ja in Ungarn in den vergangenen Jahren zahlreiche Sonnenenergie herstellende Investitionen durchgeführt. Wenn das Doppelte der Kapazität von Paks bereits vorhanden wäre, dann wäre Ungarn höchstens auf den für die Atomenergie nötigen Brennstoffimport angewiesen. Auch unsere Abhängigkeit wäre geringer und auch der Preis der ungarischen Energie wäre billiger.
Doch in Brüssel hat man sich derart quergestellt, in erster Linie auf Initiative der ungarischen Linken, denn gegen AKW Paks wird von zu Hause aus in Brüssel gearbeitet, man musste so viele Verschiebungen vornehmen und neue Pläne sowie neue Genehmigungsanträge einreichen, dass wir damit ins Rutschen gekommen sind.
Doch man kann eben nichts tun, man soll sich nicht beschweren, sondern man muss unter den gegebenen Umständen auch diese Aufgabe lösen, bis zum Ende des Jahres, koste es, was es wolle, wenn ich so formulieren darf, die Inflation muss auf ein einstelliges Maß heruntergebracht werden und im kommenden Jahr rechnen wir mit einer durchschnittlichen Inflation von 6 Prozent. Wenn es keinen Krieg gäbe, wenn die Europäische Union bzw. wenn die Westler zu einer besseren Einsicht kämen und einsehen würden, dass wir auf einer schlechten Bahn voranschreiten, also dass der Kriegspfad ein schlechter Pfad ist und wir den Weg des Friedens beschreiten würden und es einen Waffenstillstand gäbe und die Friedenverhandlungen beginnen könnten, dann würde sich plötzlich auch die wirtschaftliche Lage erleichtern und auch die Inflation würde viel schneller in den gewohnten Bereich von 1-3 Prozent zurückgehen.
- Dann wirft dies die Frage auf, wie stark jetzt das Lager der den Krieg Befürwortenden ist? Was wir sehen, dass viele, die Energiefirmen als auch die Rüstungsindustrie von diesem Krieg profitieren, aber auf der anderen Seite sind die Menschen, die durch die Inflation den Preis dessen bezahlen.
Der Krieg hat Gewinner und Verlierer. Doch die größten Verlierer sind nicht jene, die einen höheren Energiepreis zahlen, obwohl auch das nicht gut ist, das sehen wir auch in Ungarn.
Die schwersten Verluste erleiden jene, deren Angehörige versterben: der Vater, der Bruder, der Ehemann, der Sohn. Sie sind also die wahren Verlierer auf beiden Seiten. Jetzt muss ich Ihnen sagen: Im Osten nichts Neues. Der Krieg ist also in eine sehr rohe Phase eingetreten, niemand bleibt verschont, da geschehen schreckliche Dinge in der Frontlinie.
Wenn zu Hause im bequemen Lehnsessel sitzend die linken Politiker, der Bürgermeister der reichsten Stadt Ungarns sagen, wir stünden im Krieg mit Russland, dann wissen sie nicht, was sie reden. Sie haben den Verstand verloren. „Wir stehen im Krieg mit Russland” ist eine Aussage, die sich seit dem II. Weltkrieg kein geistig gesunder Mensch erlaubt. Wie kann man das sagen, dass Ungarn, wir, Ungarn im Krieg mit Russland stehen? Man findet dafür wirklich keine Worte. Es geschehen schreckliche Dinge in einem Krieg und es ist gut, wenn wir daran nicht beteiligt sind.
Moralisch ist die einzige vertretbare Position die Position des Friedens.
In dieser Hinsicht ist es nach dem Vatikan wichtig, dass auch in der Türkei jene Politik gewonnen hat, die Frieden will, denn Präsident Erdoğan steht eindeutig auf der Seite des Friedens, ja er übernimmt auch eine vermittelnde Rolle.
Also, um auf die Verluste zurückzukommen. Während wir natürlich Menschenleben verlieren, Ungarn zusätzlich Milliarden wegen der hohen Energiepreise zahlt, gibt es zugleich Gewinner. Das pflegt in jedem Krieg so zu sein. Man ist nicht von Kriegsspekulanten begeistert, doch steht es nicht in unserer Macht, dies zu ändern. Was aber vielleicht wichtig ist, um das westliche Narrativ über den Krieg zu verstehen. Die Westeuropäer das Gefühl haben, sie seien drin im Krieg, und neben ihnen auch der Oberbürgermeister von Budapest, sie sprechen so über den Krieg, um dadurch den Ausgang des Krieges zu beeinflussen, das ist Teil des Krieges, der Kriegsführung.
Wir, Ungarn stehen nicht im Krieg mit Russland und wird es auch nicht, solange es diese Regierung gibt, Wir betrachten dies von außen als eine uns bedrohende Gefahr, die nah ist, aber das ist nicht unser Krieg. Ich glaube, dass wir deshalb nüchterner sind und realistischer sehen, was geschieht.
Und jetzt sind natürlich alle im Westen wegen der Möglichkeit des ukrainischen Gegenangriffs begeistert aber das ist die Sache der Ukrainer. Ich selbst strebe nicht nach militärischen Lorbeeren, doch selbst so ein Mensch wie ich, der über eine anderthalbjährige Erfahrung als Soldat verfügt, weiß genau: wenn ich angreife,werde ich eine dreimal höhere Verlustrate haben, als der sich verteidigt. Und ein Land, dessen Bevölkerung zahlenmäßig nur einen Bruchteil jener der gegenüberstehenden Seite ausmacht, sagen wir, die Russen sind zu 130-140 Millionen, bei den Ukrainern wissen wir schon nicht mehr, wie viele sie sind, doch ihre Zahl liegt irgendwo zwischen 20-30 Millionen, also unter solchen Umständen große strategische Angriffe zu starten, ist ein Blutbad. Also deshalb müssen wir alles vor dem Beginn des Gegenangriffs unternehmen, um die beiden Seiten davon zu überzeugen, dass ein Waffenstillstand und Verhandlungen notwendig sind. Ansonsten werden wir äußerst viele Leben verlieren.
- Wie stark ist die Lobby der Anhänger des Krieges? Was können sie tun, um diesen entschlossenen Friedensstandpunkt Ungarns zu ändern?
In der Politik ist eine der größten Herausforderungen, deinen eigenen früheren Fehler zuzugeben. Wenn man sagen muss, mein gestriger Standpunkt hat sich heute früh am Morgen als falsch erwiesen, das ist sehr schwer. Und sie haben sich dermaßen darin hineingeritten, dass dieser Krieg gewonnen werden kann und dass man ihn mit der Methode gewinnen kann, wie er jetzt läuft, wie die Ukrainer kämpfen und der Westen ihnen Geld sowie die Waffen gibt, dass es sehr schwierig sein wird, diesen Kriegspfad zu verlassen. Zum Glück ist das nicht unsere Aufgabe, denn
Ungarn schreitet meiner Ansicht nach auf dem moralisch und politisch richtigen Weg,
aber für die anderen wird es schwierig sein. Und ich warte darauf, wie das geschehen wird. Wahrscheinlich so, wie das sich jetzt auch in Spanien zeigt, dass die Menschen früher oder später den Frieden erzwingen. Und jene Regierungen, die sich in den Krieg hineingeritten haben, die geben ihren Fehler ganz einfach nicht zu, sondern sie werden von dem Volk abgelöst.
Davon kann unsere Region eine Ausnahme sein, ich denke besonders an die Polen, denen ich die Daumen für den Erfolg drücke, für die polnische Regierung, sie kann eine Ausnahme sein, denn unsere Region befindet sich nahe am Krieg. Jenen, die weit weg sind und von dort aus der Ferne das Geld schicken, sagen wir aus Amerika oder aus Westeuropa, denen wird es sehr schwerfallen, ihre Stühle zu verteidigen, denn ganz Europa, die Mehrheit der europäischen Menschen steht nicht auf der Seite des Krieges. Es mag sein, dass sie moralisch – aus guten Gründen – der Ukraine Recht geben. Sie sagen das aus guten Gründen, denn die Ukraine ist ja die angegriffene Partei und Russland ist der Aggressor und wir wollen Gerechtigkeit.
Im Allgemeinen ist die europäische öffentliche Meinung einstimmig. Doch was man tun muss und was man auf sich nehmen muss und was man auf sich nehmen darf, darin ist die europäische Öffentlichkeit gespalten, und ich sehe, wie die Zahl der Anhänger des Friedens wächst und die Zahl der Anhänger des Krieges abnimmt.
Hier geht es jetzt nicht um unser Prestige und nicht darum, wer Recht hat, doch besitzt die europäische Politik einen Rhythmus, den ich aus der Nähe sehe. Sagen wir, auch in der Zeit der Flüchtlings-, der Migrationskrise war Ungarn das einzige Land, das sagte, die Grenzen müssen geschützt werden, denn es gibt kein Land und keine Nation ohne Grenze. Alle haben uns angefallen, dann sagten sie zwei-drei Jahre später zurückhaltend, aber zugebend, ihre Position verändernd: Die Ungarn haben Recht gehabt.
Das wird auch in der Sache des Friedens geschehen. Alle sind gegen uns. Es gibt ein-zwei Ausnahmen, der Vatikan, die Türkei, doch innerhalb der Europäischen Unión ist die große Mehrheit gegen uns, sie sind uns an die Gurgel gesprungen. Ich bin überzeugt davon,
dass der Moment nicht weit entfernt ist, in dem sie sagen werden, dass die Ungarn es richtig gesehen haben, sie hatten Recht. Man hätte von Anfang an nach dem Frieden streben müssen.
Das wird immer mehr so sein, denn man kann sehen, dass man selbst im allerbesten Fall kein besseres Ergebnis an der Frontlinie, auf dem Schlachtfeld erreichen kann, als welches Ergebnis man aus ukrainischer Perspektive schon vor dem Krieg durch Verhandlungen hätte erreichen können. Wenn man vor dem Krieg auch mit Verhandlungen hätte etwas erreichen können oder wenn man nichts Besseres hätte erreichen können als mit dem Krieg, wozu war dann der Krieg? Das sind schwerwiegende Fragen, diese kommen immer näher an die Entscheidungsträger heran. Und wenn diese Frage ankommt und auf dem Tisch liegt, dann wird ein jeder sagen, meiner Ansicht nach, dass die Anhänger des Friedens Recht hatten. Seien wir jetzt bescheiden und sagen wir, nicht Ungarn, sondern der Vatikan hat Recht gehabt.
- Doch in der Zwischenzeit gibt es eine Bestrebung, die Ungarn zu isolieren versucht. Das Europäische Parlament hat zB eine Entschließung angenommen, dass im kommenden Jahr Ungarn nicht den Posten der EU-Präsidentschaft besetzen dürfe.
Wenn du Ungar bist, dann musst du dem Druck widerstehen. Also wenn du der ungarische Ministerpräsident bist, aber auch wenn du ein ungarischer Wähler bist, meiner Ansicht nach sitze ich mit einem jeden anderen im gleichen Boot, wenn du Ungar bist, dann musst du dich für dein Recht einsetzen. In Ungarns Geschichte geht es darum, dass wenn wir uns nicht für unser Recht eingesetzt, sondern den Schwanz eingezogen, nicht unsere Meinung gesagt, nicht unseren Anteil gefordert haben, dann hat Ungarn immer draufgezahlt. Es gab so etwas in Ungarn über einen langen Zeitraum und wir haben nicht nur draufgezahlt, sondern wir haben dabei auch noch unsere Selbstachtung, unser Selbstwertgefühl verloren und haben uns auch vor uns selbst geschämt.
Jetzt gibt es eine nationale Regierung, jetzt wird es so etwas nicht geben. Natürlich ist es schwierig, doch ist das das richtige, dem ungarischen Interesse entsprechende Verhalten. Linke Quengeleien wird es immer geben. Auch das jetzt, dass wir die Präsidentschaft stellen, ist eine Quengelei. Das ist eine linke Quengelei. Aber das ist wie das Wetter. Manchmal scheint die Sonne, manchmal regnet es. Man muss sich damit auch gar nicht beschäftigen.
Wer wann die Präsidentschaft der EU stellt, ist in klaren Rechtsvorschriften festgehalten, das Europäische Parlament hat damit nichts zu tun. Auch das Parlament der Eskimos hätte irgendetwas sagen können, das hätte genau die gleiche Auswirkung wie die strahlend blickenden Vertreter der Europäischen Union haben, also gar keine.
Damit muss sich Ungarn auch gar nicht beschäftigen, Ungarn muss sich mit den wesentlichen Angelegenheiten beschäftigen. Es muss seinen Standpunkt gut präsentieren, dort, wo es möglich ist, muss man eine loyale Zusammenarbeit mit den anderen Ländern der Europäischen Union zeigen, denn wir sind ja Mitglied der NATO und der Europäischen Union. Diese Länder sind auch dann unsere Freunde, wenn linke Regierungen von Zeit zu Zeit mit uns quengeln, man muss das entsprechende Maß der Kooperation mit ihnen und auch dem Einstehen für unsere eigenen Interessen finden, selbst wenn dieses Einstehen mit Konflikten verbunden ist. Doch ist dies die Sache der ungarischen Regierung, deshalb wird die jeweilige ungarische Regierung gewählt, damit sie dieses richtige Maß finde. Meiner Ansicht nach ist das in diesem Moment in Ordnung. Natürlich muss man jeden Tag darauf achten und wenn nötig, dann muss man daran entsprechend etwas ändern, aber das, was wir heute machen, ist ein Verhalten, das entsprechend des Maßstabs des rationalen europäischen politischen Verhaltens ausgebildet worden ist.
- Wie bewerten Sie aus der ungarischen Perspektive auch über die Einstellung zum russisch-ukrainischen Krieg hinaus, dass Herr Erdogan in den kommenden Jahren der Präsident der Türkei sein wird?
Mit riesiger Erleichterung. Ich habe ihm nicht nur die Daumen gedrückt, sondern habe ausdrücklich um den Sieg des Präsidenten gebetet. Es wäre eine Tragödie gewesen, wenn er nicht gewonnen hätte. Ich will nicht übertreiben, aber es gibt zwei Dinge, die es sich für die Ungarn zu wissen lohnt. Die Türkei ist das Tor Europas vom Südosten her. Vier Millionen Flüchtlinge sind in der Türkei. Sie lässt Herr Präsident Erdoğan nicht aus der Türkei hinaus. Der Gegner von Herrn Präsident Erdoğan war der Mann von George Soros. So sah das aus, genauso wie in Ungarn. Auch hier mussten wir nicht die örtliche Linke besiegen, sondern George Soros und sein ganzes internationales Imperium und seine Armee mussten besiegt werden.
Wenn jetzt nicht Herr Präsident Erdoğan gewonnen hätte, sondern der Mann von George Soros, dann wären von den vier Millionen Menschen in wenigen Augenblicken ein, zwei, drei Millionen losgegangen, sie wären im Sommer schon hier an der ungarischen Grenze. Sie hätten sie auf uns losgelassen und wir hätten schauen können, was geschieht.
Für uns ist also die Türkei ein Schlüsselland.
Andererseits haben wir noch ein einschneidendes Interesse. Das russische Gas kommt heute aus dem Süden, durch die Türkei. Wenn dort jetzt ein auf der Seite Amerikas oder ein durch George Soros unterstützter Präsident ist, dann ist es sehr zweifelhaft, ob die für Ungarn und Serbien unerlässliche russische Energie durch die Türkei in das Innere Europas ankommt. Und dann wäre unsere Wirtschaft in die Knie gegangen. Wir haben also wie einen Bissen Brot den Sieg von Herrn Präsident Erdoğan benötigt.
Hinzu kommt noch, dass Erdogan auf der Seite des Friedens steht. Wenn er nicht gewonnen hätte, hätten wir einen auf der Seite des Krieges stehenden türkischen Präsidenten bekommen, wovon die Folgen unabsehbar sind. Der Präsident, der türkische Präsident hat die Chance, zwischen den Ukrainern und den Russen zu vermitteln, wie es das im Übrigen in der Angelegenheit des Getreides, der Getreidekrise auch getan hat.
Ungarn muss immer in drei Richtungen aufmerksam sein: Russland, Deutschland, Türkei. In diesem Dreieck ist unser Leben und in diesem Dreieck muss man das Leben der Ungarn auf gute Weise richten.
Ich sage nicht, dass der Stand der Sterne in allen drei Relationen gleichermaßen vorteilhaft sei, doch alle drei Relationen, alle drei Kontaktsysteme sind stabil, ausgewogen und gestalten sich aus der Perspektive Ungarns gut, am kritischsten ist im Übrigen interessanterweise in diesem Moment die deutsche Verbindung. Also danken wir dem lieben Gott, dass er uns bei den türkischen Wahlen geholfen hat.
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