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Es geht um Frieden und Sicherheit – Interview mit Viktor Orbán

28. März 2022, Hír-TV, Interview mit Ministerpräsidenten VIKTOR ORBÁN

Guten Abend!

  • In Ungarn hat die Mehrheit aufgeatmet, als Sie am vergangenen Wochenende darüber berichteten, dass der nüchterne Verstand gesiegt habe, und die NATO praktisch den ungarischen Standpunkt kopiert habe. Doch der Wahnsinn lässt nicht nach, er mäßigt sich nicht, deshalb bitte ich Sie zuerst, unsere Zuschauer zu beruhigen, dass dieser Standpunkt fest ist, diese Entscheidung fest ist und langfristig einzuhalten, also dass wir weder Soldaten noch Waffen in die Ukraine senden.

Der ungarische Standpunkt ist fest, jetzt hat der Wahlkampf dieser Debatte über den Krieg auch noch gut getan, denn es liegt in der Natur der Wahlkämpfe, die Standpunkte zu vereinfachen und schärfer zu präsentieren, so dass wir jetzt genau wissen, was die eine Seite denkt und was die andere denkt und was die dritte denkt. Es ist also ganz offensichtlich, dass in Ungarn die nationale Seite dahingehend formuliert, dies sei ein russisch-ukrainischer Krieg und wir sind Ungarn, wir helfen denen, die in Not geraten sind, doch unternehmen wir keinen einzigen Schritt, der Ungarn in Probleme bringen könnte. Wir können niemandem auf die Weise helfen, indem wir uns kaputtmachen, z.B. in einen Krieg hineingezogen werden, der nicht unser Krieg ist, in dem wir nichts gewinnen, aber alles verlieren können.

Der Standpunkt der nationalen Seite ist also klar, wir bleiben auf der Seite des Friedens, wir liefern keine Waffen, wir senden keine Soldaten und lassen auch keine Waffen durch das Gebiet Ungarns in die Ukraine transportieren.

Auch der Standpunkt der Linken ist klar: Sie haben deutlich gemacht, dass sie an diesem Konflikt teilnehmen. Sie sehen also nicht einen Konflikt, der ein Krieg zwischen zwei anderen Völkern ist, sondern irgendeine Art von Konflikt, mit dem sie auch unmittelbar zu tun haben, und ihrer Ansicht nach wäre es richtig, wenn Ungarn in diesen Konflikt miteinbezogen werden würde. Sie würden im Rahmen der NATO Soldaten schicken, die Waffenlieferungen durchlassen, ja auch Waffen liefern. Es gibt also einen klaren linken Standpunkt. Und es gibt einen NATO-Standpunkt: Und die NATO sagt, natürlich ist jeder Mitgliedsstaat unabhängig, die nationalen Regierungen werden dann entscheiden, was sie machen, die Frage ist, ob es etwas gibt, was wir gemeinsam machen werden, an dem jeder NATO-Mitgliedsstaat teilnehmen wird. Und darauf lautet ihre Antwort: „Nein, es wird keine solche Aktion geben,

die NATO, als ein die Nationen zusammenfassendes Bündnis, sendet keine Soldaten und schickt keine Waffen.

  • Ihr alles Mögliche zusammenredender Herausforderer spricht demnach gegen seine eigenen Verbündeten, denn er beruft sich darauf, dass wenn die NATO sich so entscheidet, und trotzdem, als sich dann die NATO entschied, wie Sie das erzählt haben, wiederholen sie trotzdem ständig das Gleiche, stacheln damit die ungarische Gemeinschaft an.

Die Situation ist die, dass es dort auf der Linken einen Mangel an Kenntnissen gibt, den wir nicht beanstanden dürfen, denn sie sind ja seit sehr langem in der Opposition. Und dieses Wissen, wie die internationalen Organisationen, z.B. die NATO, funktionieren, existiert dort nur sehr wenig, denn nicht sie vertreten Ungarn in der NATO, sondern die nationale Seite.

Also was für Diskussionen es genau gibt, wie jener Mechanismus funktioniert – darüber besitzen sie eingeschränkte Kenntnisse.

Doch andererseits gibt es auch das Problem, was ich als das „Anderen-Entsprechen-Wollen“ beschreibe. Denn wenn es auch der Standpunkt in der NATO ist, was wir skizziert haben, so bedeutet dies nicht, dass es keine Diskussionen innerhalb der NATO gäbe. Und es gibt Stimmen in der NATO, die ständig, entgegen dem ungarischen Standpunkt, die NATO in diesen Konflikt hineinschieben würden. Und die ungarische Linke kooperiert, soweit ich das sehe, mit denen – das sind im Übrigen bedeutende Länder, die Linke will bedeutenden Ländern entsprechen –, die die NATO eher in diesen Konflikt hineinschieben würden. Ich kann also die ungarische Öffentlichkeit in der Hinsicht nicht beruhigen, dass der Standpunkt der NATO für immer und ewig unveränderbar sei. Jedes Mal, wenn wir uns zusammensetzen, überblicken wir die Lage, und es werden immer jene Meinungen formuliert, dass die NATO selbst an diesem Konflikt teilnehmen müsste. Und es gibt ein anderes Lager, eine andere Gruppe, hier finden sich eher Europäer, die sagen, wir sollten dies keinesfalls tun. Und jedes Mal betrachten wir, wie viele Stimmen hinter welchem Standpunkt stehen, und bisher waren es immer mehr hinter dem Standpunkt des ungarischen Lagers. Ich möchte also in den Köpfen der Zuschauer keine falschen Illusionen wecken, die Situation ist schwierig, riskant.

Bei diesen Wahlen geht es um den Krieg. Denn wenn die Linke bei den ungarischen Wahlen gewinnen würde, würde die Zahl der NATO-Länder wachsen, die die NATO selbst und auch Ungarn in diesen Konflikt hineinschieben würden. Wenn wir also Frieden wollen, dann kann dies in Ungarn und auch in der NATO nur die nationale Seite vertreten.

  • Der wahre Führer der Linken, der postkommunistischen Linken hat sich so weit vorgewagt, zu sagen, wir sind miese Menschen, wenn wir nicht diesen Standpunkt vertreten.

Hinsichtlich der seelischen Konstitution erinnert mich das an mein Teenageralter, als man Indianerromane gelesen hat, und man liest sie ständig auf die Weise, dass man auf der Seite von jemand ist: entweder auf der der Weißen oder der der Indianer. Doch die Politik ist nicht diese Welt. In der Politik ist also nur Platz für Menschen mit einer erwachsenen, gereiften seelischen Konstitution, die sich nicht mit dem einen oder dem anderen Teilnehmer des Konflikts identifizieren, sondern zunächst einmal klären, wer wir sind und was unser Verhältnis zu diesem Konflikt ist. Das ist also kein Abenteuerroman, hier geht es um Leben und Tod. Hier sterben Menschen, Länder werden zerschossen, Wirtschaften brechen zusammen. Hier können wir uns also nicht in die Rolle irgendeines Akteurs hineindenken, sondern man muss klar sagen, dies hier ist Ungarn, wir sind Ungarn, wir haben klare Interessen, wir haben auch eine Verantwortung, den in Not Geratenen muss man immer helfen, wir helfen auch, auf eine über unsere Kräfte hinausgehende Weise.

Wenn ich die gesamte europäische Hilfeleistung überblicke, dann nehmen wir im Verhältnis zur Bevölkerung die meisten Flüchtlinge auf, wir versorgen die meisten Menschen, wir haben bereits mehr als 5 Prozent der ungarischen Bevölkerung versorgt. Wir sind also keine miese, sondern eine großartige Nation, die moralisch richtig verfährt.

Doch können wir den Ukrainern nicht auf die Weise helfen, indem wir Ungarn zerschießen lassen. Das ist keine Hilfe, wenn wir den russischen Gas- und Ölhahn zudrehen und die ungarische Wirtschaft nach drei oder nach vier Tagen stehenbleibt – damit haben wir den Ukrainern nicht geholfen. Hinzu kommt noch, dass wir keine Verantwortung für diesen Krieg tragen, denn jene, die über diesen Krieg auf der einen oder der anderen Seite entschieden haben, haben darüber nicht mit uns konsultiert, haben uns nicht mit einbezogen, das ist nicht als Ergebnis einer gemeinsamen Entscheidung entstanden, die die Grundlage für die Verantwortung Ungarns wäre. Man muss also gut, man muss deutlich bestimmen, was das Interesse der ungarischen Menschen und Ungarns ist. Und wir tragen nicht mehr Verantwortung, als die, der wir ansonsten auch jeden Tag Genüge geleistet haben, doch dieser werden wir auch immer Genüge leisten.

  • Das ist nichts anderes als die Bewahrung des Friedens.

Friede und Sicherheit. Zunächst einmal dürfen wir nicht in diesen Konflikt hineingezogen werden. Das ist nicht unser Krieg. Das ist eine alte Geschichte, worum es genau bei diesem Krieg geht, auf welche Weise; das hat eine historische Grundlage, es hat eine sehr klare militärpolitische Grundlage, eine kulturelle Grundlage, doch das werden dann die Betroffenen miteinander ausdiskutieren. Wir haben an dieser Debatte nie teilgenommen. Wir haben nie an der Debatte teilgenommen, aus wie vielen Staaten dann das von uns östlich liegende slawische Meer in Wirklichkeit besteht, wie viele Nationen das sind. Wir haben nie an der Diskussion teilgenommen, was für eine militärische Sicherheitsvereinbarung sie miteinander abschließen, ob Russland der Ukraine eine Sicherheitsgarantie gibt, ob die Ukraine Russland eine Sicherheitsgarantie gibt, ob die Ukraine in die NATO eintreten darf oder nicht, das ist nicht unsere Debatte, das hätte man nicht mit uns und wird man auch in der Zukunft nicht mit uns regeln können, das ist die Debatte zweier anderer Länder. Wir haben aber einen klaren Standpunkt, das ungarische Interesse, das für den Frieden spricht, ist meiner Ansicht nach auch im Interesse der Ukrainer und auch der Russen. Wenn wir also den Frieden vertreten und sagen, anstelle des weiteren Krieges wäre ein Waffenstillstand notwendig, und es sollten möglichst schnell internationale Verhandlungen über die Regelung der Situation beginnen, da gehen wir natürlich von unseren eigenen Interessen aus, doch vertreten wir etwas, das gut für die Ukraine, die ukrainischen Menschen, für die Russen und die russischen Menschen ist.

Das andere ist die Sicherheit. Verzeihung,

es gibt den Frieden und es gibt die Sicherheit. Wir müssen also andererseits auch die Sicherheit des Landes bewahren, nicht nur im militärischen, sondern auch im wirtschaftlichen Sinn.

Und natürlich wünschte ich mir, dass Ungarn kräftigere Beziehungen nach außen hätte, sagen wir, wir hätten eine Meeresküste, wir hätten Hafenstädte und die Möglichkeit, in, sagen wir, riesigen Tankern die Energie nach Ungarn zu transportieren, sagen wir Öl oder Gas, doch ist Ungarn nicht in dieser Situation. Es kommt in Rohren zu uns, was wir benötigen, und das Rohr hat zwei Enden: Es startet von dort, es kommt hier an. Man kann also darüber erzählen und alle möglichen glänzenden Pläne schmieden, doch ist die Realität hier und jetzt, dass wenn es kommt, dann gibt es es, wenn nicht, dann gibt es es nicht. Und wir können es durch nichts von anderswo ersetzen. Und wenn es nicht kommt, dann tritt nicht ein, dass der Preis der Energie um drei-vier Forint höher sein wird, sondern die ungarische Wirtschaft bleibt ganz einfach stehen, denn es wird kein Öl, es wird kein Gas geben. Deshalb kämpfe ich beinahe sehr, unerschütterlich gegen den europäischen Standpunkt, der die Sanktionen auf das Öl und das Gas erweitern will, denn das wäre für Ungarn mit schwerwiegenden Konsequenzen verbunden, mit denen wir nicht umgehen könnten.

  • Bereits während des Irakkrieges hat man das Gefühl gehabt, die großen Jungs auf dem Platz, die Großmächte der Welt lassen jeden Konflikt in der Welt entstehen, da die Energie von irgendwem besorgt werden muss, das steht im Mittelpunkt, das ist die Schlüsselfrage. Und wie merkwürdig es auch jetzt doch ist, dass auf der Nebenspur des Krieges schon ein gewaltiger amerikanisch-europäischer Gasliefervertrag abgeschlossen worden ist. Jedoch, nur wie Sie es sagen, ist es überhaupt nicht sicher, dass dies jene Abhängigkeit löst, unter der die Europäische Union leidet. Wie sehen Sie es, wie lange dauert es, denn darüber gibt es auch eine große Diskussion, und wie kann man die Abhängigkeit von den russischen Energieträgern verringern?

Wir haben darauf eine ungarische Antwort. Wir haben die Antwort ausgearbeitet, dass wir in dem kommenden Jahrzehnt die Struktur der ungarischen Energieproduktion auf die Weise umformen, dass sie zum Großteil aus nuklearen Quellen entstammen wird, und der andere Teil aus Sonnenenergie. Und diese beiden machen mehr als 90 Prozent unseres Energiebedarfs aus. Das ist ein in absehbarer Entfernung liegender Zeitpunkt, daran muss man arbeiten, es kostet auch viel Geld, doch ist es möglich, es ist zu verwirklichen. Wir haben also einen nationalen Plan. Natürlich wird es immer einen bestimmten Teil aus Russland kommender Energiequellen geben, doch ist es nicht unser Ziel, dass nichts von dort kommen soll, sondern das Wesentliche ist, dass wir nicht davon abhängen, es immer auch andere geben soll und wir nicht ausgeliefert sind.

  • Wie kann man das den Wählern in Ungarn verständlich machen, dass das, was die Opposition empfiehlt, ganz einfach ein Nonsens ist, also einfach die Hähne zudrehen… Unfassbar, was diese Menschen wollen.

Meiner Ansicht nach verstehen die ungarischen Menschen das genau. Die Politiker pflegen unsicher zu sein, ob die Wähler fähig sind, zusammengesetzte und komplizierte Fragen zu durchschauen. Ich empfehle immer, uns daran zu erinnern, dass es einen Abschnitt in unserem Leben gegeben hat, als wir noch keine Politiker waren, und trotzdem haben wir die Dinge ganz gut durchschaut, wir dürfen also ruhig annehmen, dass die Menschen dazu fähig sind. Und jetzt, wo ich im Land herumfahre und Wahlkampf mache, denn das ist noch kein Rennen, das gelaufen wäre, also diese Wahlen sind noch nicht entschieden, hier muss man noch in den kommenden sechs Tagen arbeiten, ich fahre also im Land und spreche mit den Menschen, und ich muss sagen, dass dieses komplizierte geopolitisch-wirtschaftliche System von Zusammenhängen, was der russisch-ukrainische Krieg und das ungarische Verhältnis dazu ist, das verstehen die ungarischen Menschen kristallklar und deutlich. Wir müssen also nicht erschrecken, das ist nicht nur ein großartiges Volk, das den in Not Geratenen hilft, sondern

unser Volk ist ein kluges Volk, es durchschaut die Dinge, es versteht, worum es geht. Ich befürchte nicht, dass am Wochenende das ungarische Volk aus dem Grund eine schlechte Entscheidung trifft, weil es nicht gewusst hätte, worum es bei den Wahlen geht: Sie verstehen es, sie wissen es.

  • Sie haben mich auf eine Erscheinung aufmerksam gemacht, über die ich, ehrlich gesagt, nicht gedacht hätte, dass ich darüber in meinem Leben noch werde nachdenken müssen. Unsere Eltern, Großeltern haben viel über das während des Zweiten Weltkrieges und dann in den fünfziger Jahren in der Zeit des so genannten „Leerfegens der Dachstühle“ tobende Hungern erzählt. Und jetzt erscheint die Gefahr dessen. Inwieweit ist Ungarn dem ausgesetzt?

Ganz Europa ist dem ausgesetzt. Es ist eine kleine Geschichte, aber lehrreich – ich hoffe, auch die Zuschauer wissen sie zu schätzen –, dass als die Russen die Krim besetzten und die Europäische Union zuerst Sanktionen einführte, was wir im Übrigen nie unterstützt haben, denn

unserer Ansicht nach lösen Sanktionen gar nichts,

siehe das Beispiel der Krim, das gut zeigt, dass die Sanktionen hier zu keinem Ergebnis geführt haben, doch als das geschah, hat Russland noch Getreide importiert. Es war also darauf angewiesen, dass wir von außen Getreide dorthin transportierten. Wir, Ungarn, haben damit ein gutes Geschäft gemacht, auch wir haben dorthin geliefert.

Doch nachdem die Russen unter das Embargo gesetzt worden waren, haben sie ihren eigenen Getreideindustriezweig entwickelt, und heute sind sie einer der größten Getreideexporteure in der Welt.

Damit will ich nur sagen, dass Russland und die Ukraine zwei Länder sind, die bei der Versorgung der Welt mit Getreide eine herausragende, eine nachdrückliche Rolle spielen. Und es besteht jetzt eine ernsthafte Chance dafür, dass die Produktionsmenge der beiden Länder ausfällt. Dies bedeutet, dass sie in anderen Teilen der Welt fehlen wird. Und dann wird es Hunger geben, denn wenn es kein Getreide gibt, dann gibt es Hunger. Der arabische Frühling ging aus einer Hungerrevolte hervor, aus einer Hungerrevolution wegen der großen Preiserhöhungen, wenn wir uns noch daran erinnern können. Es kann also nicht nur einfach in Europa einen Getreide- und Lebensmittelmangel geben, sondern diese Situation kann sich auch an Punkten der Welt ergeben, dort im Übrigen großes Übel verursachend, an die man gar nicht denken würde. Was uns anbetrifft: Uns droht, da der Preis des Getreides ansteigen wird, denn die russischen und die ukrainischen Kapazitäten entfallen, der Preis des Getreides wird ansteigen, und wenn man den Landwirten einen guten Preis anbietet, den Produzenten in Ungarn, dann werden sie es vermutlich auch verkaufen.

Und es kann die Situation entstehen, dass die Ausländer unsere Getreidevorräte aus Ungarn zu einem hohen Preis hinaussaugen, und dann bleibt hier nichts, und dann müssen wir zu einem noch höheren Preis importieren,

wenn wir einfach, wenn wir überhaupt an Getreide kommen können. Deshalb müssen wir also solche Notbremsmechanismen einbauen, damit diese Situation sich nicht herausbilden kann. Doch seriöse Länder, z.B. Frankreich denken bereits über Lebensmittelkarten nach, sie stellen schon solche Systeme auf, es kann vorkommen, dass dieser ganze Krieg, wenn er sich in die Länge zieht, blutig und schmerzhaft bleibt, eine derartige Wirkung auf die europäische Wirtschaft haben wird, dass bestimmte Produkte der Lebensmittelindustrie nicht in ausreichender Menge zur Verfügung stehen.

  • Und es ist die Ironie des Schicksals, dass gerade die bereits erwähnten Postkommunisten Sie einen Kommunisten nennen werden, da der Staat auf diese Weise in den freien Handel eingreift.

So schwer wiegt das nicht, was sie sagen; in ideologischen Fragen würde ich bei ihrem Vorleben eher sagen: „Immer mit der Ruhe!“ Ich habe also nicht zufällig bereits am ersten Tag des Krieges den Ausdruck „strategische Ruhe“ gebraucht. Hier gibt es also große Angelegenheiten, es geht um ernste Dinge, man darf nicht überhastet handeln, man darf nicht hin- und herreden, man muss entschlossen und schnell sein, aber überlegt. Hier sind jetzt nicht die ideologischen Debatten und die politischen Diskussionen interessant.

Hier gibt es ernsthafte Dinge: Wird es Energie, wird es Gas, wird es Öl, wird es Getreide, wird es Lebensmittel geben? Muss man Soldaten nach außerhalb der Grenzen senden oder bleibt uns das erspart und der Frieden bleibt?

Das sind jetzt also hohe Einsätze, und in solchen Momenten denke ich, dass die Besonnenheit, die Ruhe, die Erfahrung, und die Fähigkeit, sich über die tagespolitischen Debatten zu erheben: Das ist heute die beste Währung.

  • Die Zuschauer von Hír TV senden uns regelmäßig bitten, wir sollen Sie ermuntern, viel häufiger die großartigen Ergebnisse aufzuzählen, die diese Regierung in den vergangenen zwölf Jahren erreicht hat. Doch jetzt ist die Sache schon schwerwiegender, praktisch droht die Gefahr, dass wenn es nicht gelingen sollte, die Regierungsarbeit fortzusetzen, dann geraten diese Ergebnisse in Gefahr. Heben wir die Einsätze für die Wahlen an.

Aber der Wahlkampf hat ja so angefangen. Also der Wahlkampf begann damit, „die Tomate ist rot geworden und nicht grün, Ungarn geht nach vorne und nicht zurück“. So begann der Wahlkampf, dass es bei der Entscheidung der Menschen, bei den Parlamentswahlen darum gehen wird, ob dann Ungarn dorthin zurückgehen soll, wo wir vor 2010 gewesen waren, sagen wir in den Zeitraum der linken Regierung à la Gyurcsány, oder sollen wir unsere Ergebnisse bewahren und die Arbeit fortsetzen, die wir angefangen haben.

  • Sie haben ja doch vor 2010 die dreizehnte Monatsrente weggenommen,
  • sie haben einen Monatslohn weggenommen,
  • sie haben dort die Menschen in die Schuldenfalle in Fremdwährungen gelockt,
  • sie haben jene Form des Systems der Unterstützung der Familien gestrichen, das wir zuvor geschaffen hatten,
  • sie formten das frühere System der Wohnungsunterstützung um,
  • der Durchschnittslohn war vor 2010 so hoch wie jetzt der Minimallohn…

Ich denke also, ich dachte, wir werden die Menschen davon überzeugen müssen, dass wir nicht wieder dorthin zurückgehen sollten, wo wir einmal schon waren, und es war schlecht, dorthin sollten wir uns nicht zurückwünschen.

So war es bis zum Krieg. Und der Krieg kam. Und in dem Moment haben sich die Einsätze erhöht: Leben-Tod, Friede-Krieg, Sicherheit. Das sind die großen Fragen geworden.

  • Im Übrigen versuchen sie ihren Unsinn auf die Weise in Ordnung zu bringen, dass sie jetzt schon behaupten, sie würden keinesfalls auch nur irgendeine gute Maßnahme zurückziehen, sie werden es auch so machen, wie es die Fidesz-Regierung getan hat. Sie sind ein routinierter Politiker, wie sehr stellt dies eine Gefahr dar oder was kann man dagegen noch in den kommenden sechs Tagen tun?

Die wichtigste Sache ist vielleicht, dass wir es mutig aussprechen sollten: Ganz gleich, ob dies uns gefällt oder nicht, diese Wahlen sind noch nicht gelaufen. Sie sind noch nicht gelaufen, das ist eine offene Auseinandersetzung. Wahlen besitzen immer einen geheimnisvollen Teil. Die Messungen analysieren zwar, aber es geht doch darum, dass mehrere Millionen Menschen hingehen und in einer gegebenen Angelegenheit ihre Meinung zum Ausdruck bringen. Dies umfasst auch immer einen durch Messungen nicht erkundbaren, geheimnisvollen Teil, ganz gleich, was die Umfragen auch anzeigen, es kann dort immer etwas geschehen. Das hat auch eine ganz biblische Grundlage. Jesus, Barabbas.

Man erwartet also ganz vergebens, dass es aufgrund des nüchternen Verstandes klar ist, wie man wählen müsste, und es auch aufgrund der Ergebnisse der vergangenen zwölf Jahre ziemlich klar ist, dass nur der Fidesz den Frieden, die Sicherheit und die erreichten Ergebnisse verteidigen kann.

Und es ist klar, dass jetzt sich jene zum Regieren des Landes melden, die vor 2010 das Land kaputtgemacht haben, warum müsste man also für sie stimmen, wir können also uns gegenseitig im Laufe von drei Sekunden fünf ausgezeichnete Argumente liefern. Doch trotzdem gehen mehrere Millionen Menschen wählen, und dort entscheidet es sich, was das Ergebnis ist, unabhängig davon, was wir denken. Das ist also noch kein Match, das bereits gelaufen wäre, nie ist irgendeine Wahl ein Match, das bereits gelaufen wäre.

Man muss also hingehen. Mein erster Rat an alle lautet, unbedingt wählen zu gehen.

Mein zweiter, dafür zu sorgen, dass man nicht nur alleine geht, sondern die ähnlich Eingestellten, die genauso denken wie man selbst, die ähnliche Argumente akzeptieren, die soll man mitnehmen: Freunde, Familienmitglieder, Arbeitskollegen. Und wenn wir alle hingehen, wird es auch das Ergebnis dessen geben, aber nur dann.

  • Es wird aber nicht nur Parlamentswahlen geben, sondern auch eine Volksabstimmung. Die Mutter ist eine Frau, der Vater ist ein Mann, und man soll unsere Kinder in Ruhe lassen. Frappanter als das kann man es kaum zusammenfassen, doch würde ich Sie jetzt trotzdem darum bitten, die Menschen ein bisschen ausführlicher davon zu überzeugen, nicht auf jene zu hören, die sagen, wir sollten den Stimmzettel ungültig abgeben, dass dies wichtig sei.

Ich muss sagen, ich habe auch hierzu lauter gute Erfahrungen gesammelt.

Denn zuerst hatte auch ich gedacht, wir würden über eine kulturelle Erscheinung sprechen, das Auseinanderdividieren, die Umstrukturierung der Familien, die Unterstützung der das Geschlecht verändernden Operationen, über die den Kindern vorgesetzte sexuelle Propaganda,

die die ungarischen Menschen nicht als eine ernsthafte Sache betrachten. Im Westen ist das schon ernst, doch wegen unseres nüchternen Verstandes und unserer natürlichen Widerstandskraft gewinnt dies nur langsam an Boden in Mitteleuropa, auch die anderen Länder halten sich gut, hinauf von den Kroaten ganz bis zu Polen. Ich denke also, wir werden den Menschen erklären müssen, „Schauen Sie, hier gibt es eine kulturelle Erscheinung, die in Westeuropa beinahe schon unbegrenzt destruktiv wirkt. Und wenn Du in Westeuropa Dein Kind in die Schule schickst, kannst Du nicht sicher sein, ob ihm an dem Tag nicht irgendein Aktivist mit einer gemischten Identität erklärt, im Übrigen einem Kind, das in einem Alter ist, in dem es aufnahmefähig ist, dass es im Grunde gar nicht sicher sei, ob Du ein Junge bist, und Du könntest eigentlich, auch wenn Du ein Junge sein solltest, auch eine Frau sein, das hängt nur von Dir ab, und ähnliche Dinge. Dies ist also in Westeuropa ein alltäglicher Teil der Probleme der Familien und der Erziehung der Kinder.“ Und ich dachte, dies müsse man den Menschen vorstellen, denn das wissen sie nicht. Doch hat sich herausgestellt, dass sie es wissen.

Also die ungarischen Menschen wissen es genau, dass es im Westen einen Wahn gibt, einen Genderwahn, der die grundlegendsten, sicheren Fixpunkte des Lebens attackiert, sie bewegt, diese umformen möchte. Sie wissen, dass dieses Übel an die Tür klopft,

und deshalb ist es so, dass laut aller Erhebungen bei den Wahlen, also an der Volksabstimmung, die Teilnahme hoch sein wird, und weit alle Parteigrenzen überschreiten wird. Ich sehe also, dass unsere traditionelle Auffassung von der Familie und unsere Ordnung des Lebens, in der wir unser Leben leben, deren Unterstützung befindet sich auf einem sehr hohen Niveau, und die Trennlinie zwischen Links und Rechts wirkt hier beinahe gar nicht, denn

es geht einfach nur darum, ob wir auch weiterhin unser Leben normal gestalten möchten oder auf ein Abenteuer eingehen, dass man durch unsere Kinder das auf den Kopf stellt,

was wir als einen sicheren Punkt in unserem Leben empfinden. Und auch hier habe ich sehr gute Eindrücke: Die Menschen stehen fest, selbstbewusst auf ihren Füßen, sie haben eine entschiedene Meinung, hier ist nur die Frage, ob sie wählen kommen und ihre Meinung über den Genderwahn mit Hilfe von viermal „Nein“ zum Ausdruck bringen.

  • Wir pflegen uns unter uns damit zu ermuntern, dass wenn diese Volksabstimmung das entsprechende Ergebnis haben wird, dann werden Sie es in Brüssel viel leichter haben. In jenem Brüssel, in dem das Europäische Parlament zum Beispiel schon einen Beschluss gefällt hat, nach dem auch Männer Kinder auf die Welt bringen können. Welche Chancen besitzt noch unsere Denkweise, über diesen Wahn triumphieren zu können?

Wir sind in der vierundzwanzigsten Stunde, dieser Zug ist also noch nicht abgefahren. Das Übel ist bereits groß, er ist aber noch nicht abgefahren. Ich kämpfe also nicht nur für Ungarn in dieser Angelegenheit, ich sehe, dass auch

in den anderen mitteleuropäischen Ländern ähnliche Kämpfe um die Werte ausgefochten werden, und dort stehen Menschen wie wir dem Sieg näher. Meiner Ansicht nach kann Mitteleuropa sich festigen.

darüber weiß man in Ungarn nichts, doch die erste Regelung des Typs, wegen der man uns in Brüssel attackierte, erfolgte noch am 12. 11. 2010 in Litauen, wo dieses Gefecht sich bereits einmal ereignet hat, nur ist es ein kleines Land, wir haben nicht darauf geachtet. Doch zeigt es sehr gut, Mitteleuropa verspürt dieses Übel und möchte seine Kinder, möchte seine Familien schützen. Und soweit ich das sehe, beginnen auch in Westeuropa die Gegenwirkungen sich herauszubilden, auch dort gibt es sehr viele Familien, die eine traditionelle Lebensweise verfolgen. und die sich schon jetzt gefährdet sehen. Wenn also Mitteleuropa durchhält, dann kann es auf diesem Gebiet eine ganze europäische Veränderung starten.

  • Friede, Sicherheit, Glaube, die Zukunft unserer Kinder, das wird kein leichter Sonntag.

So etwas habe ich noch nicht gesehen, ich hatte geglaubt, ich werde jetzt bald sechzig Jahre alt sein, ich habe geglaubt, mir könne man in der Politik kaum noch etwas Neues zeigen. Wir waren ja sechzehn Jahre in der Opposition, sechzehn Jahre an der Regierung, und es gab Rotschlamm, Hochwasser, Epidemie und die Finanzkrise in 1999, als statt Jelzin Putin kam. Ich dachte, diese Dinge würden sich höchstens wiederholen, wenn es Probleme geben sollte.

Aber dass es eine Situation geben wird, in der wir eine Pandemie hinter uns, neben uns einen Krieg, vor uns eine vollkommen unsichere, gefährliche europäische Lage haben werden, nun, damit habe ich nicht gerechnet,

bei diesen Wahlen geht es selbst für so ein altes Schlachtross wie mich um viel, um viel mehr, als ich jemals gedacht habe.

  • Wir gehen also am Sonntag und setzen uns ein. Ich danke Ihnen, dass Sie zu uns gekommen sind! Ich danke Ihnen, dass Sie uns all das erzählt haben! Bei den Zuschauern bedanke ich mich für Ihre Aufmerksamkeit! Sie hörten Viktor Orbán, Ungarns Ministerpräsidenten. Auf Wiedersehen!

Das Interview hat Otto Gajdics geführt.

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