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Variationen nach einem Thema: 2. Europas Nationalisten

Am Gründonnerstag trafen Viktor Orbán, Matteo Salvini und Mateusz Morawiecki in Budapest um die Positionen von Fidesz, PiS und Lega abzustimmen. Europas Nationalisten wollen eine neue Plattform gründen – schreibt die FAZ – , weil Viktor Orbán für sich weiter eine repräsentative Bühne braucht. Die Alliierten konkurrieren aber miteinander und es gibt auch Differenzen zwischen ihnen über die Bewertung Russlands. Die Christdemokraten sollen Vertretung und Gewicht in Europa erhalten – so die Budapester Zeitung. Darauf verständigten sich die Teilnehmer des Dreiertreffens, es formiert sich eine neue konservative europäische Parteienallianz. Zwei Blickwinkel, zwei Beurteilungen, Variationen nach einem Thema.

2. Rechte Osterbotschaft aus Budapest

2. April, 2021 nach Frankfurter Allgemeine Zeitung von GERHARD GNAUCK, STEPHAN LÖWENSTEIN, MATTHIAS RÜB

Im ungarischen Staatsfernsehen hatte Viktor Orbán „eine Plattform, eine Organisation, einen Prozess“ angekündigt, ehe er am Donnerstag in Budapest Mateusz Morawiecki aus Polen und Matteo Salvini aus Italien zu einem Gespräch unter europäischen Rechten empfing. Denn es gelte, Hunderten Millionen Europäern eine politische Vertretung in der EU zu sichern. Freilich geht es vorerst vor allem darum, 17 Europa-Abgeordneten von Orbáns Partei Fidesz nach deren Ausscheiden aus der Europäischen Volkspartei (EVP) ein neues politisches Dach zu bieten. Und ihm selbst wieder eine repräsentative Bühne auf dieser Ebene.

Morawiecki, der polnische Ministerpräsident, und Salvini, von dem Orbán vorerst nur im Ton der Hoffnung als künftigem Regierungschef in Rom sprechen konnte, führen solche politischen Zusammenschlüsse an und würden eine Aufnahme von Fidesz wohl befürworten. Das Problem an der Sache ist: Es sind zwei Parteienfamilien, die miteinander konkurrieren. Auf der einen Seite stehen die Europäischen Konservativen und Reformer (EKR) mit der polnischen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS)  als Führungskraft, auf der anderen Seite die Gruppe Identität und Demokratie (ID) unter Führung von Salvinis rechtsnationalistischer Partei Lega. Zwar kamen die drei am Donnerstagabend zu einer gemeinsamen Pressekonferenz zusammen, auf der man einander eifrig lobte. Aber von einer neuen „Plattform“ oder einer „Organisation“ war keine Rede.

Salvini verfolgt das Projekt der Einigung der europäischen Nationalisten seit langem. Die auf Salvinis Betreiben entstandene Parteienfamilie ID konnte 74 der 705 Mandate erringen. Die Lega steuert 27 Sitze bei, die zweitstärkste Kraft bei ID ist Marine Le Pens Rassemblement National (RN) mit 20 Sitzen, die AfD hat elf Mandate.

Die PiS fühlt sich als Führungskraft wohl in ihrer Parteienfamilie. Ko-Fraktionschef Legutko sagte kurz vor dem Budapester Treffen selbstbewusst: Die PiS habe einen stabilen Rahmen, während Orbáns Fidesz sich „im Vakuum“ befinde und Salvinis Lega in einer anderen Gruppe zu Hause sei. „Natürlich laden wir Fidesz gerne zu uns in die EKR ein“, sagte Legutko. Und Salvinis Lega auch, fuhr er fort, „aber die Entscheidung liegt bei unseren italienischen Verbündeten“.

Unterschiedliche Bewertung Russlands

Regierungschef Morawiecki sprach in Budapest sehr zurückhaltend, nahm als Hauptfeind die Pandemie ins Visier und ließ Differenzen unerwähnt – etwa über die Bewertung Russlands: Orbán und Salvini bekennen sich zur Freundschaft mit dem russischen Präsidenten Putin und mit Russland insgesamt. Von Warschau aus betrachtet, ist Moskau die maßgebliche Bedrohung von Stabilität und Frieden. Man habe „Grundprioritäten“ festgelegt, sagte Morawiecki: die Nato als „wichtigste Plattform für die Sicherheit“, aber auch eine „vertiefte europäische Integration dort, wo sie nötig ist“. Zugleich nannte er „Respekt vor Souveränität, Freiheit und europäischen Werten wie Familie, die Würde des Einzelnen, Christentum“. Diese Werte müssten verteidigt werden.

In die gleiche Kerbe hieb Orbán. Er nannte „Freiheit, Menschenwürde, Christentum, Familie und nationale Souveränität“ als gemeinsame Werte. Auch sei

man sich einig in der Ablehnung „eines von Brüssel gesteuerten europäischen Empire und des Kommunismus, von illegaler Migration und von Antisemitismus“.

Von Salvini von Orbán als einem „Helden“, weil er während dessen Amtszeit als Innenminister in Rom die illegale Immigration beendet habe. Man müsse der „lächerlichen“ Behauptung entgegentreten, dass die Rechte extremistisch sei, während die Linke stets als gemäßigt dargestellt werde. Salvini selbst wollte in dem Dreiertreffen von Budapest den ersten Akt einer „europäischen Renaissance und Auferstehung“ sehen und sprach von einem „historischen Tag“:

„Wir arbeiten darauf hin, die stärkste politische Gruppe in Europa zu werden, die Mehrheit eines schönen, jungen, gastfreundlichen und glücklichen Europa repräsentieren“

Originaltext: https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/europas-nationalisten-rechte-osterbotschaft-aus-budapest-17275913.html?premium

Bildquelle: https://www.kisalfold.hu/

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