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Die ungarische Minderheit in Rumänien ist allein auf sich gestellt

17. Mai 2025 Mandiner von Szilárd Demeter

Die Ungarn aus Siebenbürgen werden nicht für Simion stimmen. Nicht nur deswegen nicht, was er getan oder gesagt hat, sondern auch des Gestankes wegen, welcher aus den Securitate-Kräften (ehem. Rumänischer Geheimdienst) in seinem Hintergrund herausströmt.

Es sind genau dieselben Leute, die 1990 die anti-ungarischen Pogrome in Marosvásárhely (Neumarkt am Mieresch) und die Bergbauernaufmärsche in Bukarest organisiert und die von Ceausescu begonnene Assimilationspolitik in den letzten 35 Jahren fortgesetzt haben.

In der zweiten Hälfte der 1990er Jahre habe ich diesen Geruch bei der Straßenschlägerei in Kolozsvár (Klausenburg) kennengelernt, meine Nase wurde da tief hineingestoßen. Ich habe allerdings immer noch viel mehr Glück gehabt als die Generation meiner Eltern, von denen einige im Gefängnis, mit Handschellen an einen Heizkörper gefesselt im Milizgebäude oder am Donaukanal lernen mussten,

dass die seit tausend Jahren hier lebende autochthone ungarische Volksgemeinschaft im erst hundert Jahre alten Rumänien kein Recht hat, ungarisch zu fühlen, zu denken oder zu sprechen.

Vorläufigen Umfragen zufolge werden Millionen von Rumänen für Simion stimmen. Die das Gleiche denken wie Simion. Selbst wenn Dan Nicusor gewinnt, werden sie nicht über Nacht zu „Europäern“, was immer dieses Wort auch bedeuten mag (meiner Erfahrung nach bedeutet es vor allem Heuchelei, aber egal).

Wir müssen etwas mit ihnen anfangen, denn wir leben mit diesen Menschen zusammen. 

Hannah Arendt hat nach den Schrecken des 20. Jahrhunderts darauf aufmerksam gemacht, aber wir wollen es immer noch nicht wirklich verstehen: Deine individuellen Menschenrechte sind nur so viel wert, wie viel davon deine unmittelbare, dich umgebende Gemeinschaft durchzusetzen vermag. Wenn man schwach ist oder keinen gemeinschaftlichen Schutzschild besitzt, kann man sich seine Menschenrechte abschminken. Ich habe in den letzten 35 Jahren viele Probleme mit der RMDSZ (Demokratische Union der Ungarn in Rumänien), der Partei der Ungarn in Rumänien gehabt, ich habe sie alle beschrieben, wir haben sie diskutiert, aber die Tatsache bleibt, dass unsere einzige politische Vertretung in Bukarest nun mal RMDSZ heißt.

Wir müssen aufzeigen, dass die Kraft der Gemeinschaft hinter ihr steht.

Gehen wir zur Wahl, damit die Botschaft in den ungarischen Regionen klar ist: Wir haben nicht nur Vergangenheit, wir existieren nicht nur jetzt, sondern wir werden auch in der Zukunft da sein. Und lassen wir nicht zu, dass die ungarische Opposition dies für ihre innenpolitischen Zwecke ausnutzt. Jetzt sind es genau die Intellektuellen, welche gegen die Politik der ungarischen Nation als Ganzes wettern, die sich gegen eine ethnisch geprägte Politik aussprechen, denn ihre Grundposition ist, dass die Zeit der Nationen vorbei sei, dass wir multikulturelle Europäer sein sollten, dass in den Vereinigten Staaten von Europa (sic!) der Löwe mit dem Lamm weidet und dass Liberale jeglichen Geschlechts in regenbogenfarbenen Tangas zum rhythmischen Beifall des illegal eingereisten muslimischen Fundamentalisten tanzen.

Simion mit seiner Unterstützung ist die Realität, welche bei den etepeteten Progressiven die Tür brutal eingetreten hat. #Bezzegromania (ein Ausdruck, dass es den Menschen in Rumänien besser ginge als in Ungarn) hat ohnehin nur in den Köpfen der liberalen Vorbeter (Boróka Parászka, Stefano Bottoni, Krisztián Nyáry, Andrea Tompa, etc.) existiert. Und anstatt daraus Schlussfolgerungen zu ziehen, werfen sie tote Katzen über den Zaun. Die ziemlich eindeutige Schlussfolgerung liegt auf der Hand: Wir sollten die ethnisch geprägte Politik nicht durch einen ideologischen Zusammenschluss von Genossen ersetzen, sondern

wir sollten die nationale Interessenvertretung stärken.

Die rumänische Elite hat ein ähnliches Problem: Sie benutzt ihre Diplome, um eine Masse von Wählern zu überzeugen, die von den Akademikern genervt ist, weil sie sich betrogen fühlt. Die rumänische Elite hat Rumänien nicht nur nicht groß gemacht, sondern es in den letzten 35 Jahren praktisch kiloweise verkauft und Millionen von Rumänen gezwungen, im Ausland Gastarbeiter zu werden. Diese Menge ist nun wütend. Nur: Da die Mehrheit der rumänischen Elite unausgesprochen genauso chauvinistisch und ungarnfeindlich ist wie Simions Wähler (man denke nur an ihre weltberühmten intellektuellen Vorgänger wie Mircea Eliadera oder Emil Cioran, quasi an die faschistische Eiserne Garde), werden sie eine gemeinsame Basis finden.

Es kommt also nicht so sehr darauf an, wer am Sonntag gewinnt, sondern was ab Montag passiert.

Es wird eine schwierige Zeit kommen, denn die Eliten in #Bezzegromania haben die Zukunft Rumäniens verspielt, und der Geist des Nationalkommunismus ist wieder unter uns. Die letzten drei Jahrzehnte der Europäischen Union haben immer wieder gezeigt, dass die Rechte der einheimischen, in ihren angestammten Heimatländern, in ihrer Geburtsregion lebenden europäischen Volksgruppen den hochverehrten Damen, Herren und anderen sozialen Geschlechtern in Brüssel völlig egal sind. Mit anderen Worten: Wir sind auf uns allein gestellt.

Es gibt keine Politiker, keine Partei im Mutterland Ungarn, welche die Arbeit des RMDSZ in Bukarest übernehmen könnten, aber sie können helfen, die Interessen des RMDSZ als starken Schutzschild im Mutterland zu vertreten. Mit den Serben und Slowaken konnte man sich auf der Ebene der großen Politik verständigen und die Rumänen werden, wie bisher in ihrer Geschichte üblich, in letzter Minute zum Sieger überlaufen. Wenn die patriotische Politik siegt, werden sie bei uns sein; wenn das Projekt der Vereinigten Staaten von Europa über die Nationen siegt, werden sie auf der großen politischen Bühne auf diesem Kontinent die größten anzunehmenden Europäer sein.

Aber das ist noch ein weiter Weg, bis dahin müssen wir den Alltag gestalten. Wir haben eine einzige Chance:

Es muss uns gelingen, uns an diesem Sonntag in Rumänien als geeinte politische Gemeinschaft zu zeigen.

Gehen wir an die Urnen, um deutlich zu machen, dass man mit den über eine Million Ungarn in Siebenbürgen rechnen muss, egal wer im Cotroceni-Palast in Bukarest sitzt.

Wenn wir die Zukunft Rumäniens mitgestalten können, dann können Siebenbürgen und das Szeklerland auch für unsere Enkel noch lebenswürdig sein. Wenn wir die Rumänen für uns entscheiden lassen, wird es kein Transsilvanien mehr geben. Kein ungarisches, kein rumänisches, gar nichts. Und anstelle des Szeklerlandes wird es auch dort Rumänien geben. Vielleicht darf der letzte Ungar dann noch die Glocke in Csíksomlyó läuten.

Autor, Szilárd Demeter ist ein in Siebenbürgen geborener Philosoph, politischer Analyst, Generaldirektor des ungarischen Nationalmuseums

Deutsche Übersetzung: Dr. Andrea Martin

MAGYARUL: https://mandiner.hu/kulfold/2025/05/erdelyi-magyar-ember-simionra-nem-szavaz-messzirol-buzlik-a-mogottes-erok-szekus-gunyaja

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