12. November 2025 Budapester Zeitung von Jan Mainka
Einer der Referenten der kürzlichen internationalen Migrationskonferenz in Szeged war Manuel Ostermann, seit 2023 erster stellvertretender Bundesvorsitzender der Bundespolizeigewerkschaft DPolG. Die Budapester Zeitung unterhielt sich mit ihm über die Eindrücke seiner dreitägigen Ungarnreise sowie die innere Sicherheit in Deutschland.
Mussten Sie lange nachdenken und eine Risikoabwägung vornehmen, bevor Sie die Einladung nach Ungarn annahmen?
- Mussten Sie lange nachdenken und eine Risikoabwägung vornehmen, bevor Sie die Einladung nach Ungarn annahmen?
Ich habe mir natürlich genau angesehen, worum es geht. Danach habe ich aber nicht lange gezögert und zugesagt. Insbesondere fachliche Gründe haben mich dazu bewogen. Dass ich mit meinem Besuch in den Augen von einigen Kritikern bestimmt Kontaktschuld auf mich lade, interessiert mich nicht. Ich lasse mir nicht diktieren, wo ich spreche, mit wem ich spreche und wie ich spreche. Bewerten sollte man auch nur das, was ich sage, und nicht, wo ich es sage. Ich kann daher in einer Reise nach Ungarn nichts Verwerfliches sehen. Ich habe in den drei Tagen hier nur mit zuvorkommenden, netten Menschen zu tun gehabt. Es gab nichts „Anrüchiges“, nichts Widersprüchliches. Das ganze Gegenteil war der Fall. Im Übrigen erweitert so eine Reise ja auch immer den Horizont! Ich plädiere sehr dafür, weniger übereinander und viel mehr miteinander zu reden.
- Welche Kontakte gab es in Ungarn zu Kollegen? Wie sind Ihre Eindrücke?
Gleich am ersten Tag war ich zu Besuch im Innenministerium. Da konnte ich mit mehreren stellvertretenden Staatssekretären sowie einem Oberstleutnant, der für die Grenzpolizei zuständig ist, sprechen. In den Gesprächen ging es um die innere Sicherheit, die Wertschätzung von Polizeibeamten sowie Fragen der Migration. Außerdem informierten mich meine ungarischen Kollegen über die von ihnen eingesetzte Grenzkontrolltechnik sowie über geplante weitere Innovationen. Das, was ich gehört habe, hat mich nachhaltig beeindruckt.
Ich habe insgesamt sehr gastfreundliche, zuvorkommende und sachorientierte Politiker und Kollegen kennenlernen dürfen. Einen Gedanken habe ich in den Gesprächen immer wieder gehört, den ich sehr großartig finde:
der Schutz der eigenen Bevölkerung und insgesamt aller Menschen, die in Ungarn leben, steht an oberster Stelle.
Meine Gesprächspartner ließen auch ein großes Interesse daran erkennen, eine europäische Einigkeit und Solidarität herzustellen, weil auch sie ein großes Interesse an einem freien und geeinten Europa haben. Das hat mich auch insofern fasziniert, weil in Deutschland gerne der Eindruck vermittelt wird, in Ungarn verhalte es sich genau umgekehrt. Bei all meinen Gesprächen vor Ort habe ich jedenfalls keine Bestätigung für das in Deutschland vermittelte eher negative Bild von Ungarn und den Ungarn erhalten.
- Am zweiten Konferenztag stand ein Besuch der Grenze in der Nähe von Szeged auf dem Programm. Wie waren Ihre Eindrücke?
Ich bin sehr beeindruckt von der polizeitaktischen Aufstellung, von den technischen Gegebenheiten und vom professionellen Vorgehen gegen Störer. Ich habe persönlich von keinerlei willkürlich getroffenen rechtswidrigen Maßnahmen erfahren. Stattdessen habe ich eine hochprofessionell arbeitende Grenzschutzpolizei erlebt, die übrigens sehr wertschätzend über Europa gesprochen hat. Die ungarische Grenzschutzpolizei leistet eine hervorragende Arbeit. Ihr Arbeitsalltag ist von unfassbar viel Gewalt durch Grenzverletzer geprägt.
Wenn wir von europäischer Integration und Zusammenhalt sprechen, dann ist es von entscheidender Bedeutung, dass wir selbstverständlich auch Ungarn als verlässlichen Partner beim Kampf gegen die illegale Migration ansehen.
Schließlich schützt Ungarn eine wichtige Schengen-Außengrenze und sorgt maßgeblich dafür, dass der Migrationsdruck nach Europa verringert wird.
- Wurde sich in den Gesprächen mit Ihnen über die fehlende Wertschätzung von Seiten Deutschlands und der EU beklagt?
Nein. Obwohl die Ungarn allen Grund hätten. Momentan ist bei uns von offizieller Seite nichts an Wertschätzung gegenüber der Arbeit der ungarischen Grenzpolizisten zu spüren, ganz im Gegenteil, leider!
- Was nehmen Sie von Ihrem Ungarn-Besuch sonst noch mit?
Ich habe in dem zwar kurzen, aber sehr intensiven Zeitraum, in dem ich hier zu Gast sein durfte, eine großartige und hochprofessionelle Polizeiarbeit erlebt. Ich finde, das gehört auch nach außen kommuniziert. Dieses Schreckgespenst von „menschenverachtenden Monstern“, die da in Uniform irgendwie ihr Unwesen treiben, konnte ich zu keinem Zeitpunkt feststellen. Weder an der Grenze, noch bei meinen Gesprächen in Budapest.
- Sie sind ein eher untypischer Gewerkschafter: bei Ihnen stehen nicht irgendwelche ideologischen Projekte, der „Kampf gegen Rechts“ und Ähnliches ganz oben auf der Agenda, sondern ganz klassisch: der Einsatz für die handfesten Interessen Ihrer Kollegen. Warum ist das so?
Ich bin in erster Linie Lobbyist für die Interessen der Polizeibeschäftigten. Als solcher habe ich nach innen für bessere Arbeitsbedingungen meiner Kollegen zu sorgen. Für eine bessere Ausrüstung und für bessere gesetzliche Rahmenbedingungen. Nach außen ist es wiederum meine Aufgabe, den Polizeibeamten eine Stimme zu geben. Ich möchte dabei sehr deutlich machen: Wo steht die Polizei, wie geht es den Polizisten und was haben die Polizisten eigentlich verdient. Das ist mein Hauptjob. Wenn ich nicht bereit bin, diesen zu erfüllen, dann bin ich ein schlechter Gewerkschafter und damit auch ein schlechter Lobbyist für meine Kollegen.
Ich weiß, wie anstrengend und gefährlich ihr Dienst ist. Daher weiß ich auch, wie wichtig es ist, dass man seriös seine Stimme erhebt. Wenn das dann zur Folge hat, dass diejenigen, die mit Gewerkschaftsarbeit überhaupt nichts mehr zu tun haben oder das für sich ganz anders definieren, mich kritisieren, dann ist das ihr verfassungsrechtlich verbrieftes Recht. Deswegen muss ich das aber nicht teilen oder gut finden. Und am Ende ist es mir herzlich egal, was solche Kritiker von mir halten. Hauptsache, meine Kollegen sind mit meiner Arbeit zufrieden.