7. September, 2021 Päpstliches Komitee für die Eucharistischen Weltkongresse
Ungarn hat tiefe christliche Wurzeln. Der heilige Stephan, der erste ungarische König (1000–1038), führte das ungarische Volk in die Gemeinschaft der christlichen Völker Europas. Als eine der mittelalterlichen Dynastien brachte das Herrscherhaus Árpád eine erhebliche Anzahl an Heiligen für die katholische Kirche hervor.
Der christliche Glaube, Beständigkeit, Lehre und das Vorbild ihrer Ahnen waren dem
ungarischen Volk eine Stütze in den Stürmen der Geschichte.
Und auch heute noch gilt der Spruch: „Unsere Vergangenheit ist unsere Hoffnung, unsere Zukunft ist Christus.“
Zum letzten Mal veranstaltete Ungarn 1938 einen Eucharistischen Weltkongress, dessen Wahlspruch „Eucharistia, vinculum caritatis“ („Die Eucharistie und das Band der Liebe“) lautete. Damals herrschten in der Welt große Spannungen, und der Wunsch nach Frieden war angesichts der Gefahr eines unabwendbar scheinenden Zweiten Weltkriegs stark. In der Hymne des Kongresses sangen die Gläubigen, was auch heute noch aktuell ist:
„Vereine in Frieden, o Herr, jedes Volk und jede Nation!“,
und die Teilnahme einer halben Million Menschen an der Prozession und der Abschlussmesse wurde zu einer Art Demonstration für den Frieden unter den Völkern und gegen die Bedrohung des bevorstehenden Krieges.
Aber all dies konnte einen zweiten weltweiten Konflikt, der Ungarn Trauer und Opfer bringen sollte, nicht abwenden.
Nach Kriegsende wurden die Christen über vierzig Jahre lang von der kommunistischen Diktatur verfolgt und unterdrückt
Nachdem Orden und religiöse Kongregationen abgeschafft und viele Priester und Gläubige in Arbeitslager deportiert oder ins Gefängnis geworfen worden waren, herrschten ständige Schikane und Unterdrückung durch ein Regime, das sich für atheistisch erklärte, sämtliche katholischen Schulen mit Ausnahme von acht Gymnasien verstaatlichte und die Ausübung der Religion verbot, sodass Hunderttausende ins Ausland flohen.
In diesen Zeiten waren auch Märtyrer der Kirche, die ihr Leben für ihre Mitmenschen geopfert und damit Kraft und Hoffnung den Gläubigen gegeben haben. Hier seien einige Beispiele genannt, die die ungarische Kirche erhellt und erhalten haben.
Der Diener Gottes József Mindszenty (1892–1975), Kardinal und Erzbischof von Esztergom, wurde vom kommunistischen Staat in einem Scheinprozess zu lebenslanger Haft verurteilt, weil er mutig gegen die atheistischen Machthaber Stellung bezogen und die Kirchen- und Menschenrechte furchtlos verteidigt hatte. Der selige Teodor Romzsa (1911–1947), griechisch-katholischer Bischof von Transkarpatien, wurde auf Befehl von Stalin von der Geheimpolizei ermordet. Der selige János Brenner (1931–1957) ist einer jener Priester, dessen Schicksal das staatliche Parteienregime nutzte, um die Kirche einzuschüchtern. Als er an das Bett eines Kranken in einer Nacht 1957 gerufen wurde, wurde er unterwegs von den Männern der Geheimpolizei brutal ermordet.
Der christliche Glaube und seine Werte überlebten in den Katakomben und wurden von im Untergrund aktiven Gemeinschaften an die nachfolgenden Generationen weitergegeben. So nahm die Zahl der praktizierenden Gläubigen drastisch ab und zwei bis drei Generationen wuchsen ohne jegliche
religiöse Erziehung auf. Dies ist die Wurzel einer weit verbreiteten religiösen Unwissenheit, einer Gleichgültigkeit gegenüber dem Glauben und in manchen Fällen sogar einer gewissen Feindseligkeit gegenüber der Kirche als Folge einer jahrzehntelangen antiklerikalen Propaganda.
Nach der „Befreiung“ und dem Regimewechsel 1989 ist die religiöse Praxis in Ungarn gewissermaßen neu erblüht. Mit der Rückkehr zur Demokratie konnten Kindergärten, Schulen, Gymnasien und Universitäten in der Trägerschaft der Katholiken oder anderer christlicher Konfessionen wie-
dereröffnet werden. Einige christliche Werte flossen erneut in Politik und Gesetzgebung ein. Viele Kirchen wurden für den Gottesdienst wiedereröffnet oder neu gebaut, und christliche Gemeinschaften aller Konfessionen erhielten materielle Teilentschädigungen. Während die verschiedenen Formen des geweihten Lebens ihre Arbeit mit neuer Kraft fortsetzten, nahm die landesweit tätige Caritas ihren Dienst auf und eine wachsende Anzahl von Laien nimmt seither aktiv am Gemeinschafts und Pfarrleben teil.
In den dreißig Jahren seit 1989 hat sich jedoch auch vieles negativ verändert. Wie in anderen postkommunistischen Ländern wurde auch in Ungarn das Umfeld des Ordens- und Glaubenslebens durch Säkularisierung, Laisierung, die Suche nach materiellem Wohlstand, Relativismus und Agnostizismus geschwächt. Dies führte zu einem Anstieg des Durchschnittsalters bei den Gläubigen und rückläufigen Zahlen bei den praktizierenden Christen,
da von zehn Millionen Ungarn nur noch sieben bis zehn Prozent die Sonntagsmesse besuchen.
Die Krise hat auch das Familienleben und die priesterlichen und religiösen Berufungen erreicht, da sich der Kontakt zu jungen Menschen schwierig gestaltet. Und so verliert die Präsenz der Kirche auch in der Gesellschaft immer mehr an Bedeutung, auch wenn sich immer mehr suchende Erwachsene an die Kirche wenden, um Antworten auf grundlegende Lebensfragen zu finden.
Auszug aus den theologischen und pastoralen Überlegungen zur Vorbereitung
auf den 52. Eucharistischen Weltkongress in Budapest, Ungarn, vom 13.–20. September 2020. https://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/diverse_downloads/presse_2019/Euchar-Weltkongress-2020_Vorbereitungsdokument-Denn-bei-dir-ist-die-Quelle-des-Lebens.pdf
Magyarul:
„MINDEN FORRÁSOM BELÔLED FAKAD”
Az Eucharisztia a keresztény élet és az Egyház küldetésének forrása. Szent István Társulat, Budapest, 2019