21. April 2020, Tichys Einblick – von KRISZTINA KOENEN
Ungarns Ministerpräsident ist eine Kämpfernatur. Der entscheidende Anstoß zu seiner Abkehr vom Linksliberalismus war dessen Bündnis von 1994 mit den exkommunistischen Sozialisten unter Gyula Horn. Orbán sieht den Linksliberalismus und das EU-Projekt als eine weitere Spielart des Sozialismus.
Das erste Mal bin ich Viktor Orbán am 16. Juni 1989 begegnet. An diesem Tag wurden die von den Kommunisten Ermordeten der Revolution von 1956 neu beerdigt. Imre Nagy, den hingerichteten 56-er Ministerpräsidenten, und andere Revolutionäre hatte Parteichef János Kádár nach der Niederschlagung des Aufstandes durch russische Truppen in anonymen Massengräbern verscharren lassen. Schon in der Früh dieses leuchtenden Sommertages begannen sich die Massen auf dem Budapester Heldenplatz zu versammeln, wo die Gedenkveranstaltung stattfinden sollte. Kádárs Ungarische Sozialistische Arbeiterpartei (USAP) konnte ihre Alleinherrschaft zu dieser Zeit nicht mehr behaupten. Der schwer kranke Kádár war schon ein Jahr vorher, im Mai 1988, entmachtet worden, Parteivorsitzender war im Juni 1989 der farblose Apparatchik Károly Grósz. Das Tabu, über 1956 öffentlich auch nur zu reden, war gefallen. Auf Druck des „Oppositionellen Runden Tisches“ und etlicher Reformkommunisten innerhalb der Partei wurde eine öffentliche Veranstaltung genehmigt, das Staatsfernsehen berichtete den ganzen Tag live über die Geschehnisse auf dem Heldenplatz. Bis zum Beginn der Veranstaltung hatten sich etwa 250.000 Menschen dort versammelt.
Es waren mehrere Redner aus den Reihen der früheren Kämpfer, der Reformkommunisten und der Opposition vorgesehen, darunter auch ein Vertreter des Führungsgremiums des Verbandes der Jungen Demokraten, Fidesz: Viktor Orbán. Orbán war damals 26 Jahre alt und wenn überhaupt, nur den politisch Interessierten bekannt.
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