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Ungarn soll diesem Krieg fernbleiben

27. Januar 2023 Viktor Orbáns Interview in der Sendung „Guten Morgen Ungarn!” von Radio Kossuth

Der Satz wird in letzter Zeit häufig gesagt, dass wir das Zeitalter der Gefahren erleben. und beinahe tagtäglich gibt es Ereignisse, die den Wahrheitsgehalt der Behauptung bestätigen. Diese Woche ist es zur Gewissheit geworden, dass die deutschen Leopard- und die amerikanischen Abrams-Panzer in die Ukraine geliefert werden, der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz hat nachgegeben, er hat sich dem immer stärker werdenden internationalen Druck gebeugt und hat erlaubt, die schweren Panzer auf das Schlachtfeld zu schicken. Und in den Nachrichten hört man, dass die Ukraine bereits Jagdflieger von ihren westlichen Verbündeten fordert. Ministerpräsident Viktor Orbán ist zu Gast in unserem Studio. Ich wünsche Ihnen einen guten Morgen!

Zsolt Törőcsik: Ein Diplomat hat Politico gegenüber sehr plastisch formuliert, als er sagte, die Lieferung von Jagdfliegern sei eine rote Linie, doch war früher ja auch die Lieferung von Flugabwehrsystemen und Schwerpanzern eine rote Linie. Wo ist das Ende dieses Prozesses, den wir jetzt vom Westen sehen?

Viktor Orbán: Wie fing es an? Es fing damit an, dass die Deutschen sagten, sie seien bereit, Helme zu schicken, denn sie schicken in einen Krieg keine Instrumente, die zum Auslöschen von Leben geeignet sind, das würde nämlich die Teilnahme am Krieg bedeuten. Von dort sind wir gestartet. Jetzt sind wir bei den Panzern angekommen und jetzt reden sie schon darüber, was denn mit den Flugzeugen sei. Es ist also deutlich zu sehen, dass wenn man nicht sich zu Beginn festlegt und eine deutliche Position einnimmt, durch die man aufgrund der eigenen nationalen Interessen markiert, in welchem Verhältnis man zu einem Konflikt steht, dann schliddert man in diesen hinein.

Ich weiß nicht, ob es Glück ist oder uns der liebe Gott geholfen hat, doch fielen ja der Beginn des Krieges und der ungarische Wahlkampf am Anfang des Jahres 2022 im Großen und Ganzen zeitlich überein. Und man kann über die Kampagnen viel Schlechtes sagen, und man pflegt in den Medien auch Schlechtes zu sagen, doch besitzen sie auch einen Nutzen, denn das ist ein Zeitraum, in dem man offen und klar sprechen muss und Ungarn war gezwungen, wir, ungarische führende Politiker waren gezwungen, sehr klar und offen, auf für alle ungarischen Menschen verständliche Weise zu formulieren, was wir wollen. Die Linke hat es auch gesagt, sie wird tun, was die internationale Gemeinschaft sagt.

Wenn also heute die linken Parteien an der Regierung wären, dann stünden auch wir, sagen wir es so, bis zum Hals im Krieg, so wie die Deutschen. Auch wir hätten schon unsere Panzer hingeschickt, unsere nicht mehr benutzten einstigen russischen Waffen und wir wären drin im Krieg als waffenliefernde Partei.

Die Linke hat gesagt, dass wenn sie ein Mandat erhält, dann schwimmt sie, dann reist sie gemeinsam mit der internationalen Gemeinschaft. Sie wird das tun, was die anderen tun, brutaler formuliert: Sie wird tun, was sie gesagt bekommt. Und wir haben gesagt, dass es ein ungarisches Nationalinteresse gibt, hinzu kommt noch, dass wir ein sehr markantes Nationalinteresse besitzen, denn das Land besitzt ein Interesse und auch die in Transkarpatien lebenden Ungarn besitzen ein Interesse, und dieses Nationalinteresse ergibt, dass Ungarn diesem Krieg fernbleiben soll.

Bei den ungarischen Wahlen haben die Menschen in Wirklichkeit auch zwischen Krieg und Frieden wählen können. Und sie haben den Frieden gewählt. Und deshalb konnte sich die ungarische Regierung fest positionieren.

Wir sprachen es am Anfang aus, dass dies nicht unser Krieg ist, wir wollen nicht zwischen die Russen und die Ukrainer eingezwängt werden, das ist ein Krieg, das ist ein Konflikt, denn man lokalisieren müsste und nicht international gestalten, und Ungarn wird alles im Interesse des Friedens unternehmen.

Damit hatten wir jene Pfosten eingeschlagen, an denen wir dann unsere Pferde festgebunden haben. Deshalb schliddert Ungarn nicht in diesen Krieg hinein. Wenn die ungarische Regierung zufällig Schritte in diese Richtung unternehmen wollte, was ausgeschlossen ist, solange ich der Ministerpräsident bin, würde sie sich auch dem offensichtlichen Volkswillen gegenüber wiederfinden, denn die Menschen haben ja vor einigen Monaten deutlich mitgeteilt, was sie von den führenden ungarischen Politikern erwarten. Nun, deshalb droht uns das Hineinschliddern nicht, aber die anderen sind nicht nur dadurch bedroht, sondern die Strömung hat sie auch schon mitgerissen.

Und danach kommen dann die Erklärungen, ob sie denn jetzt mit Russland im Krieg stünden oder nicht? Was eine lächerliche Situation ist, denn wer mit wem im Krieg steht, das ist keine Frage der Erklärungen. Wenn du Waffen schickst, wenn du den gesamten Jahreshaushalt der einen kriegführenden Partei zahlst, du neue Lieferungen in Aussicht stellst, immer modernere, dann kannst du sagen, was du willst, ganz gleich, was du erklärst, du steckst drin im Krieg. Hinzu kommt noch, dass die andere Seite, gegen die du die Waffen lieferst und gegen die du die eine Seite unterstützest, sie entscheidet in Wahrheit, ob sie dich als jemanden betrachtet, der mit ihr im Krieg steht, ganz gleich, was du sagst. Deshalb muss man im Kriegsfall – ich sage es noch einmal – sehr klar und bestimmt die Positionen eines Landes markieren. Das ist es, was ich im Laufe des vergangenen Jahres gelernt habe, und ich freue mich, dass vorerst das, was wir getan haben, den Interessen Ungarns dient.

Törőcsik: Übrigens haben dies auch westliche Diplomaten, ohne dass ihre Namen genannt werden sollten, zugegeben, dass auch sie nicht genau wissen, welcher der Punkt ist, ab dem Russland es so betrachtet, dass auch sie Beteiligte an diesem Konflikt sind. Und das kann man ja doch sehen, dass auf jenen Ländern, die sich sträuben oder versuchen, dem fernzubleiben, ein riesiger Druck lastet, das haben wir auch an Deutschland gesehen. Wie lange kann Ungarn diesen Standpunkt aufrechterhalten? Denn, nehme ich an, der Druck ist doch auch in unsere Richtung zu verspüren.

Orbán: Sicherlich kann man diesen Druck auch mathematisch ausdrücken, der auf uns lastet. Das Wort selbst, nämlich „Druck“, ist eine elegante Beschreibung der Situation.

Sie schlagen, hauen, beißen uns, um es ganz deutlich auszudrücken, sie benutzen jedes Mittel, um uns in den Krieg hineinzuzwingen und die durch die Westler finanzierten Akteure der ungarischen Politik vertreten auch diesen Standpunkt.

Es gibt eine den Krieg befürwortende politische Richtung in Ungarn, die Linke macht das, sie attackiert ständig die ungarische Regierung, weil wir dem Krieg fernbleiben, doch haben wir klargemacht,

dass für uns die Sicherheit Ungarns an erster Stelle steht, deshalb befindet sich Ungarn mit niemandem im Krieg. Wir wollen einen Waffenstillstand und Friedensverhandlungen.

Hinzu kommt noch, dass das Ganze auch eine Dimension jenseits der Politik bzw. über der Politik besitzt: Das ist ja letztendlich doch ein Krieg. Es gibt Schätzungen, wir kennen natürlich keine genauen Zahlen, aber die Zahl der Menschenleben, die in diesem Krieg auf beiden Seiten gestorben oder unwiderrufbar verletzt worden sind, dürfte sich in der Größenordnung von Hunderttausend bewegen. Wir sprechen von mehreren zehntausend Witwen, die die Hinterbliebenen der Soldaten sind, von Waisen und in Trauer versetzten Müttern. Also auch das elementare humane, ich sage nicht einmal christliche, das elementare humane moralische Gefühl erfordert auch, alles im Interesse dessen zu tun, damit die Front einfriert, damit es einen Waffenstillstand gibt und Friedensverhandlungen beginnen.

Das vollständige Interview MAGYARUL: https://miniszterelnok.hu/hu/orban-viktor-interjuja-a-kossuth-radio-jo-reggelt-magyarorszag-cimu-musoraban-20230127/

IN ENGLISH: https://miniszterelnok.hu/en/prime-minister-viktor-orban-on-the-kossuth-radio-programme-good-morning-hungary-20270127/

MAGYARUL MEGHALLGATHATÓ: https://mediaklikk.hu/miniszterelnoki-interjuk/cikk/2023/01/27/orban-viktor-miniszterelnoki-interju-jo-reggelt-magyarorszag-januar-27

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