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Politische Erklärung der ungarischen Nationalsammlung über den Russland-Ukraine-Krieg*

11. März 2022 Erklärung, Nr. 1/2022.(III.10.) OGY

Trotz der internationalen diplomatischen Bemühungen der vergangenen Monate hat der Angriff der russischen Streitkräfte auf ukrainisches Territorium zu einem Krieg in Ungarns unmittelbarer Nachbarschaft geführt. Die Auseinandersetzungen zu Lande, die Artillerieangriffe und die Luftschläge haben bereits Tausende von Menschenleben gefordert und eine Welle von Flüchtlingen, die um ihr Leben fürchten, ausgelöst. Ihr Ziel ist die Ostgrenze der Europäischen Union einschließlich auch unseres Landes. Mehr als eine Million Menschen wurden bereits gezwungen, ihre Heimat zu verlassen, darunter viele in der KarpatoUkraine lebende Ungarn. Wir müssen uns gemeinsam den neuen Herausforderungen, welche die Sicherheit unseres Landes und unserer Nation bedrohen, stellen. Die ungarische
Nationalversammlung gibt daher die folgende politische Erklärung ab:

  1. Wir verurteilen die militärische Intervention Russlands und stehen zur Souveränität und
    territorialen Integrität der Ukraine.
  2. Krieg kann für keinerlei Konflikte jedweder Art eine Lösung sein, ganz im Gegenteil, das Leben vieler unbewaffneter Menschen wird ausgelöscht, in Gefahr gebracht oder es wird ihnen unmöglich gemacht. Wir fordern daher eine sofortige Einstellung der Kriegshandlungen und die Aufnahme von Friedensverhandlungen zwischen den Parteien, wobei wir alle gut gemeinten Vermittlungsinitiativen begrüßen.
  3. Als Mitglied der NATO schließt sich Ungarn den verantwortungsvollen Erklärungen der Staats- und Regierungschefs des Bündnisses an, um ein Übergreifen des Konflikts auf das Territorium der Mitgliedstaaten zu vermeiden, da dies unvorhersehbare Folgen haben würde.
  4. Als Mitglied der Vereinten Nationen, der OSZE, des Europarats und der Europäischen Union bringt Ungarn seine Unterstützung für alle gemeinsamen Bemühungen um eine baldige Herstellung des Friedens zum Ausdruck.
  5. Ungarns vorrangiges Ziel ist es, den Frieden und die Sicherheit der in seinem Hoheitsgebiet
    lebenden Menschen zu schützen. Ausgehend von den Erfahrungen unserer Geschichte erklären wir: Unser Land muss sich aus diesem Krieg heraushalten, und wir können nicht zulassen, dass uns jemand in diesen Krieg hineinzieht.
  6. Wir erklären, dass Ungarn keine Truppen auf den ukrainischen Kriegsschauplatz entsenden, keine Waffen auf bilateraler Basis liefern und nicht zu einem Transport von Waffen, die Menschenleben kosten können, über die ungarisch-ukrainische Grenze seine Zustimmung geben wird.
  7. Wir rufen alle Persönlichkeiten der öffentlichen Lebens und die Presse auf, sich in der gegenwärtigen angespannten Situation jeglicher unbedachter oder politisch motivierter Äußerungen zu enthalten, welche die Sicherheit des Landes und der ungarischen Bevölkerung gefährden könnten. Wir halten die Forderungen derjenigen, die auf die Entsendung von ungarischen Soldaten und Waffen in das Kriegsgebiet drängen, für besonders gefährlich und unverantwortlich.
  8. Ungarn trägt Verantwortung für das Schicksal der außerhalb seiner Grenzen lebenden Ungarn; alle Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens verpflichtet die ungarische Verfassung dazu, entsprechend zu handeln. Wir halten das nicht nur für unverantwortlich, sondern auch für unmenschlich, und außerdem widerspricht dies nach unserer Ansicht auch den nationalen Interessen, deshalb lehnen wir die unzulässigen Bewertungen der Ungarn in der Karpato-Ukraine, die von einigen zu hören sind, entschieden ab und verurteilen sie, da sie auch deren Sicherheit gefährden. Niemand sollte es sich erlauben, Ungarn, die an ihrer Heimat hängen, zu potentiellen Opfern des russisch-ukrainischen Konflikts zu machen, nur, weil dies seinen momentanen politischen Interessen dient!
  9. Bei den Mitgliedern der ungarischen Minderheit in der Karpato-Ukraine, die dort heimisch sind, handelt es sich um loyale und treue Bürger der Ukraine, die zum Wohlstand und zur Vielfalt des Landes beitragen, und deshalb erwarten sie wie alle anderen Bürger des Landes auch – was nur natürlich und legitim ist, dass ihre Rechte von ihrem Staat in vollem Umfang respektiert werden. Ungarn betrachtet diese nationale Minderheit als eine Brücke, die uns mit einer unabhängigen, sich weiter entwickelnden, demokratischen Ukraine verbinden kann, welche die Sicherheit und den Wohlstand aller ihrer Bürger in ihrem Heimatland gewährleistet. In diesem Sinne hat der ungarische Staat seit der Anerkennung der Unabhängigkeit der Ukraine bei zahllosen Gelegenheiten und auf ganz unterschiedliche Art und Weise seine Absicht, gutnachbarliche und freundschaftliche
    Beziehungen zur Ukraine aufzubauen, zum Ausdruck gebracht. So haben wir auch in der Vergangenheit die Bemühungen der Ukraine um eine stärkere Anbindung an die Europäische Union unterstützt, und wir drängen auch weiterhin gemeinsam mit anderen mitteleuropäischen Ländern auf die formale Einleitung des Beitrittsprozesses.
  10. Ungarn sieht es als seine selbstverständliche Pflicht an, allen Ungarn und Nicht-Ungarn ukrainischer und anderer Nationalität zu helfen, die auf der Flucht vor dem Krieg unser Land – als erstes sicheres Land – betreten. All jenen ungarischen Bürgerinnen und Bürgern, Gemeinschaften und Institutionen, die durch ihre beispielhafte Zusammenarbeit versuchen, Menschen in Not zu helfen, zollt das ungarische Parlament Anerkennung und ermutigt sie ausdrücklich dazu. Wir unterstützen die Initiative der Brücke für die Karpato-Ukraine, um den Menschen, die in der Ukraine von Krieg bedroht sind, und denjenigen, die in unserem Land Schutz suchen, sofortige Hilfe zu leisten.

Wir leben in einer Zeit voller Gefahren. Nach der Pandemie und den damit verbundenen
Schwierigkeiten sieht sich unser Land nun auch Kriegsgefahren ausgesetzt. Nur wenn wir
zusammenhalten, können wir den Frieden in unserem Land und die Sicherheit unserer Familien
in dieser außerordentlichen Situation bewahren.

  • Die Politische Erklärung – Nr. 1/2022. (III.10.) OGY – wurde von der Nationalversammlung am Sitzungstag vom 10. März 2022 angenommen. Die oppositionellen Linksliberalen haben die Erklärung nicht unterstützt, sie haben den Sitzungssaal des Außenpolitischen Ausschusses verlassen.

MAGYARUL: https://888.hu/ketharmad/itt-a-nyilatkozat-ami-miatt-a-balos-kepviselok-kivonultak-4354482/

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