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Energiepolitik in Ungarn

10. Juni 2022 Deutsch-ungarisches Institut von Alexander Rasthofer und Tristan Csaplár

Energiepolitik ist in den Staaten der EU, deren Wirtschaft zu einem großen Teil von externen Zulieferungen wichtiger Energieträger, wie Kohle, Öl und Gas, abhängig ist, ein bestimmendes Thema. Die gegenwärtige Abhängigkeit beläuft sich auf circa 54 % – Im Angesicht des Krieges in der Ukraine sind energiepolitische Fragen so aktuell wie seit Langem nicht mehr.

In der Region ist Ungarn das Land mit dem geringsten Potential an Energieressourcen. Die heimische Energieproduktion macht nur 45% der gesamten Primärenergieversorgung aus (andere Zahlen sprechen sogar nur von 23% eigenständiger Bedarfsdeckung), sodass es als kleines Land in hohem Maße auf Energieimporte angewiesen ist.

Erdgas und Rohöl bilden die Hauptquellen der Primärenergie, im Bereich der Stromgewinnung nimmt die Atomkraft den größten Anteil ein. Als einheimische Notfallenergiequelle kann das Land auf Braunkohlereserven zurückgreifen.

Der Energiesektor in Ungarn ist weitestgehend privatisiert, auch wenn der größte Anbieter MVM (Magyar Villamos Művek) in staatlichem Besitz ist. Neben diesem machen ausländische Investoren, die in allen V4-Staaten tätig sind, einen weiteren großen Anteil, sowohl im konventionellen als auch im erneuerbaren Energiesektor, aus. Die Dominanz der MVM auf dem Energiemarkt erklärt sich aus ihrer Rolle als Betreiberin des ungarischen Atomkraftwerkes.

Die Steinkohleproduktion wurde in den frühen 90ern eingestellt, was Ungarn von Importen vorwiegend aus den USA abhängig macht. An Braunkohle werden jährlich 9,3 Millionen Tonnen abgebaut, die in diesem Bereich die Selbstversorgung in der Energieerzeugung gewährleisten. Kohle stellt auch bis 2030 weiterhin einen wichtigen Teil der nationalen Energiestrategie Ungarns dar.

Die inländische Extraktion von Erdgas, Ungarns größter Energiequelle, nahm in den letzten 30 Jahren stetig ab. Gefördert werden noch rund zwei Billionen Kubikmeter pro Jahr, die bis zu einem Fünftel des Gesamtbedarfs decken können.

Die restliche Summe (ca. 80 %) wird ausschließlich durch Importe aus Russland gedeckt.

Als zweitgrößte Energiequelle folgt Rohöl, dessen Produktion in Ungarn recht klein und ebenso abnehmend ist. Derzeit werden 12 % des Bedarfs selbstständig gedeckt, der Rest importiert, vor allem aus Russland (75 % bis über 90 %) und dem Irak (15 %).

Kernenergie bildet einen Kernbestandteil des ungarischen Energiemix seit über 30 Jahren. Dieser Energieträger liefert 52 % der Stromversorgung des Landes. Der derzeit einzige Atomreaktor Ungarns steht in Paks und liefert mit vier Druckwasserreaktoren eine Kapazität von 500 MW je Reaktor. Als elementarer Bestandteil der Energiesicherheit und CO2-Emissionsreduzierung ist die Atomenergie in der nationalen Energiestrategie 2030 festgeschrieben. Die Laufzeit der existierenden Einheiten in Paks wurde von der ungarischen Regierung verlängert und sie sollen um zwei neue Einheiten erweitert werden, deren Konstruktion ein Prioritätsprojekt der Regierung ist. Im Zuge der Modernisierung wird von einer möglichen Laufzeitverlängerung um weitere 20 Jahre ausgegangen, bis die neuen Einheiten funktionsfähig werden.

Im Bereich der erneuerbaren Energien verzeichnet Ungarn in den letzten Jahren einen stetigen Zuwachs. Die wichtigste Quelle stellt hier derzeit Energie aus Biomasse dar, auch wenn deren Zukunftspotenzial aufgrund begrenzter Waldflächen und Erzeugung von Monokulturen und damit einhergehenden ökologischen Schäden endlich ist. Aber auch Geothermie birgt ein hohes Potential, da Ungarn hierfür einen der besten Standorte der EU darstellt. Solarenergie ist in Ungarn, mit seinen zahlreichen Sonnenstunden, der am stärksten wachsende Teilbereich, wenn auch derzeitig noch mit geringen Produktionsmengen. Wind- und Wasserkraft spielen in Ungarn aufgrund ihres geringen Potentials eine untergeordnete Rolle.

Bis 2030 sieht Ungarns Strategie laut einem Szenario einen Strommix aus 54 % Atomenergie, 30 % Erdgas, 16 % erneuerbaren Energien und 5 % Kohle vor.

Der vollständige Aufsatz ist hier zu lesen.

„Faktenwissen Ungarn“ werden vom Deutsch-Ungarischen Institut für die Europäische Zusammenarbeit im Mathias Corvinus Collegium ausgegeben: https://magyarnemetintezet.hu/de/wahlen-in-ungarn/faktenwissen-ungarn-energiepolitik-in-ungarn

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