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Ein Ungar zu sein ist ein Privileg

Die Festrede von Gábor Csaba, dem stellvertretenden Staatssekretär für Kulturdiplomatie im Kultus- und Innovationsministerium zum Fest des Heiligen Istváns an der Heiligen-István-Kapelle in Badacsonytomaj.

Sehr geehrter Herr Bürgermeister! Geehrte Geistliche! Liebe Feiernde!

Ich bedanke mich beim Herrn Bürgermeister für seine Einladung, es ist mir eine Ehre, seiner Bitte nachzukommen und damit die Gelegenheit zu erhalten, hier, in Badacsonytomaj, an der  Heiligen-István-Kapelle, als Vertreter des Kultus- und Innovationsministeriums am Fest unseres Königs, des Heiligen István, zu ihnen sprechen zu dürfen.

Der Tag des Heiligen István ist ein Freudentag und zugleich „der älteste Nationalfeiertag“ der Ungarn.  An diesem Tag feiern wir die Gründung unseres Staates, unseren König, den Heiligen István, der maßgeblich die erste große Strategie unserer ungarischen Identität ins Leben gerufen und konsequent verwirklicht hatte, sodass wir als Nation bestehen konnten. Aber wir feiern auch den dazu notwendigen Zusammenhalt und ebenso das Leben bedeutende, neue Brot. Das neue Brot, das dem Leben Nahrung gibt, das die göttliche Vorsehung beinhaltet, die schaffende Kraft, die Arbeit fleißiger Hände, die Kraft des Zusammenhaltes und der Zusammenarbeit, den Kreislauf des Lebens.

Selbst das untergegangene Regime wagte diesen Tag nicht gänzlich uns zu nehmen, es gab ihm feige eine andere Bedeutung und versuchte ihm das Wesentliche zu berauben. Im Geheimen wussten sie aber auch zu dieser Zeit: wir sind das Volk des Heiligen István, diese Wurzel kann man nicht aus dem Herzen der ungarischen Menschen herausreißen. Wie unser Grundgesetz unseren ersten König würdigt:

„Wir sind stolz darauf, dass unser König, der heilige István, vor tausend Jahren den ungarischen Staat auf ein sicheres Fundament gestellt und unser Land zu einem Teil des christlichen Europa gemacht hatte.“

Unser staatsgründender König fasste eine mutige Entscheidung. Er entschied sich für das Christentum und für den Westen. Das markiert bis zum heutigen Tag den Weg der ungarischen Nation und der ungarischen Geschichte. Durch das Lebenswerk des Heiligen István verschmolz unser Schicksal mit dem von Europa. Ungar sein und Ungar in Europa bleiben, ein Europäer sein und ein Europäer in Ungarn bleiben – diese Botschaft unseres Staatsgründers bleibt immer aktuell. Unser auf ein Jahrtausend zurückgehende Engagement gegenüber dem christlichen Westen und Europa haben wir vor 20 Jahren mit der Anbindung an die Europäische Union bekräftigt.

War die Wendung zum westlichen Christentum die richtige Entscheidung des Heiligen Stephan? Ja, sie war richtig. Haben die nach dem Regimewechsel die westliche Orientierung wählenden Ungarn richtig entschieden? Ja, sie haben richtig entschieden. Heute stellt sich nicht die Frage, wohin wir hingehören, sondern

ob in zwanzig oder gar in tausend Jahren die natürliche Heimat der Ungarn noch existiert: nämlich das christliche Europa.

Dieses Jahr, wenn wir für ein halbes Jahr den in der Reihenfolge an uns fallenden Vorsitz des Europäischen Rates ausfüllen, bekräftigen wir für uns selbst auch unser Engagement: wir benötigen  die Gemeinschaft der europäischen Staaten, wie sie auch unser Land benötigen. Heute, wenn unser Kontinent sich zum Kampfschauplatz der Großmächte entwickeln könnte, müssen wir Schulter an Schulter zusammenstehen. Wir müssen gemeinsame Entscheidungen treffen. Europäische Entscheidungen, die dem gemeinsamen Wohl dienlich sind. Auch wir Ungarn müssen die gemeinsamen Werte und  Interessen erkennen, aber genauso gilt dies auch für die anderen. Doch zwischen unseren Ländern gibt es bedeutende Unterschiede und daraus folgend unterschiedliche Möglichkeiten. Das muss man zur Kenntnis nehmen.

Unter dem Vorsitz Ungarns möchten wir die gegebenen Möglichkeiten nutzen und damit die Kraft von Europa wachsen lassen,

wir wollen die Stimme Europas in der Welt verstärken, denn wir haben nur dann die Chance, die Menschen in Europa zu schützen und all das aus unserer Geschichte und Kultur zu bewahren, was Europa groß gemacht hatte.

Als stellvertretender Staatssekretär, der für die kulturelle Diplomatie verantwortlich ist, gehört ein Netz aus 26 im Ausland arbeitenden, ungarischen Kulturinstituten, dessen Grundlage genau vor 100 Jahren von Kuno Klebelsberg, dem damaligen Religions- und Kultusminister, niedergelegt wurde, unter meiner Aufsicht. Kuno Klebelsberg hatte vor, mittels der besonderen Rolle der Kultur das von den Zerstörungen des I. Weltkrieges und aus dem Trauma von Trianon in kleinen Schritten zu sich kommende Ungarn aus der internationalen Isolierung herauszuführen. Damit wollte er eine neue Definition des Platzes von unserem Land in der Welt und eine Verbesserung der internationalen Beurteilung des Ungartums erreichen. Der ehemalige Kultusminister ging davon aus, dass der politische und wirtschaftliche Aufschwung in Ungarn immer auf dem Boden der Kultur vorbereitet wurde. Als Beispiel hatte er unseren König, den Heiligen István vor Augen, der auf dem Boden der westlich-christlichen Kultur die Festigung des ungarischen Staates vollbrachte.

So wie vor hundert Jahren hat auch heute das geistige Erbe des Heiligen István seine Gültigkeit: das auf die neue Herausforderungen der Welt richtige Antworten kreierende, in seiner Selbsterkenntnis und Selbstachtung immer mehr wachsende,  erfolgreiche  Ungarn  ist  nicht  ohne  die Stärkung  der  auf  den christlichen Grundlagen basierenden, tausend Jahre alten Kultur vorstellbar.

Das Erbe des Heiligen István gehört nicht allein seinem Sohn, Herzog Imre. Durch seine Weisheit und Voraussicht kam eine nationale Gemeinschaft zustande, die in der Lage war, ihre Identität und Kultur auch während der rauen Zeiten der Geschichte zu bewahren. Die Einheit, die Ausdauer und der Glaube an die Zukunft waren die Tugenden, die dem Heiligen István ermöglichten, ein starkes und blühendes Land ins Leben zu rufen. Heute benötigen wir ebenfalls diese Tugenden, damit wir all das bewahren und weitergeben können, was unsere Vorfahren uns zurückgelassen haben.

Seien wir stolz, dass wir Ungarn sind, dass wir als Ungarn geboren wurden, denn

ein Ungar zu sein, ist ein Privileg, Verantwortung und auch eine Mission.

Unsere Kultur ist reich und vielschichtig, sie beinhaltet unsere Volksmärchen, unsere Volksmusik, unsere Tänze, die literarischen und künstlerischen Werke, unser Erbe an Gebäuden und unsere Gastronomie Diese Werte formen nicht nur unsere Vergangenheit, sondern ebenso unsere Gegenwart und Zukunft. Es ist wichtig, diese Werte den nächsten Generationen zu übergeben, denn nur so bleiben wir dem Erbe des Heiligen István treu.

Es leben die Ungarn, es lebe Ungarn! 

Übersetzt von Dr. Gábor Bayor

Bildquelle: Építészfórum, die Heilige-István-Kapelle in Badacsonytomaj, gebaut 2014, von Tibor Jankovics.

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