Der in Ungarn geborene und ausgebildete Ferenc Krausz, Direktor am Max-Planck-Institut für Quantenoptik erhält für die Begründung der Attosekundenphysik gemeinsam mit Pierre Agostini von der Ohio State University (USA) und Anne L’Huillier von der Universität Lund (Schweden) den Nobelpreis für Physik 2023. https://www.mpg.de/20915190/ferenc-krausz-erhaelt-den-physik-nobelpreis
18. Oktober 2023 MTA.hu Auszug aus dem Interview
R.: Es war eine große Überraschung für die Öffentlichkeit, dass der ungarische Nobelpreisträger Ferenc Krausz einen großen Teil seines Nobelpreises an eine gemeinnützige Stiftung spendete. Science4People ist, wie ich auf der Website der Stiftung gesehen habe, eine Initiative der Attosekundengemeinschaft. Was hat sie dazu bewogen, dies zu tun?
F.K.: Die Tatsache, dass sie einen Chef hatten – mich – der sie fragte, ob sie sich beteiligen könnten, denn in Deutschland braucht man laut Gesetz mindestens sieben Leute, um einen Verein zu gründen. Also musste ich zu den Kollegen gehen und ihnen sagen, worum es geht. Und die Kollegen, die schließlich beitraten, waren sehr glücklich und motiviert, das zu tun.
Alles fing damit an, dass ich dank des CMF-Projekts (Centre for Molecular Fingerprinting) schon seit einiger Zeit regelmäßig nach Ungarn fahre. Und in Budapest ist der Konflikt in der Ukraine viel näher, zumindest habe ich ihn dort ganz anders erlebt als in Deutschland – vor allem in den ersten Tagen, als täglich Zehntausende von Flüchtlingen aus der Ukraine ins Land strömten. Die Nachrichtenberichte und die Bilder haben mich sehr berührt und ich habe mich gefragt, was ich persönlich tun kann.
Zuerst dachte ich, ich könnte an die Grenze gehen, um bei der Aufnahme von Flüchtlingen zu helfen, aber dann sah ich, dass meine Landsleute eine wunderbare Arbeit geleistet hatten. Mir kam der Gedanke, dass ich durch mein Netzwerk von Kontakten vielleicht mehr tun könnte, und so kam ich auf die Idee, eine Initiative zu starten, um die wissenschaftliche Gemeinschaft, die ich kenne, zu erreichen und um Spenden zu bitten.
Nicht nur Geldspenden, sondern auch elektronische Geräte, Computer, Laptops, die wir immer wieder erhalten und weiterleiten und die unsere Freunde in der Karpatenukraine/Kárpátalja in verschiedenen Schulen und Bildungseinrichtungen sehr gut gebrauchen können.
Ich stehe in Kontakt mit Hilfsorganisationen vor Ort, eine davon ist „Tabula Rasa“. Diese Organisation konzentriert sich auf die Unterstützung junger Menschen und wir arbeiten eng mit ihr zusammen, um Hilfsprogramme zu starten, die sich speziell an jüngere Kinder richten. Das jüngste ist unser SKOLA+ Programm, das erst letzte Woche gestartet wurde: Wir rekrutieren Lehrerinnen und Lehrer der Primar- und Sekundarstufe für den Nachhilfeunterricht und bezahlen sie aus unserem Projekt. Sie unterrichten bedürftige Flüchtlings- oder einheimische Kinder – sowohl auf Ukrainisch als auch auf Ungarisch, sowohl in ukrainisch- als auch in ungarischsprachigen Schulen.
Wir legen großen Wert darauf, dass dies nicht so dargestellt wird, als würden wir nur die ungarische Minderheit im Speziellen unterstützen, sondern alle, die es aufgrund des Krieges im Allgemeinen brauchen. Ich denke, wenn wir das tun und wenn es früher oder später sichtbare Dimensionen annimmt, könnte es sogar ein Signal auf politischer Ebene sein.
Ich habe die Einnahmen meiner beiden letzten Preise, des letztjährigen Wolf-Preises und des diesjährigen Frontiers of Knowledge-Preises, in vollem Umfang beziehungsweise zu einem erheblichen Teil an die Stiftung gespendet und möchte das auch mit dem Nobelpreis tun.
ÜBER FERENC KRAUSZ AUF DEUTSCH: https://www.mpg.de/20915190/ferenc-krausz-erhaelt-den-physik-nobelpreis
A teljes interjú MAGYARUL: https://mta.hu/tudomany_hirei/krausz-ferenc-interju-113205