21. November 2025
Die weltweit größte deutsche „Damenwahl“ ist entschieden: die Ungarndeutsche Erika Rierpl erhielt 42% aller Stimmen
Von Anfang September bis Ende Oktober konnten Menschen rund um den Globus zum fünften Mal darüber abstimmen, wer „Auslandsdeutsche des Jahres“ werden soll. Vier deutschstämmige Frauen aus Kirgisistan, Schlesien/Polen, Ungarn und Argentinien standen im Finale dieses Wettbewerbs, der mittlerweile der bedeutendste für deutsche bzw. deutschstämmige Frauen weltweit ist. Ausschlaggebend bei der Wahl, die von der Internationalen Medienhilfe (IMH) organisiert wurde, war erneut vor allem das Engagement der Teilnehmerinnen für die eigene Kultur.
Nun ist die Auszählung abgeschlossen und das Ergebnis steht fest:
Siegerin ist Erika Rierpl aus St. Martin (Szigetszentmárton)
in der Nähe der ungarischen Hauptstadt Budapest. Sie erhielt 42% der über 10.300 abgegebenen Stimmen aus 56 Ländern. Besonders viele Stimmen kamen aus Deutschland, Österreich, Ungarn, Argentinien, Polen, Kirgisistan, Brasilien, Kanada, Spanien, Belgien, Rumänien, Italien, Namibia, Kasachstan, der Schweiz und den USA.
Die engagierte ungarndeutsche Gewinnerin ist studierte Chemikerin sowie Umweltschutz-Juristin. Erika Rierpls Vorfahren mütterlicher- und väterlicherseits sind deutschstämmig. Sie wurden von der österreichischen Kaiserin Maria Theresia vor rund 300 Jahren mit vielen anderen aus dem Südwesten des deutschen Sprachraums über die Donau nach Ungarn geholt, um dort weitgehend menschenleere und verwilderte Gebiete zu besiedeln. Daher stammt die Bezeichnung „Donauschwaben“ für diese deutsche Siedlergruppe.
Seit ihrer Jugend setzt sich Erika für ihre donauschwäbische bzw. ungarndeutsche Gemeinschaft ein, die in kommunistischen Zeiten unter Deportationen und Unterdrückung zu leiden hatte. Erikas Einsatz ist außergewöhnlich vielseitig. Sie leitet nicht nur mehrere Volkstanzgruppen, sondern auch die Verwaltungsbüros der ungarndeutschen Minderheit für ihren Heimatort und die ganze Region Nordungarn. In diesen Funktionen kümmert sie sich beispielsweise einerseits um Chöre, Kapellen oder Frauengruppen und andererseits um Jugendtreffen, Musikwettbewerbe, neue Denkmäler oder Vorträge zur Geschichte der Donauschwaben. Die Arbeit mit und für Frauen in der ungarndeutschen Gemeinschaft liegt Erika besonders am Herzen.
Zur deutschen Minderheit gehören heute etwa 200.000 Menschen, die über eine beeindruckende Infrastruktur mit deutschsprachigen Kindergärten, Schulen, Studiengängen sowie rund 100 Zeitschriften und Zeitungen auf Deutsch verfügen.
In Ungarn geht es Minderheiten so gut wie in nur wenigen Ländern Europas.
Seit einigen Jahren dürfen die Ungarndeutschen einen eigenen Abgeordneten ins Budapester Parlament entsenden. Obendrein wurde von der Regierung sogar ein spezieller Gedenktag für die Vertreibung vieler Donauschwaben nach 1945 eingerichtet – der erste und bislang einzige Tag zum Gedenken an die gewaltsame Vertreibung der Deutschen in einem osteuropäischen Staat.
Erika Rierpl zu ihrem Titelgewinn: „Ich danke allen weltweit, die für mich gestimmt haben – besonders den Donauschwaben in Ungarn und anderen Ländern. Es ist sehr wichtig, dass die Auslandsdeutschen und ihre außerordentlichen Leistungen mehr Aufmerksamkeit bekommen. Sie sind einzigartige Brückenbauer und Kulturbotschafter. Hoffentlich gelingt dies durch diesen internationalen Wettbewerb der IMH. Toll wäre es, wenn nach dem Wettbewerb mehr Menschen auf die Idee kämen, die zweisprachigen ungarndeutschen Dörfer hier bei uns zu besuchen. Unsere Feste und Heimatmuseen sind eine Reise wert.“
Björn Akstinat, Leiter des Netzwerks der deutschsprachigen Auslandsmedien (IMH-Internationale Medienhilfe) und Ideengeber des Wettbewerbs:
„Dass nach 2017 nun wieder eine Ungarndeutsche bzw. Donauschwäbin den Titel gewinnt, zeigt den starken Zusammenhalt der deutschen Minderheit in Ungarn und der donauschwäbischen Gemeinschaften weltweit. Heute leben Donauschwaben nicht nur in Südosteuropa. Flucht und Vertreibung ab 1945 verstreuten sie rund um den Globus. Immer wieder fallen sie durch eine besonders aktive Pflege ihrer Kultur auf.
Generell ist erstaunlich, wie intensiv Auslandsdeutsche in allen Ecken der Welt für den Erhalt ihrer Traditionen – insbesondere ihrer Muttersprache – kämpfen. Dies sieht man auch bei den anderen Kandidatinnen des diesjährigen Wettbewerbs. Darum hätte eigentlich jede von ihnen den Titel verdient. Der tägliche Kampf der Auslandsdeutschen um die eigene Kultur ist den meisten Bürgern der Bundesrepublik gar nicht bewusst, weil zwischen Flensburg und Garmisch-Partenkirchen nur äußerst selten öffentlich über diese Bemühungen berichtet oder gesprochen wird. International hört man deshalb den Ruf nach einem regelmäßigen „Tag der Auslandsdeutschen“ immer lauter. Im Rahmen solch eines Gedenktages könnten die außerordentlichen Leistungen der Landsleute weltweit oder ihre Benachteiligung bei der Teilnahme an Bundestagswahlen besser publik gemacht werden. Die deutsche Politik bringt leider zahlreiche Deutsche in Übersee durch unzählige bürokratische Hürden um ihr Wahlrecht.
Es ist erfreulich, dass in diesem Jahr so viele Menschen die Kandidatinnen mit einer Stimmabgabe unterstützten wie nie zuvor. Das Interesse an Auswanderern und deutscher Kultur im Ausland steigt merklich. Mit dem Wettbewerb sollen speziell die weiblichen Mitglieder der deutschen Gemeinschaften und Minderheiten rund um den Globus für ihre bisherigen Aktivitäten belohnt bzw. für ein Engagement in deutschen Vereinen, Schulen, Tanzgruppen, Chören und sonstigen Institutionen motiviert werden. In vielen deutschen Institutionen im Ausland sind Frauen noch unterrepräsentiert.
Die Ungarndeutsche Erika ist für den Titel „Auslandsdeutsche des Jahres 2025″ besonders geeignet, da sie einerseits nach Jahrhunderten noch immer die Kultur ihrer Vorfahren pflegt und andererseits zwei außergewöhnliche Eigenschaften aufweist: Beide Elternteile haben deutsche Wurzeln und sie trägt nicht nur einen deutschen Nachnamen, sondern sogar noch einen deutschen Vornamen.“
Quelle: https://www.medienhilfe.org/auslandsdeutsche-des-jahres-2025-26