27. September 2025 Achgut.com
Wir dokumentieren hier eine Rede von Viktor Orbán zur Lage der Welt und der Zukunft. Wer sie liest, wünscht sich, Orbán möge nicht Recht haben. Das Problem: Seine düstere Analyse ist einleuchtender als das, was Europas Nomenklatura und die meisten seiner Regierungschefs anzubieten haben.
Sprechen wir als nächstes über die Europäische Union. Wenn wir verstehen wollen, wo wir stehen, sollten wir einige grundlegende Zahlen ansehen. (…) 2008, im Jahr der Finanzkrise kamen 22,9 Prozent der Weltwirtschaftsleistung von den USA und 25,4 Prozent von der EU. Wenn wir jetzt einen Blick auf 2025 werfen, dann sehen wir, dass die USA 26,8 Prozent leisten, die Europäer 17,6 Prozent. Das kennzeichnet den historischen Prozess, in dem wir Europäer leben. In diesem Zeitraum von 2008 bis 2025 haben die Amerikaner ihren Anteil an der Weltwirtschaft um vier Prozent gesteigert, Europa hat sieben Prozent verloren. (…) Dies ist einzig und allein der falschen europäischen Politik zu verdanken. Darauf basieren meine Einschätzungen.
Ich denke, dass sich die Europäische Union gegenwärtig im Zustand der Auflösung und Zergliederung befindet. Wenn das so weitergeht, wird die Europäische Union als das betrübliche Endergebnis eines edlen Versuchs in die Geschichte eingehen. Von einem gewissen Abstand gesehen wird die Periode des Bestehens der Europäischen Union als eine Epoche des Verfalls und des Bedeutungsverlustes des europäischen Kontinents erkennbar sein.
Was war das Ziel der EU? Denn ganz offensichtlich war nicht das heutige Ergebnis das Ziel dessen, weshalb die EU gegründet wurde. Wir hatten damals folgende Ziele: Die EU sollte ein weltpolitischer und weltwirtschaftlicher Faktor werden. Der Plan war, die größte Freihandelszone der Welt zu erschaffen, die sich von Lissabon bis Wladiwostok erstreckt. Die hätte Russland, das Vereinigte Königreich, die Türkei, den Kaukasus und den Balkan umfasst. Das wollten wir erschaffen, und es misslang. Was haben wir stattdessen? Die Briten sind ausgetreten, die Russen sanken in die Arme Chinas – beziehungsweise wir haben sie dorthin getrieben –, und die Hoffnung, dass es früher oder später zwischen Russen und Chinesen einen Konflikt geben könnte, ist lächerlich, eine Fata Morgana. Denn wer sich die Wirtschaftsstrukturen Russlands und Chinas ansieht, wird feststellen, dass deren Wirtschaften nicht kompetitiv, sondern komplementär sind, sich bestens ineinanderfügen.
(…)
Warum misslang der große europäische Plan? Warum ist es nicht gelungen, Europa zu einem weltpolitischen und weltwirtschaftlichen Faktor zu machen? Darauf gibt es eine sehr einfache Antwort. Anfangs war die EU ja ein gemeinsamer Markt und nur das. Dann kam die Idee auf, dass man aus diesem gemeinsamen Markt eine wirtschaftliche und politische Union erschaffen soll. Das dafür auserkorene Instrument war der Euro, also die gemeinsame Währung. Früher oder später werden sich alle dem Euro anschließen, dachte man, wir werden eine gemeinsame Währung haben. Wenn wir die gemeinsame Währung haben, dann werden wir auch einen gemeinsamen Haushalt haben, und wenn wir die gemeinsame Währung und den gemeinsamen Haushalt haben, dann werden wir einen gemeinsamen Staat haben, die Vereinigten Staaten von Europa, die wirtschaftliche und politische Union.
Das Projekt ist daran gescheitert, dass es zwar eine gemeinsame monetäre Politik gibt, denn es gibt für jene Länder, die den Euro eingeführt haben, eine gemeinsame Währung, aber es gibt keinen gemeinsamen Haushalt. (…) Es ist nur eine Frage der Zeit, dass diese Konstruktion allmählich zusammenbricht, langfristig kann sie nicht bestehen. Vor uns stehen die Verhandlungen für den nächsten siebenjährigen Haushalt der EU für die Jahre 2028 bis 2035, und meine These dazu ist, dass selbst, wenn es uns gelingen sollte, diesen Haushalt zu verabschieden – und selbst daran habe ich große Zweifel – wird das der letzte siebenjährige Haushalt der EU werden. (…) Die Eurozone wird sich auflösen, und das wird ein stürmischer und kostspieliger Prozess werden.
(…)
Wie versucht nun die EU aus dieser Lage herauszukommen? Man versucht, die Union so, wie sie jetzt ist, zu retten. Der verzweifelte, letzte Versuch ist die gemeinsame Verschuldung. Noch bevor die Union auseinanderfällt, sollen alle Mitglieder in die gemeinsame Verschuldung hineingezerrt werden. Und wenn man einmal dabei ist, gibt es kein Entrinnen mehr. Die gemeinsame Verschuldung schafft eine gemeinsame Staatlichkeit. Auf diesem Wege sind die USA entstanden. Ich kann nur jedem empfehlen, die Geschichte zu studieren. Zunächst gab es unabhängige Staaten, und die Vereinigten Staaten sind entstanden – im Hamiltonschen Moment –, als der damalige Finanzminister die gemeinsamen Schulden der Staaten durchgesetzt hatte. Das war der Entstehungsmoment der Vereinigten Staaten. Jetzt gibt es den gleichen Plan. Und die Ukraine ist das beste Mittel, um die gemeinsame Verschuldung herbeizuführen.
Dabei müssen wir nicht nur den Krieg und die Geopolitik betrachten, sondern auch die Zukunft der EU. Die Führer der EU glauben, dass die gemeinsame Verschuldung jedem – auf jeden Fall in Westeuropa – wirklich jedem zu verkaufen ist, solange es um den Ukraine-Krieg, also die Sicherheit geht. Sie berufen sich darauf, wenn sie eine gigantische Verschuldung eingehen, und die betrifft uns alle. (…) Der Krieg und die EU-Mitgliedschaft der Ukraine nähren die gemeinsame Verschuldung, zugleich zieht die Mitgliedschaft der Ukraine die EU in den Krieg hinein. Denn es ist unvorstellbar, dass ein Mitgliedsland der EU angegriffen oder in Grenzkonflikte verwickelt wird, wie es jetzt an der russisch-ukrainischen Grenze geschieht, und die anderen Mitglieder schauen nur zu und eilen ihm nicht zur Hilfe. Aber die Frage, ob die Ukraine einem militärischen Angriff ausgesetzt ist, ob ein Konflikt mit Russland besteht, wird niemals in der Ukraine, sondern nur in Russland entscheiden. Und schon stehen wir im Krieg.
Deshalb glaube ich, dass sich die Europäer irren, die EU-Mitgliedschaft der Ukraine wird auf jeden Fall mit sich bringen, dass wir direkt oder indirekt in den Krieg hineingezogen werden. Wir haben nicht mal das Geld, um unsere Wettbewerbsfähigkeit wieder herzustellen, und dann schicken wir das Geld in die Ukraine, und damit ruinieren wir die Union auch noch wirtschaftlich.
Quelle: Achgut.com
Hier der Link zum Text im ungarischen Original.
Deutsche Übersetzung von Krisztina Koenen
Ein Kommentar
Dieser vortrefflichen Analyse der Entwicklung der EU möchte ich nur in einem Punkt widersprechen:
Das Ziel, nach und nach die Montanunion über die Zwischenstufen EWG – EG – EU zu den Vereinigten Staaten von Europa werden zu lassen, war als Vision des nachmals 1. Trägers des Aachener Karlspreises, Graf Richard Coudenhove-Calergi, bereits in seinen Schriften wie dem Büchlein mit dem Titel „Adel“ bereits in den 1920er Jahren ausformuliert.
Dieser edle Hochgradfreimaurer prognostizierte übrigens schon seinerzeit, daß die weiße Rasse in Europa durch die Vermischung mit massenhaft zuwandernden Menschen aus Afrika in einer braunen Mischbevölkerung aufgehen werde, was er – Kind eines Österreichers und einer Japanerin – ausdrücklich als wünschenswert qualifizierte. Der breiten Bevölkerung erzählten all das die Väter von Montanunion, aus der bald die EWG (F, D, I, B, NL, L) hervorging, freilich nicht, aber sie kannten und ehrten den Grafen und gewiß auch seine Ideen.
Und in einem Punkt möchte ich das Gesagte noch ergänzen, nämlich daß die bewußt herbeigeführte exorbitante Verschuldung v.a. der großen EU-Volkswirtschaften notwendig in die Schuldknechtschaft ihrer Kreditgeber führen muß, ja bereits dorthin geführt hat. Und wer diese Investoren sind bzw. unter ihnen dominiert, will ich hier nur andeuten: sie sind vom Geiste eines Graf Coudenhove-Kalergi.