„Ungarn, dieses kleine Land ist ein Vorbild für die ganze Welt.“ Bildquelle: youtube
28. August 2021 Die Presse von BORIS KÁLNOKY
Für die USA ist Ungarn meist zu klein und zu weit weg, um darüber zu schreiben. Diesmal aber war Tucker Carlson in Ungarn. Drei Millionen Menschen sehen sich täglich seine TV-Show auf Fox News an, 4,5 Millionen folgen ihm auf Twitter. Er wird als potenzieller republikanischer Präsidentschaftskandidat gehandelt.
Ungarn beherrschte die Schlagzeilen amerikanischer Medien, aber niemand in Europa schrieb darüber.
Tucker Carlson also hielt im Städtchen Esztergom am 8. August eine fulminante Rede.
Er schilderte Ungarn als ein Land, das provoziert, weil es gut regiert wird. Weil es auf Ordnung besteht und illegale Einwanderung stoppt.
Carlson hatte den Grenzzaun besucht und zeigte sich beeindruckt: Um das Einwanderungsproblem zu lösen, sagte er, brauche es weder viel Geld noch Spitzentechnologie, sondern nur den Willen, es zu tun. Ungarn zeige, wie man regieren muss:
„Liebe dein Land und kümmere dich um seine Menschen.“
All das gefiel den Ungarn. Aber adressiert war es an das US-Publikum. Liberale, sagte Carlson, seien das Gegenteil von Ungarn: Sie hassen ihr Land und die Menschen darin. Seine Show verfrachtete Carlson für eine Woche komplett nach Budapest.
Es war der bisherige Höhepunkt einer großen Wanderung angelsächsischer Konservativer nach Ungarn. Rod Dreher, Autor und Blogger (eine Million Leser), Radio-Journalist Dennis Prager, Politologe Patrick Deneen, Jurist Steven Hayward, der britische Publizist Douglas Murray: Sie und viele andere geben sich in Budapest die Klinke in die Hand, meist auf Einladung des Danube-Instituts (geführt von John O’Sullivan, einstiger Thatcher-Berater) oder vom Mathias-Corvinus-Collegium (dessen Medienschule ich leite). Carlsons Rede in Esztergom war der Höhepunkt eines MCC-Studenten-Festivals.
All das passiert, weil
Viktor Orbán die Konservativen der westlichen Welt intellektuell vereinen will.
„Vor zwei Jahren war ich zum ersten Mal in Budapest“, sagt Rod Dreher, „da sagte man uns, dass der Ministerpräsident uns gern treffen würde.“ Händeschütteln und Lächeln, dachte Dreher. „Aber es wurde ein anderthalbstündiges Gespräch daraus.“ Zum Abschluss habe Orbán ihm gesagt: „Ich möchte, dass Sie Budapest als Ihr intellektuelles Zuhause betrachten.“
Es war Dreher, der Carlson eine SMS schickte: Komm doch auch herüber. Im Gespräch mit den beiden wird deutlich, dass es bei den US-Konservativen ein tiefes Umdenken gibt. „Unsere traditionellen Stützen sind weggebrochen, Unternehmen stehen heute links, sie sind ,woke‘ geworden“, sagt Carlson. Er und Dreher glauben, dass US-Konservative verstärkt auf den Staat setzen müssen.
Nicht Konservativismus, sondern Nationalkonservativismus: Da sei Ungarn ein Vorbild.
Und so steckt man die Köpfe zusammen, wie jüngst bei einem Abendessen des Danube-Instituts. Thema: „Können wir die Konservativen vereinen?“ Da werden Pläne geschmiedet und pragmatische Vorschläge gemacht (welche, will ich hier nicht verraten).
Bereits 2019 wurde zeitgleich in Washington, London und Rom die Edmund-Burke-Stiftung gegründet, in Orlando findet im November ihre zweite Konferenz zum „Nationalkonservativismus“ statt. Mit vielen Sprechern, die in letzter Zeit in Budapest waren. Und mit prominenten Republikanern wie Senator Marco Rubio.
Der Autor, Boris Kálnoky, ist Leiter der Medienschule des Mathias-Corvinus-Collegium
Originaltext erschien am 11. August 2021 in Der Presse: https://www.diepresse.com/6019833/us-konservative-lernen-von-ungarn
Ein Kommentar
ich wünschte, die Konservativen in Deutschland und Österreich würden sich, wenn sie es schon bisher kaum ohne diesen Umweg getan haben, an diesen US-Konservativen ein Beispiel nehmen und ebenfalls von Ungarn lernen!