23. März 2024 Budapester Zeitung von Tamás Fonay
Am 11. März fand in der Residenz von Botschafterin Julia Gross eine Podiumsdiskussion zum Thema „Die Rolle der Medien in widerstandsfähigen Demokratien“ statt.
Im Rahmen der Veranstaltung diskutierten Dr. Zoltán Szalai, Chefredakteur der Wochenzeitschrift Mandiner und Generaldirektor des Mathias Corvinus Collegiums (MCC), und Jennifer Wilton, Chefredakteurin der Tageszeitung Die Welt miteinander. Dabei ging es unter anderem um den Zustand der Pressefreiheit und der Medienlandschaft in Ungarn sowie die Eintönigkeit der deutschen Medien. Aber auch eher technische Themen wie der Wandel und das Überleben der Printmedien, neue Trends im (konservativen) Journalismus sowie der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) kamen zur Sprache.
Feste Meinung trotz mangelnder Sachkenntnis
Bei der Veranstaltung, die überraschenderweise auf Englisch stattfand – Deutsch wäre allen Diskutanten lieber gewesen – wurde nicht nur deutlich,
dass es grundlegende Unterschiede in der deutschen und ungarischen Auffassung von Medienpolitik gibt, sondern auch, dass man trotz fehlender Kenntnisse über Ungarn oder den ungarischen Medienmarkt eine feste Meinung zu beidem haben kann.
Auch im Publikum war zu spüren, dass sich die ungarischen Medienvertreter in zwei Lager einteilen lassen, deren Wahrnehmungen und Positionen sehr auseinandergingen.
Zu Beginn der Podiumsdiskussion analysierte Szalai die Mediensituation in Ungarn und Deutschland und stellte fest, dass Tageszeitungen keine Zukunft auf dem Printmedienmarkt haben werden, wohl aber Monats- und Zweimonatsmagazine sowie Themenmagazine. Seiner Meinung nach wird nicht mehr die schnelle Produktion von Nachrichten im Vordergrund stehen, sondern wie diese bewertet werden, das heißt die Einordnung von Nachrichten in Form von Kommentaren oder Interviews. Dagegen werde es nicht mehr wichtig sein mitzuteilen, wer Trainer bei Bayern München wird, denn das könne jedes Nachrichtenportal sofort präsentieren.
Die Frage wird sein, wie die Nachricht interpretiert wird. Zum Beispiel, ob der neue Trainer eine gute Wahl für die Mannschaft sei und warum. Szalai betonte, dass das deutsche Bild von Ungarn und das ungarische Bild von Deutschland grundsätzlich positiv sei, aber die Migrationskrise von 2015 und die unterschiedlichen Reaktionen darauf, genauer gesagt
die feindselige Reaktion der deutschen Presse auf die ungarische Politik, einen Wendepunkt für die deutsche Presse markiere. Szalay machte auch darauf aufmerksam, dass es derzeit in der deutschen Presse sechsmal mehr negative als positive Nachrichten über Ungarn gebe.
KI nur als Unterstützung
Auch Wilton vertrat die Meinung, dass das Überleben von gedruckten Magazinen und Zeitschriften langfristig möglich sei. Sie sei auch zuversichtlich, dass Die Welt in einem schwierigen wirtschaftlichen Klima ein tragfähiges Geschäftsmodell entwickeln könne. Die Diskussion konzentrierte sich auch auf die Herausforderungen und Möglichkeiten von KI. Es gebe Funktionen, insbesondere beim Betrieb einer Website, die durch KI-Anwendungen ersetzt oder vereinfacht werden könnten. KI werde jedoch nicht zum Verfassen eigenständiger Artikel eingesetzt – das gesamte Material werde von Menschen geprüft, redigiert und geschrieben, lediglich einige Daten würden mittels KI gesammelt und sortiert.
Andere Kreise, andere Informationen
In Bezug auf die Fragen zu Ungarn beklagte sich Wilton darüber, dass es nur sehr wenige Informationen über Ungarn gebe – sie selbst verkehre, wenn sie in Budapest sei, nur in bestimmten Kreisen. Auf die von Szalai angeführten Statistiken über den ungarischen Medienmarkt und die Aussage, dass die ungarische Presse seit der Wende noch nie so vielfältig gewesen sei, konterte sie, dass sie andere Informationen habe.
Auf die Frage, auf welche Statistiken sie sich beziehe und aus welchen Quellen diese Informationen stammen würden, blieb Wilton jedoch die Antwort schuldig. Auf eine Publikumsfrage, warum die deutschen Medien überwiegend negativ über Ungarn berichten würden und ob sie eine positive Regierungsmaßnahme aus den letzten 14 Jahren nennen könne, kam die spektakuläre Antwort,
dass die deutschen Journalisten sicher auch etwas Positives schreiben würden, wenn es denn etwas Positives gäbe.
Als ein positives Beispiel führte sie dann aber doch an, dass über die Demonstrationen gegen die Regierung positiv berichtet wurde.
Fazit
Wenn der Chefredakteurin einer Zeitung, die sich selbst als konservativ bezeichnet, nichts Positives über die Arbeit der konservativen ungarischen Regierung einfällt, dann sagt diese Haltung mehr über die Berechtigung der Kritik und den Zustand der deutschen Medien aus, als viele denken. Um Missverständnissen vorzubeugen: Die ungarische Regierung kann und sollte kritisiert werden – auch von deutschen Medien.
Aber diese Kritik sollte auf Fakten, Statistiken und zumindest auf Hintergrundwissen basieren, damit sie nicht als erhobener moralischer Zeigefinger empfunden wird und einen konstruktiven Beitrag zur Diskussion über Aspekte der deutsch-ungarischen Beziehungen leisten kann. Leider ist dies, abgesehen von der fachlichen Diskussion über den Journalismus, auch bei der Veranstaltung nicht gelungen, wenngleich die Initiative der Deutschen Botschaft, Medienvertreter beider Länder zusammenzubringen, natürlich zu begrüßen ist.
Der Autor, Tamás Fónay ist Projektkoordinator des Deutsch-Ungarischen Instituts für Europäische Zusammenarbeit am Mathias Corvinus Collegium.
Erste Erscheinung: https://www.budapester.hu/inland/in-ungarn-nichts-positives/
2 Kommentare
Az egyszerüen gyalzatos ahgyan a nemet, es altalaban a nyugati mediak irnak M.o.-rol! Semmifele bizonyitekot nem közölnek, csak gyalazkodnak! Sajnos a „magyar“ ellenzek is hasonloan viselkedik ,nyilatkoznak, irnak igy azutan a nemet es a többi nyugati olvasoknak semmi mas informaciojuk nincsen! Az egesz nyugaton egy hamis kep van M.o.-rol es a magyar kormanyrol!
Wie Frau Wilton von der WELT hier „argumentiert“, ist typisch, ja, ich möchte sagen: pathognomonisch dafür, wie im politisch-medialen Komplex der BRD mit Sachverhalten umgegangen wird, die das hierzulande gepflegte rein ideologisch begründete Bild der Wirklichkeit stören könnten: Argumente werden nicht einmal im Ansatz geprüft, sondern mit apodiktischen Behauptungen, die ohne jeden Beleg in den Raum gestellt werden, zum bloßen Schein beantwortet. Man muß schon froh sein, wenn derjenige, der das störende Argument vorgetragen hat, nicht noch mit völlig aus der Luft gegriffenen Schmähungen vom Hochsitz der Hypermoral her unter Beschuß genommen wird.