27. November 2024 Budapester Zeitung von Lajos Káposzta
Am 20. November 1849 wurde die Kettenbrücke, eines der Wahrzeichen von Budapest, offiziell eröffnet.
Genau einhundert Jahre später, am 20. November 1949, wurde die wiederaufgebaute Kettenbrücke eingeweiht, die von der deutschen Wehrmacht während der Belagerung der Hauptstadt am Ende des Zweiten Weltkriegs gesprengt worden war.
Der Graf und seine guten Gründe für die Kettenbrücke
Die Kettenbrücke war die erste dauerhafte Brücke zwischen den beiden Teilen der Stadt, Buda und Pest. Die Arbeiten wurden in den 1840er Jahren von einem Nationalkomitee geleitet, dessen Vorsitzender der berühmte Adelige, Graf István Széchenyi war. Széchenyi wollte Budapest über die Brücke vereinen und zur modernen Hauptstadt eines modernen Ungarn machen.
Der Graf hatte abgesehen von seinem technischen und Erfindertalent auch ganz persönliche Gründe für den Brückenbau: Im Winter 1820 war die Donau wegen Treibeis eine Woche lang unpassierbar, was es Széchenyi unmöglich machte, an der Beerdigung seines Vaters teilzunehmen.
Die Hammersmith Bridge als Vorlage
Die Bauarbeiten verzögerten sich aus verschiedensten Gründen immer aufs Neue, bis endlich am 28. Juli 1840 der erste Pfahl in den Boden gerammt wurde. Im August 1842 folgte auf der Pester Seite die Grundsteinlegung der Brücke, die von dem englischen Ingenieur William Tierney Clark nach dem Vorbild der Hammersmith Bridge über die Londoner Themse geplant wurde.
Anschließend wurden Tausende von Pfählen aus kroatischem Kiefernholz mit jeweils 400 Hammerschlägen pro Pfahl ins Erdreich gerammt, für welche Arbeiten zwei Jahre lang etwa achthundert Arbeiter abgestellt waren. Pfeiler und Brückenmauern waren im Juli 1847 fertiggestellt; die Eisengussteile und Ketten wurden aus England bestellt und mit Hilfe von Dampfmaschine, Flaschenzügen und Rollen am Ufer oder von schwimmenden Gestellen an ihren Platz gehoben. Die Brücke wurde am 20. November 1849, nur wenige Monate nach der Niederlage des ungarischen Freiheitskampfes gegen die Habsburger, eingeweiht, wegen der Historie allerdings in einer kaum feierlichen Atmosphäre.
Die Wahl des Standortes war nicht an die Topografie der Budaer Seite angepasst: Die Brücke mündete in den Burgberg, weshalb 1857 der Tunnel gebaut werden musste. Beim Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg 1948/49 wurden die Tore der Pfeiler und die Brückenenden verbreitert, eine Fußgängerunterführung am Budaer Ende und eine Straßenbahnunterführung am Pester Ende gebaut.
Das Ende des Autoverkehrs
Im Frühjahr 2021 wurde mit der dringlich gewordenen vollständigen Sanierung begonnen und am 4. August 2023 die erneuerte Kettenbrücke eingeweiht. Der individuelle Fahrzeugverkehr auf der Brücke wurde nicht wieder ermöglicht, weil die neue Stadtführung ein „grünes“ Budapest verwirklichen will.
Für die Buslinien 16 und 105 bedeutet dies aber freie Fahrt über eine Kettenbrücke, die früher zu Spitzenzeiten ständig überlastet war. Heute befördern die Busse mehr als 1.600 Budapester und ihre Gäste pro Stunde über die altehrwürdige Kettenbrücke.
Quelle: https://www.budapester.hu/budapest/175-jahre-kettenbruecke