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Gib ihm den Kleinen Finger…

6. Juli 2023 Magyar Hírlap von IRÉN RAB

Wenn es nach mir ginge, würde ich die Genderparlamentarier*Innen der Europäischen Kommission für ein langes Wochenende an die südungarische Grenze einladen. Sie könnten ihre Freund*Innen vom LIBE-Ausschuss gleich mitbringen, ihre hübschen blau-gelben Uniformen anziehen und selbst das ganze Europäische Parlament könnte sich der Gruppe anschließen. Damit sie die an der Schengen-Grenze aufgestauten Flüchtlinge aus nächster Nähe betrachten und nach schutzbedürftigen Frauen und Kindern Ausschau halten können! 

Ich würde sie abends die Bilder der Wärmebildkameras und die mit Leitern und anderen zielgerichteten Werkzeugen zum Durchtrennen des Zauns schleichenden Gruppen beobachten lassen. Sie bekämen auch eine nächtliche Führung und könnten entscheiden, ob sie Schutzkleidung für den mondbeschienenen Grenzgang bekommen möchten. Ich glaube nicht, dass sie sofort eine verlangen würden, sie wären bereits über die Frage selbst entsetzt: Schutzausrüstung gegen wehrlose Flüchtlinge? Dann würde ich zusehen, wie sie schreiend vor den fallenden Schlammstücken und dem Steinregen weglaufen, weil ihre schönen Kleider verdreckt werden. Ich würde sie auf die serbische Seite bringen und in der Tscharda von Horgos ein Mittagessen bestellen. Vielleicht würde die Wirtsfrau das Esszimmer schnell streichen und sogar einen Zimbalspieler mit seinem Hackbrett anheuern, um die Gäste zu unterhalten! Es ist aber auch möglich, dass dieses Gasthaus nur noch in einem ungarischen Volkslied existiert, genauso wie die ehemaligen ungarischen Bewohner des Dorfes in Bácska, vertrieben erst durch die Serben und jetzt durch die Migranten.

Natürlich betrifft diese Tragödie nicht die Leute in Brüssel, denn was machen denn die Ungarn in Serbien, warum behaupten sie, dass das dort ihr Land war, dass dies die Tscharda von Horgos und der Wald von „Makkhetes“ (Eichel 7) war, haben sie denn keine richtigen europäischen Namen? Ich weiß nicht, ob die Damen überhaupt in diesen nach einer deutsch-schweizerischen (in Ungarn für ungarisch gehaltene) Karte benannten Wald gehen würden, aber ich würde sie hineinführen. Dann könnten sie endlich diese auf dem langen Weg verhärteten Männer mit den dunklen Gesichtern von Angesicht zu Angesicht zu sehen bekommen, die sich von ihrem ursprünglichen Ziel, nach Westeuropa zu gelangen, durch nichts abschrecken lassen. Wenn es nötig ist, werden sie das Messer oder die Pistole zücken, die ihnen im Zuge ihrer Überzeugungsarbeit gerade in die Hand fallen.

Wenn die in der Brüsseler Blase lebenden Menschen tagtäglich erleben würden, wie die nach Europa drängenden Migrantenbanden randalieren, wie die ständigen Gewehrsalven nachts klingen, wie Gewalt ausgeübt, Privateigentum missachtet und verletzt wird, wie aggressiv Grenzverletzer gegen die ungarischen Grenzsoldaten vorgehen, würden sie dann immer noch die gleiche Haltung zum Thema Migration einnehmen?

Irgendwie wollen EU-Beamte und westliche Politiker die Aggression ständig ignorieren, Molenbeek in Brüssel, Favoriten in Wien, Neu-Kölln in Berlin, die Vororte von Paris, die angeblich nicht existierenden No-Go-Zonen. Die Bezeichnung Flüchtling ist momentan ja obsolet geworden, nur die Ukrainer haben einen Grund zu fliehen. An ihre Stelle sind in der geplanten EU- Migrationsreform die Worte Migrant, Einwanderer und ähnliche, positiv besetzte Begriffe getreten. Es scheint, dass Westeuropa immer noch externe (billige) Arbeitskräfte braucht, aber sie wollen sie selbst auswählen, d.h. sie brauchen ein Angebot an qualifizierten, jungen und integrierbaren Menschen, um die Wohlfahrtsgesellschaft aufrecht zu erhalten.

Doch diese Wohlfahrtsgesellschaft blutet aus immer mehr Wunden. In Frankreich sind etwa zehn Prozent – mehr als sechs Millionen Menschen – der Bevölkerung Muslime und die Masseneinwanderung lässt diese Zahl kontinuierlich steigen. Ein weiterer Faktor ist die extrem hohe Geburtenrate der muslimischen Frauen, die fast dreimal so hoch ist, wie die der einheimischen Bevölkerung.

Wenn die Franzosen keine Lösung finden, werden sie laut demografischer Prognosen bis 2060 eine Minderheit in ihrem eigenen Land sein.

Bis dahin sollten sie jedoch eine Lösung für die aus den USA importierte Welle der Gewalt finden, für den Aufstand der „Muslim Lives Matter“ (MLM).

Deutschland ist bereits ein erklärtes Einwanderungsland: Im vergangenen Jahr lebten dort von 84 Millionen Menschen, 13,4 Millionen Ausländer und 28 % der Bevölkerung hatte einen Migrationshintergrund, d.h. mindestens ein Elternteil war nicht deutsch. Im Jahr 2022 kamen 2,5 Millionen Zuwanderer ins Land und 1,2 Millionen verließen es. Dies bedeutet ein weiteres Kippen der Bevölkerung Richtung Anstieg des Bevölkerungsanteils mit Migrationshintergrund. Hinter den Zahlen sind Menschen, die Platz zum Leben brauchen. Wohnraum, Kindergarten- und Schulplätze, Gesundheitsversorgung, soziale Sicherheit, Arbeitsplätze. Man braucht Fachleute, die Häuser bauen, Lehrer, die Kinder aus anderen Kulturen erziehen, die nicht Deutsch sprechen, unterrichten und sozialisieren (das ist die eigentliche berufliche Herausforderung, würde ich den hier in Ungarn protestierenden Lehrern leise zuflüstern). Das Land braucht Krankenhausbetten, Ärzte und Pflegepersonal und (deutsche) Mitarbeiter, die die vermehrte Arbeit in den Büros koordinieren. Und für all das brauchen die Länder und Kommunen – weil das Problem ja schön nach internen Quoten verteilt wurde – Geld, und das wird in diesen Tagen immer knapper.

Man könnte Statistiken über die Zusammensetzung der Bevölkerung der EU-Länder erstellen. Von den skandinavischen bis zu den südlichen Ländern nimmt die Migration aus unterschiedlichen Gründen ständig zu, zwar vor allem die muslimische und afrikanische.

Jetzt ist es so weit, dass man die Folgen der großen Begeisterung für die Aufnahme loswerden will. Zum Beispiel die problematischen Einwanderer, die nicht arbeiten wollen, sondern nur von Sozialleistungen auskömmlich leben und ihre eigenen Gewohnheiten beibehalten, anstatt sich zu integrieren.

Der Westen hat inzwischen erkannt, dass er keine Chance hat, die unerwünschten Elemente abzuschieben, also versucht er, den mittel- und osteuropäischen Ländern, die die Einwanderung ab ovo ablehnen, den Überschuss durch die Wiedereinführung der Verteilungsquote aufzudrängen.

Das wird nicht funktionieren, es wird in den ungarischen und polnischen Dämmen hängen bleiben. Nicht, dass es in diesen Ländern an Solidarität mangeln würde. Seit dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine sind zehn Millionen (!) ukrainische Flüchtlinge nach Polen gekommen und anderthalb Millionen sind auch dort geblieben. Für sie zahlt die EU zweihundert (!) Euro pro Person, so viel ist ein ukrainischer Flüchtling wert, oder ich könnte sagen, es handelt sich um die einfache EU-Arroganz: ein zweitklassiger Mitgliedstaat soll sich auch damit zufriedengeben. Natürlich wurden die Polen fuchsteufelswild, als sie hörten, dass die Quotenflüchtlinge wiederum mit zwanzigtausend Euro auszulösen seien.

In unserem Land gibt es meiner Meinung nach auch viele andere Faktoren, die bei der Ablehnung eine Rolle spielen. Die Ungarn sind ein einsames Volk, das seit tausend Jahren mitten in Europa lebt, weder verwandt noch verschwägert mit irgendjemandem. Wir in Ungarn wollen kein Einwanderungsland werden, wiederholt der Ministerpräsident immer wieder, und das mit gutem Grund. Mich erinnert die Einwanderung immer an die historische Vergangenheit Ungarns.

Jahrhundertelang nahm das Königreich Ungarn jeden auf: Deutsche, die vor dem Hunger flohen, Kumanen, die vor den Tataren flohen, Serben und Rumänen, die vor den Türken flohen, und Slowaken und Ruthenen, die aus den Bergen herabströmten. Er nahm so lange alle auf, bis ihm klar wurde, dass er in seinem eigenen Land eine Minderheit wurde.

Dazu bedurfte es natürlich auch einer bewussten habsburgischen Umsiedlungspolitik nach der Vertreibung der Türken. Die Habsburger versuchten im Sinne von divide et impera, die aufgenommenen Völker gegen die Ungarn aufzubringen, und als die Nationalitäten nach Unabhängigkeit zu streben begannen, bedurfte es nur siebzig Jahre, bis das geopolitisch seit tausend Jahren geeinte ungarische Königreich zerfiel und das Trauma von Trianon eintrat. Auf den Verlust des Landes folgte der Verlust der Nation. Um nur einige Beispiele zu nennen: Innerhalb von hundert Jahren schrumpfte die ungarische Bevölkerung von Kassa/Košice/Kaschau von 75 Prozent auf 2,65 Prozent, von Kolozsvár/Cluj-Napoca/Klausenburg von 82 Prozent auf 15 Prozent. Das deutsche Bürgertum ist aus diesen Städten auch verschwunden. Im Jahr 1910 machten sie beispielsweise in Temeswar/Timișoara oder in der heutigen slowakischen Hauptstadt Pozsony/Bratislava/Pressburg noch die Hälfte der Bevölkerung aus. Sie wurden durch Rumänen (von 11 auf 80 Prozent) oder Slowaken (von 15 auf 92 Prozent) ersetzt.

Gib ihm den kleinen Finger und er nimmt die ganze Hand, oder gib Slawen Unterschlupf und sie schmeißen dich aus deinem Haus, sagt ein ungarisches Sprichwort, und daran ist nichts Homophobes oder Rassistisches. Es ist eine einfache historische Erfahrung darüber, was es bedeutet, über einen bestimmten Punkt hinaus Menschen aufzunehmen, was es bedeutet, die Vorherrschaft anderer Kulturen in einer Stadt, in einem Land zu haben. Ich würde mir wünschen, dass die Brüsseler Elite, die Franzosen, die Deutschen und andere Entscheidungsträger, die die Zuwanderung mit Macht vorantreiben und nur in Verteilungsquoten denken können, über diese historischen Erfahrungen nachdenken und das Gewicht der politischen Verantwortung in ihrem Handeln spüren könnten, für ihr Land, für unsere Kultur, für Europa als Ganzes.

Autorin, Dr. phil Irén Rab ist Kulturhistorikerin

Deutsche Übersetzung von Dr. Andrea Martin

MAGYARUL: https://www.magyarhirlap.hu/velemeny/20230703-adj-a-totnak-szallast

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