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Farben des Balatons

14. Juli 2022 Magyar Hírlap von IRÉN RAB

Der junge Künstler, Ferenc Vollein wurde in der Nähe des Plattensees geboren und er ist der Region nie untreu geworden.Er verbindet stilistische Merkmale der Neorenaissance mit seiner charakteristisch-naiven Sichtweise und seinem eigenen Farbschema. Sein malerischer Stil ist einzigartig und unverwechselbar. Er hat keine Kunstschulen besucht, wurde von begeisterten Amateuren und Zeichenlehrern angeleitet und unterrichtet. Man wollte nicht, dass er sein instinktives Talent und seine Originalität verliert. Er ist ein autonomer Künstler mit eigenständigen stilistischen Merkmalen.

Tag für Tag bewundere ich die tausend Gesichter des Balatons. Die Morgendämmerung färbt die Bucht purpurrot. Wenn die aufgehende Sonne den Rand des Horizonts verlässt, streut sie Diamanten auf die Wasseroberfläche, Abermillionen von Diamantsternchen funkeln auf den hochstrebenden, brechenden Wellen. Vom Berg aus erscheint es manchmal wie eine silberne, manchmal wie eine goldene Wiese.

Später, während die Sonne am Tag über den Himmel wandert, verzaubert sie die Farbe des Sees, mal türkis oder blau am Nachmittag, mal beides gleichzeitig, wenn der Schatten einer Schäfchenwolke das Wasser in zwei Teile schneidet. Zu dieser Zeit sind die Farben intensiver, das Schilf ist wie ein reifes Weizenfeld dunkelblond, das Wasser tiefblau, das Grün der Berge in der Ferne geht in Graublau über. Die goldene Stunde der Dämmerung legt sich wie glänzende Seide über die Landschaft, die von der untergehenden Sonne rosa gefärbt wird.

Die Sonne bildet die goldene, der Mond die silberne Brücke zwischen den beiden Ufern. Sturmwolken färben den Plattensee dunkelgrau und der aufgewühlte Sand smaragdgrün. Nach einem Regen raucht das Wasser Pfeife, der Nebel lässt die darunter schlummernden tausend Grautöne nur erahnen.

Das alles ist einfach Physik, das farblose Wasser reflektiert das Himmelslicht, der Einfallswinkel und die Helligkeit des Lichts, die Tiefe des Wassers, die Klarheit der Luft und die Perspektive verändern die Sicht, die das menschliche Gehirn dann zu seinem eigenen Bild formt. Jedem das Seine. Es ist schwer zu beschreiben, noch viel schwieriger zu malen, weil es an der Grenze zwischen Kitsch und Kunst tanzt – nicht der Anblick selbst, sondern seine Darstellung, die Bildsprache.

Viele haben den Balaton gemalt und malen ihn immer noch, um das, was sie sehen, was sie fühlen, einzufangen und zu vermitteln. Das gelingt nur wenigen, denn nur einer, der lange mit der Landschaft und ihren Regungen mitschwingt, kann ein wahres Bild vom Balaton aufs Papier oder die Leinwand bringen. József Egry konnte das.

Seine Skulptur „Piktor“ (Der Maler) steht auf dem Pier von Badacsony, er ist in einem Malerkittel, den Pinsel in der Hand dargestellt, als warte er darauf, dass die sich ständig verändernden Farben und Formen zu Erinnerungen werden und seine Leinwände mit einem körperlosen Schweben überziehen, wie er in seinem Leben gemalt hat. Auch Erzsébet Udvardi wurde durch die Magie des Lichts, das goldene Schilf der Bucht, die jenseitigen Lichter, die ihre unvergleichliche Kunst schließlich ins Sakrale führten, für immer an Badacsony gebunden.

Und nun klettert ein neuer Maler an den Parnass am Plattensee empor: Ferenc Vollein. Der junge, heute 23 Jahre alte Künstler, wurde in der Nähe des Plattensees geboren und er ist der Region nie untreu geworden. Er hat keine Kunstschulen besucht, wurde von begeisterten Amateuren und Zeichenlehrern angeleitet und unterrichtet. Sie wollten nicht, dass er sein instinktives Talent und seine Originalität verliert. Denn Ferenc Vollein ist ein autonomer Künstler mit eigenständigen stilistischen Merkmalen. Er ist ein Einzelgänger, der sich nicht gerne vorschreiben lässt, was und wie er zu zeichnen hat.

Er war schon immer ein ruhiges, verschlossenes Kind, bereits im Kindergarten mochte er keine tobenden Kinderscharen um sich herum. Er zog sich zurück und zeichnete, malte mit allem, was er nur fand, mit Buntstiften, in Farbe getauchten Fingern, Stäbchen. Auf dem Papier lief die Phantasie eines Kindes, Strand, Wald, die Welt der Märchen. Er liebte es, mit dem Vater in den Weinberg zu gehen und im Schatten des Walnussbaums vor dem Weinkeller den Geschichten der alten Leute zu lauschen. Über Jóska Sobri, die Geheimnisse der Sajkod-Höhle, den verfluchten Sió, und sich ins Leben in die Welt der alten Balatoner Legenden hineinzufühlen. Er hat diese Erzählungen, die Erfahrungen, die Charaktere der Begegnungen und sich selbst in seine Gemälde integriert. Er ist selbst derjenige, der im Boot rudert, der aus dem Fenster schaut, er ist auch Sándor Petőfi.

Er ist derjenige, der das Feuer bei der Weinlese in Csopak entzündet. Auf dem Bild, das er im Alter von 11 Jahren vor dem alten, 1825 erbauten Keller gemalt hat, ist die gesamte Weinlese-Gesellschaft zu erkennen: die Winzer von Csopak, Tóni Andok mit seinem Manci-Pferd vor dem Fasswagen, Csaba, der die Traubenpresse anzieht, nebenan. Ebenfalls auf dem Bild ist Dezső Kalányos, der aus der Vergangenheit gut bekannte Akkordeonspieler von der Promenade in Füred. Die Weinlese von Csopak mit dem ganzen Charme kindlicher Unschuld dargestellt.

Feri war zehn Jahre alt, als sein Talent entdeckt wurde, und von da an nominierte man ihn für internationale und nationale Kunstwettbewerbe. Er kehrte von überall her mit Auszeichnungen, Urkunden und Preisen zurück. Das preisgekrönte Gemälde „Zsennyei gézengúz“ (Der Spitzbub aus Zsennye) aus dem Jahr 2010 schmückt die Wand des Toyama Children’s Art Museum in Japan, während „Zurück zur Natur“ in die Sammlung der Bayer-UNEP-Zentrale in Genf aufgenommen wurde. 2016 überreichte er Papst Franziskus persönlich sein sakrales Gemälde für das Sankt-Martins-Jahr, die „Madonna vom Plattensee“ schmückt die Kirche in Ábrahámhegy.

Viele seiner frühen Bilder wurden von der Völgyi-Skonda Zeitgenössische Sammlung erworben, und auch private Sammler reißen sich um seine Gemälde. Er wurde viermal mit dem Nationalen Stipendium für junge Talente, mit der renommiertesten Auszeichnung für junge Künstler seines Alters in Ungarn ausgezeichnet.

Feri Vollein ist ein naiver Maler. Naiv, weil er nicht bei echten Meistern studierte und ihm die sichere Hand zum Zeichnen fehlt. Er ist ein naiver Maler, weil er instinktiv malt, weil er frei von allen akademischen Manieren und Künsteleien ist. Naiv, im ursprünglichen Sinne des Wortes, seine Sichtweise ist einfach, ehrlich, die Symbolik seiner Bilder ist von Unschuld durchdrungen, gleichzeitig sind sie realistisch und surreal, intuitiv, mit einer sehr starken expressiven Ausdruckskraft der Darstellung. Er verbindet stilistische Merkmale der Neorenaissance mit seiner charakteristisch-naiven Sichtweise und seinem eigenen Farbschema. Sein malerischer Stil ist einzigartig und unverwechselbar.

„Szinek az égből“ (Farben vom Himmel) ist der Titel seines vierten Albums. Er möchte mit der Hilfe von Farben die Pracht und die Herrlichkeit der erschaffenen Welt vermitteln. Die Grundfarben, so wie Gott sie geschaffen hat, werden niemals miteinander sondern nur mit reinem Weiß vermischt. Helle Farben, weil sie „angenehmer für den Betrachter“ sind, weil sie Gelassenheit und Vitalität ausstrahlen, weil sie den Raum erhellen. Alle Schattierungen von Gelb „wegen der Zitronenbäume von Sorrent und natürlich wegen der Sonne“. Die in die  Seele brennenden Farben der Balatoner Landschaft, wie er sie sieht, wie sie sich seit seiner Kindheit in ihm widerspiegeln.

„Ich bin ein Kind vom Balaton, sagt er, für mich ist der Plattensee ein Symbol für Ungarn und die Freiheit, ich sitze am Ufer, schaue mir die Lichter und die Wellen auf dem See an, spüre seine Atmosphäre. Daraus ziehe ich meine ganze Energie. Und ich male meine eigenen Bilder, so wie ich sie mag.“

Richter und Kritiker mögen es so, wie es Ferenc Vollein mag. Die zahlreichen Ausstellungen, vier Kunstalben und Stipendien beweisen das.

Der heute dreiundzwanzigjährige Maler ist eine große Verheißung für die ungarische nationale Kunstszene.

Webseite des Künstlers: https://www.volleinferencfestomuvesz.hu/

MAGYARUL: https://www.magyarhirlap.hu/velemeny/20220713-hany-szine-van-a-balatonnak

Deutsche Übersetzung von Dr. Andrea Martin

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