August 2023 Ungarn Heute Interview mit Gerhard Papke von Dániel Deme
Dr. Gerhard Papke war von 2000 bis 2017 Abgeordneter der FDP im Landtag von Nordrhein-Westfalen. Ehemaliger Fraktionsvorsitzender der FDP-Fraktion im Landtag Nordrhein-Westfalen und bis 2017 Vizepräsident des Landtags. Seit 2019 ist er Präsident der Deutsch-Ungarischen Gesellschaft, die ihren Sitz in Berlin und Bonn hat.
- Sie haben sich in der DUG engagiert, obwohl Sie keine persönlichen Verbindungen zu Ungarn haben. Was hat Sie dazu bewogen, sich an die Spitze einer solchen Organisation zu stellen?
Ich habe zwar keine familiären Wurzeln in Ungarn, die Freiheitsliebe des ungarischen Volkes aber schon als Jugendlicher sehr bewundert und viel über den Ungarischen Volksaufstand 1956 gelesen. Der östliche Teil meiner deutschen Heimat stand unter kommunistischer Herrschaft. Die Ungarn hatten 1956 gezeigt, dass man eine Diktatur niemals akzeptieren darf und damit ein Zeichen der Hoffnung für ganz Europa gesetzt. Und 1989 haben die Ungarn den ersten Stein aus der Mauer gebrochen, die Deutschland geteilt hat. Das werden viele meiner Landsleute den Ungarn nie vergessen. Ich auch nicht. Und auch heute können wir Deutsche von den Ungarn lernen. Genau das versuche ich in Deutschland zu vermitteln.
- Sie sagen wirklich, dass Deutschland von Ungarn lernen sollte? Was meinen Sie damit?
Fangen wir vielleicht mit dem Nationalbewusstsein an: Die Ungarn sind ein geschichtsbewusstes Volk, denn sie haben in ihrer tausendjährigen Geschichte häufig ums nackte Überleben kämpfen müssen. Deshalb wollen sie ihre Kultur, ihre Sprache bewahren. Ihre Traditionen geben ihnen Kraft und Orientierung. In Deutschland wird hingegen seit vielen Jahren versucht, die eigene Nation als etwas Schlechtes darzustellen, weil Hitler mit seiner faschistischen Schreckensherrschaft im deutschen Namen soviel Unglück über Europa gebracht hat. Übersteigerter, hasserfüllter Nationalismus und weltoffenes Nationalbewusstsein sind aber ganz unterschiedliche Dinge! Die linken Parteien in Deutschland verwischen diesen Unterschied absichtlich und verdächtigen jeden als Rechtsradikalen, der sich offen zu seinem Land bekennt. Das ist Teil ihrer Strategie und erklärt zum Teil auch die Furcht in Berlin und Brüssel vor Viktor Orbán.
- Die deutsche politische Linke fürchtet Viktor Orbán?
Aber natürlich. Ungarn ist zwar ein relativ kleines Land.
Aber Ungarn hat sich zu einem Gegenmodell für all das entwickelt, was linksgrüne Ideologen wollen: Die Ungarn verteidigen die klassische Familie mit Mutter, Vater und Kindern und ignorieren diesen ganzen Trans-Wahnsinn, der in Westeuropa und den USA verbreitet wird. Die Ungarn verteidigen die Grenzen Europas,
während die deutsche Regierung gerade jeden Monat mehrere Tausend Afghanen mit dem Flugzeug nach Deutschland holt und die Grenzen immer weiter für die Masseneinwanderung aufreißt.
Die Ungarn verteidigen ein dezentralisiertes Europa selbstbestimmter, freiheitlicher Nationen. Sie wollen keinen EU-Superstaat, der ihnen vorschreibt, wie sie ihre Kinder zu erziehen haben. All das stellt den unerbittlichen Machtanspruch woker Ideologen in Frage, die Europa durch Brüssel auf ihre Linie zwingen wollen. Deshalb wird Ungarn zum Reich des Bösen erklärt und permanent mit Falschaussagen diffamiert. Dagegen versuche ich anzugehen.
- Und welche Erfahrungen machen Sie dabei?
Ich werde immer wieder beschimpft und manchmal sogar bedroht. Aber auf der anderen Seite bekomme ich auch enormen Zuspruch. Nach jedem Interview schreiben mir Menschen und danken mir für meine pro-ungarische Haltung. Ich bin auch nicht so leicht angreifbar, weil ich kein Geld für mein Ungarn-Engagement bekomme und ehrenamtlich tätig bin. Als langjähriger Politiker der FDP kann man mich nicht einfach in die rechtsradikale Ecke stellen. Ungarn hat in Deutschland viel mehr Freunde als man meint, wenn man die Mainstream-Medien verfolgt. Diese Erfahrung motiviert mich enorm, wie auch die Herzlichkeit ungarnstämmiger Deutscher, die sehr darunter leiden, wie unfair ihre alte Heimat häufig in Deutschland behandelt wird.
- Sie sagen, Ungarn hat in Deutschland viele Freunde, obwohl in der deutschen Presse häufig ein Zerrbild von Ungarn gezeichnet wird?
Sie müssen sehen, dass die mediale und politische Landschaft in Deutschland derzeit so stark in Bewegung ist wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Die klassischen Parteien und viele Medien sind so weit nach links gewandert, dass sich viele Deutsche in ihnen nicht mehr wiederfinden.
Es gibt ein wachsendes Interesse an Ungarn, weil dort Überzeugungen sichtbar werden, die freiheitlich-konservative Menschen in Deutschland vermissen. Ungarn wird zum Sehnsuchtsort einer Welt, die in Westeuropa verloren geht, auch in Deutschland.
- Trotz des Drucks der deutschen Regierung stimmen Ihre Unternehmen und Ihre Industrie mit den Füßen ab und investieren in Rekordzahlen in Ungarn. Wird sich dieser Trend trotz der bestehenden Dualität zwischen Handel und Politik fortsetzen oder besteht die Gefahr, dass Streitigkeiten die Geschäftsbeziehungen beeinträchtigen?
Es ist wirklich empörend, dass manche deutsche Politiker wie Frau Barley vor Investitionen in Ungarn warnen! Aber die deutschen Unternehmen machen in Ungarn eben ganz andere, durchweg positive Erfahrungen. Und diese enge wirtschaftliche Verflechtung unserer Länder ist ein sehr stabiles Fundament für die deutsch-ungarische Freundschaft. Denn Menschen aus beiden Ländern arbeiten täglich in unzähligen Unternehmen zusammen und lernen einander schätzen. Das macht immun gegen Hass-Parolen!
- Die meisten Ungarn sehen die Deutschen immer noch mit Zuneigung, als das Volk von Bach, Goethe oder auch Adenauer. Deshalb ist die Feindseligkeit, die aus der Presse und der Politik kommt, für uns so unverständlich. Aber sind Sie noch das Volk von Rilke, Bach und Goethe, oder leben wir in der Vergangenheit?
Johann Wolfgang von Goethe, der größte deutsche Dichter aller Zeiten, ist genauso unvergänglich wie Sándor Petőfi. Und genauso unvergänglich ist das enge Miteinander von Deutschen und Ungarn. Ich glaube, dass wir in Deutschland in absehbarer Zeit auch wieder eine Regierung bekommen werden, die sich zur tiefen Freundschaft unserer Völker bekennt. Schauen wir also optimistisch in die Zukunft!
Das Interview erschien in Ungarn Heute: https://ungarnheute.hu/news/gerhard-papke-interview-das-enge-miteinander-von-deutschen-und-ungarn-ist-unvergaenglich-89517/
Ein Kommentar
Sehr gutes Interview! Es werden mehr und mehr, die realisieren, dass Ungarn eine Alternative zu Deutschland ist. Die Anzahl Auswanderer nach Ungarn steigt stetig, inzwischen auch aus der Mittelschicht. Ich helfe gern bei Auswanderung und Integration.