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Zürcher Rede

24. November 2023 von ANDREA MARTIN

Journalisten machen Politik. Wir wissen, das wäre überhaupt nicht ihre Aufgabe, aber je mehr das 21. Jahrhundert voranschreitet, müssen wir feststellen, dass die vierte Gewalt nicht nur existiert, sondern erbarmungslos zuschlägt. Man kann sie nicht wegdiskutieren. Sie beschreibt und erzählt nicht, sie erzieht und beeinflusst, durch ihre Indoktrination entsteht die Politik, die Meinung, der „Mainstream“.

Das seinen 90. Geburtstag feiernde Schweizer Wochenblatt „Die Weltwoche“ ist zwar auch Meinungsmacher, aber keineswegs Mainstream. Sie ist eine rühmliche Ausnahme, zugleich das am weitesten verbreitete konservative Blatt des deutschen Sprachgebiets, das beide Seiten zu Wort kommen lässt. Ihr Verleger und Inhaber Roger Köppel – dessen tagtägliche, frühmorgendliche Internetauftritte im Podcast „Weltwoche Daily“ neben seinen regulären Tätigkeiten auf einen Dreißigstundentag (oder extrem gute Delegationsfähigkeiten) schließen lassen – übernahm das Wochenblatt 2006, nachdem er dort früher als Chefredakteur tätig war. Die deutschsprachige und linkslastige sowie transatlantische Wikipedia bezeichnet das Blatt als „rechtspopulistisch“. Das ist auch eins der ewig wiederholten Attribute für Viktor Orbán in der westeuropäischen Mainstreampresse. Köppel selbst saß von 2015 bis 2023 als Abgeordneter der (nationalkonservativen) SVP im Schweizer Parlament. Bei den Wahlen hatte er jeweils mit Abstand die meisten Stimmen erzielt. 2023 ist er nicht mehr angetreten, um sich mehr um sein in Richtung Deutschland und Österreich expandierendes Blatt kümmern zu können. Und sein Tag ließ sich wohl nicht mehr weiter dehnen.

Diese Tatsache ist aus mehreren Gründen bemerkenswert. Einen amtierenden Ministerpräsidenten einzuladen, ist keine alltägliche Sache. Dass dieser auch erscheint, ist noch viel weniger alltäglich.

Der frühere Köppel hat im Herbst 2010 noch nicht sehr viel von Ungarn gewusst. Zumindest antwortete er dies auf eine E-Mail meinerseits, in der ich ihn bat, bei den sich bereits damals gegen Orbán aufziehenden linksliberalen Meinungsstürmen der westlichen Presse eine andere Meinung zu vertreten. Erst anderthalb Jahre später, 2012 las ich dann den ersten fundierten Artikel über Ungarn, geschrieben von Boris Kálnoky (damals bei „Die Welt“, heute MCC in Budapest). Nach 2015 wurden Ungarn und Orbán immer mehr Thema in „Die Weltwoche“ und Köppel entdeckte Orbán sowohl als mutigen Politiker als auch als authentische Persönlichkeit. Zuletzt trafen sie sich in Budapest bei C-PAC, einer Zusammenkunft der Konservativen aus aller Welt.

Eine sogenannte „Zürcher Rede“ hielt mit Winston Churchill 1946 schon einmal ein großer Politiker und wir können sicher sein, dass Köppel diesen Titel nicht zufällig für die Rede des ungarischen Ministerpräsidenten wählte. Damals wie heute schien der Bundesrat, also die Schweizer Regierung, nicht allzu enthusiastisch gewesen zu sein. „Die Begeisterung für den berühmten Gast, der als britischer Regierungschef den Widerstand gegen Hitler-Deutschland angeführt hatte, war der Berner Bundesregierung, die sich weit weniger heroisch durch die Kriegsjahre laviert hatte, nicht geheuer“, berichtete später die Deutsche Welle.

Der geneigte Leser stellt sich den ungarischen Ministerpräsidenten vor, der am Bundeshaus in Bern vorbei spaziert, spontan vor dem Eingangstor stehenbleibt und höflich anklopft. Wie allerdings ein vor Wochen angekündigter Besuch mit drei Ministern und einigen wichtigen Beratern in der Delegation als „spontan“ bezeichnet werden kann, wird ewiges Geheimnis der Schweizer Journalisten bleiben. Immerhin haben die sich spontan und höflichkeitshalber Treffenden die bilateralen Beziehungen, die europapolitischen Ziele der Schweiz, den ungarischen Vorsitz der Europäischen Union in der zweiten Jahreshälfte 2024 sowie aktuelle internationale Themen, wie den Krieg im Nahen Osten und den Russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine erörtert. Ganz spontan, wie sich es gehört.

darin war auch ein Apero enthalten. Das ist in diesem sündhaft teuren Zürcher „Märchenhotel“ Dolder nicht mal ein hoher Preis. Ein Livestream wurde im Internet geschaltet. Das Publikum bestand mehrheitlich aus älteren Honorationen der Schweiz und in der Schweiz lebenden, ebenso eher älteren wohlsituierten Ungarn. Viele Berufstätige hätten gerne teilgenommen, aber die Rede fand nun mal am Mittwochvormittag statt. Auch Fürstin Gloria von Thurn und Taxis gab sich die Ehre. Christoph Blocher, das Urgestein der stärksten Partei der Schweiz (SVP) meinte, Ungarn könnte ein Lehrbeispiel sein, wie die EU mit kleineren Staaten umgehe. Vaclav Klaus, der ebenso zugegen war, beklagte die Selbstdestruktion des Westens in einem Interview am Rande der Veranstaltung.

Viktor Orbáns Rede über den Niedergang der EU, Zürich 2023

Köppel bekräftigte einleitend seine Bewunderung gegenüber Viktor Orbán – seinem Vorbild, wie er sagte – und bezeichnete ihn als mutigen Menschen, großen Kämpfer und bedauerte ihn zugleich, da er als fünffacher Familienvater von seinen fünf Kindern vermutlich ebenso autoritär erzogen worden sei, wie Köppel von seinen vier.

Die einstündige analytische Rede mit der ungarischen Sicht auf Europa und die Schweiz hier wiederzugeben würde zu weit führen, sie ist im Internet vielerorts sowohl Deutsch als auch Ungarisch zu finden. Sie wurde jedenfalls vom Publikum öfter mit Applaus bedacht und Viktor Orbán am Ende mit stehendem Applaus gefeiert. Ja, das waren großmehrheitlich Menschen, welche ihn und seine Gedanken gut verstehen. Und die gibt es sehr wohl auch in Westeuropa. Wenn man die frischen Wahlergebnisse aus den Niederlanden betrachtet, mit steigender Tendenz.

Am nächsten Tag vermissten zwar die linksliberalen  Zeitungen kritische Fragen an den Ministerpräsidenten, aber dieser Vormittag war ein Festanlass, die Anwesenden haben die sich sinn- und geistlos wiederholenden und mit Unterstellungen und Verleumdungen vollgestopften tendenziösen Fragen der „üblichen Verdächtigen“ aus der grünroten Journalistenecke überhaupt nicht vermisst. Sie haben sich trotz der scharfen politischen Analyse und nicht gerade rosigen Prognosen einfach nur wohl gefühlt. Denn die Zukunft ist offen.

Und alle waren „gut gelaunt“, wie Köppel mit seinem Slogan seine Zuschauer jeden Morgen in den Tag entlässt.

Die Autorin, Dr. Andrea Martin, ist Zahnärztin und lebt abwechselnd in Deutschland, in der Schweiz und in Ungarn

Orbán Viktor beszéde MAGYARUL:

Ein Kommentar

  1. Orban Viktor egy igazi allamferfi, ezert felnek töle a“liberalis nyugaton“, mindent megtesznek, hogy karositsak es eltavolitsak! Remeljük nem fog sikerülni,jollehet a nyomas nagyon nagy es sok penz all mögötte!

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